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Erster Benko-Prozess: Mini-Verfahren in Mega-Pleite

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Österreich,

Zwei Jahre nach dem Zusammenbruch seines Signa-Imperiums muss sich Firmengründer René Benko (48) wegen zahlreicher Verdachtsmomente vor Gericht verantworten.

René Benko
René Benko muss sich knapp zwei Jahre nach dem Signa-Zusammenbruch vor Gericht verantworten. (Archivbild) - keystone

Knapp zwei Jahre nach dem Zusammenbruch seines Signa-Imperiums muss sich Firmengründer und Ex-Milliardär René Benko vor Gericht verantworten. Die Justiz ermittelt zu zahlreichen Verdachtsmomenten gegen den 48-jährigen Immobilienunternehmer.

Der auf zwei Tage anberaumte Prozess vor dem Landgericht Innsbruck ist der eher überschaubare Auftakt zur strafrechtlichen Aufarbeitung der grössten Pleite in der österreichischen Geschichte. Ein Überblick über die wichtigsten Fragen:

Benko soll Vermögenswerte beiseitegeschafft haben, um sie vor seinen Gläubigern zu verbergen. Das nennt man in Österreich betrügerische Krida. Die angeklagte Schadenssumme beträgt 660'000 Euro.

Benko soll laut Staatsanwaltschaft einen «wirtschaftlich nicht vertretbaren» Miet- und Betriebskostenvorschuss für vier Jahre für ein Haus in Höhe von 330'000 Euro bezahlt haben. Ausserdem habe er einer Angehörigen 300'000 Euro geschenkt. Der Strafrahmen reicht bis zu zehn Jahren Haft.

Benko schweigt zu Einkommen, Schulden und Vermögen

Benko äusserte sich knapp zu seinen persönlichen Verhältnissen. Er verfüge über kein Einkommen, zu Schulden und Vermögen wollte er sich nicht äussern. Zu den beiden Punkten der Anklage bekannte er sich «nicht schuldig».

Die Staatsanwaltschaft führte aus, dass Benko sich trotz der drohenden Insolvenz seines Immobilien- und Handelsimperiums Signa geweigert habe, seinen luxuriösen Lebensstil aufzugeben. Er habe an sich und nicht an die Interessen der Gläubiger gedacht.

Aus Sicht der Verteidigung hat Benko dagegen alles versucht, sein Lebenswerk zu retten. Der Investor habe «bis zur körperlichen Selbstaufgabe» gekämpft. Die beiden Anklagepunkte seien rechtlich nicht haltbar, so sein Verteidiger Norbert Wess.

Gerade das für zehn Jahre – davon vier im Voraus bezahlt – erworbene Mietrecht stelle einen Wert dar. Somit liege keine Schädigung der Gläubiger vor.

Medienrummel um Benkos ersten öffentlichen Auftritt seit U-Haft

Benko war im dunklen Anzug, weissem Hemd und roter Krawatte erschienen. Er wirkte deutlich schmäler als zuletzt. Das mediale Interesse am ersten öffentlichen Auftritt seit Beginn seiner U-Haft war gross. Rund 70 Journalistinnen und Journalisten verfolgten den Auftakt.

Insgesamt gibt es in Österreich 14 Ermittlungsstränge. Neben der betrügerischen Krida spielen der Verdacht der Untreue und des schweren Betrugs eine zentrale Rolle. «Es ist noch unklar, wann eventuelle weitere Anklagen erhoben werden», sagt der Sprecher der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), Martin Ortner.

Rund 15 Verdächtige sind im Visier der Justiz. Ermittelt wird auch in Deutschland und Italien – unter anderem wegen des Verdachts der Geldwäsche.

Die Höchststrafe für alle Delikte, zu denen die Justiz gegen ihn ermittelt, beträgt jeweils zehn Jahre. Da Haftstrafen in Österreich nicht addiert werden dürfen, bliebe es im Fall des 48-Jährigen selbst bei mehreren Verurteilungen bei insgesamt höchstens zehn Jahren Haft. Sollte diese Höhe nach ersten Urteilen erreicht werden, würden die restlichen Verfahren gegen Benko eingestellt.

