Vorbehalt verteidigen oder Verteidigung ohne Vorbehalt? Dänemark entscheidet bei einer Volksabstimmung darüber, ob es eine vor langer Zeit ausgehandelte Verteidigungs-Sonderregelung loswerden will.
Parteien werben auf Plakaten für oder gegen die Abschaffung des dänischen EU-Verteidigungsvorbehalts.
Parteien werben auf Plakaten für oder gegen die Abschaffung des dänischen EU-Verteidigungsvorbehalts. - Steffen Trumpf/dpa
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Das Wichtigste in Kürze

  • