Brasilien lanciert eine Kampagne gegen Sex vor der Ehe. Präsident Jair Bolsonaro will so die Zahl der HIV-Erkrankten und minderjährigen Mütter verringern.
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Der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro lanciert ab Februar 2020 eine Kampagne gegen Sex vor der Ehe. - Keystone/euescolhiesperar.com
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Das Wichtigste in Kürze

  • Brasilien lanciert ab Februar eine Kampagne gegen Sex vor der Ehe.
  • Damit soll die Zahl minderjähriger Mütter und mit HIV infizierter Menschen gesenkt werden.
  • Dass die «Aufklärungs»-Kampagne effektiv ist, wird bezweifelt.

«Eu Escolhi Esperar», so lautet die neue brasilianische «Aufklärungs»-Kampagne, die im Februar 2020 lanciert werden soll. Auf Deutsch heisst das: «Ich entschied mich zu warten.»

Das Ziel der Kampagne ist es, die Zahl minderjähriger Mütter und mit HIV infizierter Personen zu senken. Und zwar, indem junge Menschen auf Sex vor der Ehe verzichten sollen. Mit Memes und lustigen Sprüchen sollen Teenager vom Sex abgehalten werden.

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Die Instagram-Seite der Kampagne. - Instagram/escolhiesperar

Zunahme von Menschen mit HIV in Brasilien

Wie die «New York Times» berichtet, sind etwa 62 von 1000 Schwangeren in Brasilien minderjährig. Das ist deutlich über dem weltweiten Durchschnitt von 44 Minderjährigen pro 1000 Schwangerschaften.

Zudem kämpft Brasilien mit einer Zunahme von HIV-Infizierten. So wurden gemäss dem brasilianischen Gesundheitsministerium 2018 ganze 41 Prozent mehr Fälle gemeldet als noch 2014.

«Unsere jungen Leute haben Sex als Resultat von sozialem Druck»

Laut Brasiliens Menschenrechts- und Familienministerin Damares Alves hätten die jungen Brasilianer «Sex als Resultat von sozialem Druck». Die evangelikale Pastorin hat die Kampagne mit weiteren erzkonservativen Geistlichen entwickelt.

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Die brasilianische Ministerin für Frauen, Familie und Menschenrechte. (Archivbild) - Keystone

Die Kampagne der ultrarechten Regierung um Jair Bolsonaro passt in eine Reihe weiterer Massnahmen, die umgesetzt wurden, seit der erzkonservative Präsident gewählt wurde.

So wurde kurz nach seiner Wahl 2018 die Diversity-Abteilung im Bildungsministerium abgeschafft. Themen wie Sexualität, LGBTQ, Feminismus und Gewalt an Frauen werden in den Schulen nicht mehr behandelt. Und nach wie vor sind Schwangerschaftsabbrüche in Brasilien verboten.

Aids-Hilfe: «Kampagne gibt keine Hilfestellung»

Bei der Aids-Hilfe Schweiz hält man nicht viel von der Kampagne. Dies weil «sie den Menschen keine Hilfestellung gibt, wie sie sich in ihrem realen Sexualleben vor einer HIV-Infektion schützen können», erklärt Geschäftsführer Andreas Lehner.

«Die Aufforderung zur Abstinenz ist, wie wir aus über 30 Jahren HIV-Präventionserfahrung in der Schweiz und aus der Forschung wissen, keine wirksame Präventionsbotschaft.» Eine Kampagne, die auf Abstinenz fokussiere und andere Schutzmassnahmen ausblende, werde nach Einschätzung der Aids-Hilfe die HIV-Infektionen nicht senken.

Andreas lehner
Andreas Lehner, Geschäftsleiter der Aids-Hilfe Schweiz. - Aids-Hilfe Schweiz

Eine wirksame Prävention begleite die Menschen in ihrem tatsächlichen Sexualleben und gäbe ihnen die notwendigen Schutz-Informationen mit. «Heute gibt es hier mehrere Möglichkeiten: Schutz mit Kondom, Schutz durch Therapie, Schutz mit der Präexpositionsprophylaxe», so Lehner.

Mit einer transparenten Information über diese Schutzmöglichkeiten habe die Schweiz gute Erfahrungen gemacht und die Anzahl Neuinfektionen über die Jahre stark senken können.

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