Signa-Gruppe mit 1130 Gesellschaften

Das auf Immobilien und Handel spezialisierte Signa-Imperium bestand aus nicht weniger als 1130 Gesellschaften. Eine Konzern-Bilanz hat die Signa niemals vorgelegt. Offenkundig vertrauten die Investoren auch aus Deutschland auf die von Benko versprochenen Gewinn-Perspektiven.

Inzwischen laufen Hunderte von Insolvenzverfahren. Die Forderungen belaufen sich nach Angaben des Kreditschutzverbands KSV von 1870 auf rund 27 Milliarden Euro, von denen 9 Milliarden anerkannt worden seien. Darin sind alle Forderungen enthalten, die Signa-Gesellschaften untereinander erheben. Der wirtschaftliche Schaden rein für externe Auftragnehmer ist noch nicht bezifferbar.

Auch in seiner Insolvenz als Unternehmer sieht sich Benko immensen Forderungen gegenüber. Laut Gläubigerschutzverband Creditreform belaufen sich die Forderungen auf 2,7 Milliarden Euro. Anerkannt sind rund 45 Millionen Euro.

In der Schule in Innsbruck fiel er auf – durch Fehlstunden und glänzendes Netzwerken. Statt sein Abitur zu machen, zog er es vor, erstes Geld mit dem Ausbau von Dachböden zu verdienen. Früh gelang es ihm, Investoren von seinem Geschäftstalent zu überzeugen.

Frühaufsteher und Workaholic: Benkos Erfolgsgeschichte mit Signa

Seine 1999 in Signa umbenannte Immobilienfirma war eine der grössten in Österreich. Benko galt als Workaholic, der morgens um fünf Uhr aufstand und bis Mitternacht arbeitete.

Für Aufsehen sorgte 2004 die Übernahme des Kaufhauses Tyrol in Innsbruck. In Wien entwickelte er in bester Innenstadtlage das «Goldene Quartier». Er beteiligte sich später an Gebäuden wie dem Chrysler Building in New York, dem Nobelkaufhaus Selfridges in London oder dem Elbtower in Hamburg. Zu seinen Glanzzeiten wurde Benkos Vermögen – beflügelt von steigenden Immobilienpreisen – auf fast fünf Milliarden Euro geschätzt.

Benko machte sich in der Öffentlichkeit insgesamt ziemlich rar. Aber immer wieder lud er die Spitzen aus Gesellschaft und Politik zu seinen Events ein. Er wurde in der Society geschätzt. Sein Lebensstil war dem Niveau im Jetset angemessen.

Er hatte eine 62-Meter-Jacht und einen Privatjet zur Verfügung, wohnte in einem riesigen Haus mit mehreren Tausend Quadratmetern Nutzfläche in Innsbruck, und seine Büros waren exquisit möbliert. Zum Unmut der Öffentlichkeit schien er auch nach der Pleite zumindest teilweise an diesem Stil festzuhalten.

Zinsanstieg und Handels-Einstieg belasten Signa schwer

Im Immobiliengeschäft sind die Zinskosten für Kredite ein entscheidender Faktor. Als die Zinsen nach einer langen Niedrigzins-Phase wieder stiegen, geriet die Signa rasch in Schwierigkeiten.

Benko versuchte noch, Geld von alten und neuen Investoren aufzutreiben. Neben den riesigen Problemen im Immobilienbereich gilt der Einstieg ins Handelsgeschäft mit dem Kauf von Karstadt und Kaufhof als schwere Belastung.

Benko habe sich mit dem Investment in den stationären Handel in Deutschland auch eine Art Denkmal im grossen Nachbarland setzen wollen, vermuten Beobachter. In Österreich war Benko mit Kika/Leiner in den umkämpften Möbelhandel eingestiegen. Das Unternehmen ist mittlerweile insolvent.

Nach dem aktuellen Prozess werden voraussichtlich weitere folgen. Bei der Aufarbeitung der Signa-Pleite müssen die Insolvenzverwalter Vorgänge melden, die strafrechtlich relevant sein könnten. Die Staatsanwaltschaft verfolgt dann diese Hinweise. Die Beteiligten gehen davon aus, dass die Verfahren viele Jahre dauern könnten.

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