Frankreich und Grossbritannien pochen im Streit um Fischereirechte im Ärmelkanal jeweils auf ihre Position. Gelingt vor Ablauf eines Ultimatums eine Einigung?
Fischereistreit
Französische Fischereifahrzeuge protestieren vor dem Hafen von St. Helier, Jersey, Kanalinseln, im Streit um Fischereirechte nach dem Brexit. - dpa-infocom GmbH
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Das Wichtigste in Kürze

  • Beim Fischereistreit im Ärmelkanal beharren Frankreich und Grossbritannien auf ihre Sicht.
  • Auch nach einem persönlichen Treffen auf Spitzenebene gibt es keine Einigung.

Die Fronten sind verhärtet. Im Streit um Fischereirechte im Ärmelkanal pochen Frankreich und Grossbritannien jeweils auf ihre Position. Gelingt vor Ablauf eines Ultimatums noch eine Einigung? Auch nach einem persönlichen Treffen auf Spitzenebene bleibt eine Lösung im britisch-französischen Fischereistreit in weiter Ferne.

Der französische Präsident Emmanuel Macron als auch der britische Premierminister Boris Johnson beharrten am Sonntag in Rom auf ihrem Standpunkt: Die jeweils andere Seite breche das Brexit-Abkommen und müsse nachgeben.

fischereistreit eskaliert
Der Fischereistreit zwischen Frankreich und Grossbritannien schwellt seit langem. - dpa-infocom GmbH

Damit wird die Zeit bis zum Ablauf eines französischen Ultimatums am Dienstag knapp. Paris will in dem Fall scharfe Massnahmen einleiten, London droht mit einer Reaktion, die auch die EU treffen würde. Der Streit droht, den UN-Klimagipfel COP26 in Glasgow zu überschatten. Paris wirft London vor, zahlreichen französischen Fischern entgegen der Brexit-Vereinbarung die Lizenz für britische Gewässer zu verweigern.

Sollte es bis 2. November zu keiner Einigung kommen, hat Frankreich angekündigt, einige Häfen für britische Fischer zu sperren. Sowie britische Boote und Lastwagen schärfer zu kontrollieren. Grossbritannien weist die Vorwürfe zurück.

Reine Brexit-Angelegenheit?

Französische Medien berichteten am Sonntag unter Berufung auf den Elysée-Palast: Macron habe Johnson aufgefordert, sich «an die Spielregeln und seine Unterschrift» unter den Brexit-Vertrag zu halten. Demnach hiess es weiter, Paris betrachte den Streit als Brexit-Angelegenheit zwischen London und der EU. «Auch wenn Boris Johnson immer noch versucht, dies zu einem französisch-britischen Thema zu machen».

Boris Johnson
Johnson will mit dem Abkommen die illegale Migration über den Ärmelkanal deutlich eindämmen. - Keystone

Downing Street teilte mit, Johnson sei «tief besorgt» und habe Macron am Rande des G20-Gipfels in Rom zur Deeskalation aufgefordert. Ein britischer Regierungssprecher widersprach der BBC zufolge Angaben aus dem Elysée. Denen zufolge Macron und Johnson beschlossen hätten, in den nächsten Tagen an praktischen Massnahmen für eine Deeskalation zu arbeiten.

Es seien keine gemeinsamen Massnahmen beschlossen worden, zitierte die BBC den Sprecher. Es liege an Frankreich, seine «tief besorgniserregenden» Drohungen und Rhetorik zurückzuziehen. Zuletzt hatten die französischen Behörden ein britisches Boot festgesetzt, das angeblich illegal in französischen Gewässern fischte.

Kein technisches Problem

Frankreichs Europa-Staatssekretär Clément Beaune warf Grossbritannien vor, gezielt gegen Frankreich vorzugehen. 90 Prozent der Anträge von EU-Fischern seien zwar genehmigt, twitterte der Macron-Vertraute. Aber alle fehlenden Genehmigungen beträfen französische Boote.

Clément Beaune
Clément Beaune, der Europa-Staatssekretär. - AFP/Archiv

«Nach 10 Monaten, in denen so viele Lizenzen für ein Land fehlen, ist dies kein technisches Problem. Sondern eine politische Entscheidung und ein Verstoss gegen (den Brexit-Vertrag)», twitterte Beaune. Grossbritannien weist dies zurück. Es gehe um ein paar Dutzend Boote, die die verlangten Nachweise nicht vorzeigen könnten.

Zuvor hatte Präsident Macron den Konflikt zum Test für Londons Aufrichtigkeit erklärt. «Wenn man einen Vertrag aushandelt und sich Monate später nicht daranhält, ist das kein Zeichen von Glaubwürdigkeit.» Dies sagte Macron der «Financial Times» (Samstag). Das werde weltweit genau beobachtet.

Unterstützung gefordert

Premierminister Jean Castex wandte sich an die EU-Kommission und bat um Unterstützung. Britischen Medien zufolge schrieb Castex an EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Der europäischen Öffentlichkeit müsse gezeigt werden, dass es unverhandelbar sei, sich an unterschriebene Abmachungen zu halten. Und dass es schädlicher sei, die EU zu verlassen, als in ihr zu bleiben.

Jean castex
Der französische Premierminister Jean Castex. - AFP

Johnson drohte hingegen damit, den im Brexit-Vertrag vereinbarten Streitschlichtungsmechanismus zu aktivieren und damit den Konflikt zu verschärfen. EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen teilte mit, die Brüsseler Behörde setze sich intensiv für Lösungen ein.

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