Der «Berliner Patient» war lange Zeit der einzige Mensch, der als geheilt von HIV galt. Nun gibt es mit dem «Londoner Patienten» einen zweiten Fall.
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HIV-Patienten können mit ihren Medikamenten den Corona-Opfern aushelfen. - AFP/Archiv
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Das Wichtigste in Kürze

  • Ein zweiter HIV-Patient konnte wahrscheinlich geheilt werden.
  • Nach dem «Berliner Patienten» gelang das auch beim «Londoner Patienten».
  • Geholfen hat eine hochriskante Stammzelltherapie.

Etwa zweieinhalb Jahre nach Beendigung der Anti-HIV-Therapie ist beim sogenannten «Londoner Patienten» kein funktionsfähiges HI-Virus mehr nachweisbar gewesen. Das berichtet eine Gruppe um den Mediziner Ravindra Gupta von der University of Cambridge in der Fachzeitschrift «The Lancet HIV». Zuvor gelang die Heilung eines HIV-Infizierten nur im Falle des «Berliner Patienten» 2011.

Immunsystem neu aufgebaut

Der Patient, der neben HIV eine Blutkrebserkrankung hatte, hatte zuvor eine spezielle Stammzellspende erhalten. Die Forscher betonen, dass die Stammzelltherapie eine Hochrisikobehandlung sei, die für die meisten HIV-Patienten nicht infrage komme.

Eine Heilung von Aids ist bis heute grundsätzlich nicht möglich. Mithilfe von antiretroviralen Medikamenten kann der Erreger allerdings in Schach gehalten und der Ausbruch von Aids langfristig verhindert werden.

Beim «Londoner Patienten» wurde das Immunsystem durch eine Stammzelltherapie neu aufgebaut. Das wurde auch beim «Berliner Patienten» Timothy Brown, der seit 2011 als geheilt gilt, so gemacht.

Stammzelltherapie konnte wiederholt werden

Der Stammzellspender hatte dabei jeweils eine seltene Mutation, die ihn immun gegen das HI-Virus macht. Sie führt dazu, dass die Zellen kein CCR5-Rezeptor bilden. Diesen benötigen die meisten HI-Viren, um an eine Zelle anzudocken, in denen sie sich vermehren könnten.

«Unsere Ergebnisse zeigen, dass der Erfolg der Stammzelltransplantation als Heilung für HIV wiederholt werden kann», sagt Gupta. Auch der Berliner Patient hatte eine Form von Blutkrebs.

Das Team um Gupta untersuchte zahlreiche Flüssigkeits- und Gewebeproben des Londoner Patienten. Die Wissenschaftler fanden in einigen Proben zwar noch Teile des Erbguts von HI-Viren.

Ab wann ist ein HIV-Patient geheilt?

Sie gehen jedoch davon aus, dass es sich dabei um «fossile» DNA-Stränge handelt, die nicht zu einem vermehrungsfähigen Virus gehören. Viele andere Daten wiesen darauf hin, dass das Virus aus dem Körper des Patienten verschwunden sei, schreiben die Forscher. Etwa die stark zurückgegangene Anzahl HIV-spezifischer Antikörper.

In einem Kommentar in «The Lancet HIV» stellen Sharon Lewin und Jennifer Zerbato von der University of Melbourne eine Frage. Sie wollen wissen, ab wann ein HIV-Patient als geheilt angesehen werden kann.

Die Medizin wisse heute, dass die meisten Viren, die eine Anti-HIV-Therapie überstehen, defekt seien und sich nicht vermehren könnten. «Eine Heilung für HIV könnte besser als "kein intaktes Virus" definiert werden denn als "kein nachweisbares Virus"», schreiben die Medizinerinnen. Die Studie des Teams um Gupta sei ermutigend. Aber am Ende müsse die Zeit zeigen, ob tatsächlich von einer Heilung gesprochen werden könne.

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