Heute trifft der neue Premierminister Boris Johnson auf Angela Merkel. Auf seiner Antrittsreise wird ihm wohl ein eisiger Wind entgegen blasen.
Merkel empfängt heute Abend den britischen Premierminister Johnson in Berlin. - Nau
Ad

Das Wichtigste in Kürze

  • Boris Jonson wird heute in Berlin von Angela Merkel mit militärischen Ehren empfangen.
  • Ansonsten dürfte das Treffen eher eisig werden.
  • Schon vor seinem Besuch erteilte ihm Merkel eine Abfuhr.

Boris Johnson ist auf Mini-Tour in Kontinental-Europa. Es ist sein Debüt als Premier auf der grossen internationalen Polit-Bühne.

Heute wird er von Bundeskanzlerin Angela Merkel (18 Uhr) mit militärischen Ehren empfangen. Am Donnerstag wird er sich dann in Paris mit Präsident Emmanuel Macron treffen.

Donald Tusk
Donald Tusk, Präsident des Europäischen Rates. - dpa

Klar ist: Der Antrittsbesuch wird für Johnson weder in Berlin noch Paris einfach werden. Dies zeigte schon die Reaktionen auf einen Brief von Johnson an EU-Ratschef Donald Tusk. Johnson verlangte darin offiziell die Streichung der von der EU verlangte Garantieklausel für eine offene Grenze in Irland – den sogenannten Backstop.

Doch Tusk reagierte umgehend auf Twitter: Der Backstop sei eine Versicherung um eine harte Grenze auf der irischen Insel zu verhindern, bis eine alternative gefunden sei. «Jene, die gegen einen Backstop sind und keine realistischen Alternativen vorschlagen, unterstützen die Errichtung einer Grenze. Auch wenn sie es nicht zugeben.»

Merkel: EU-Staaten agieren geschlossen

Auch Merkel reagierte auf die Vorschläge aus London. Erst wenn eine praktische Regelung vorliege, sei die Backstop-Regelung nicht mehr nötig. Eine solche Lösung müsste einerseits das Karfreitagsabkommen (Friedenslösung in Nordirland) als auch den europäischen Binnenmarkt schützen.

Boris Johnson Angela Merkel
Kombo aus Archivfotos zeigt Boris Johnson und Angela Merkel. Boris Johnson, Premierminister von Grossbritannien, stattet Bundeskanzlerin Angela Merkel am 21. August einen Antrittsbesuch ab. - dpa

Klar werde man über praktische Lösungen nachdenken und die könne man in «kurzer Zeit» finden. «Aber dazu müssen wir das Austrittsabkommen nicht aufmachen», erklärte Merkel auf ihrer Islandreise. Die Kanzlerin unterstrich: Alle 27 EU-Staaten würden in diesem Punkt geschlossen agieren.

Darum will Jonson an Backstop festhalten

Laut Johnson hingegen steht der Backstop der künftigen Beziehung zwischen Grossbritannien und der EU im Weg. Er würde die empfindliche Balance im Karfreitagsabkommen schwächen. Deshalb könne «der Backstop nicht Teil eines vereinbarten Abkommens» sein.

Nun will er in Berlin zeigen, dass er es mit dem No-Deal-Szenario ernst meint. Johnson hofft so, die öffentliche Meinung in Grossbritannien auf seine Seite ziehen zu können.

Vollmundig wie immer: Boris Johnson. Foto: Yui Mok/PA
Vollmundig wie immer: Boris Johnson. Foto: Yui Mok/PA - dpa-infocom GmbH

Johnson hat sich öffentlich verpflichtet, Grossbritannien am 31. Oktober aus der EU herauszuführen, mit oder ohne Abkommen. Dafür will er offenbar den Brexit notfalls gegen den Willen des britischen Unterhauses durchsetzen.

Dies löst besonders bei Wirtschaftsvertretern Bauchschmerzen aus. So etwa bei der britischen Handelskammer in Deutschland. Diese warnt eindringlich vor einem ungeregelten Brexit.

Geschäftsführer Andreas Meyer-Schwickerath glaubt, Johnson werde einen harten Brexit durchziehen, ohne Rücksicht auf Verluste. Er wirft Johnson eine chaotische Politik vor. Doch: «Das werde nicht funktionieren.» Die EU und Grossbritannien müssten auf jeden Fall eine Lösung finden.

Johnson baut Drohkulisse auf

Johnson geht es darum, gegenüber der EU eine Drohkulisse aufbauen, um die Union doch noch zum Einlenken zu bewegen. Es wäre der Durchbruch für Johnson.

Sowohl die EU, wie auch für Merkel hingegen steht fest, wenn sie nachgibt, geht sie geschwächt aus der ganzen Brexit-Geschichte. Und einige innerhalb der EU hoffen wohl noch immer, dass die Briten einen Brexit-Rückzieher machen.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

Emmanuel MacronEUTwitterAndreas MeyerBrexitBoris JohnsonAngela Merkel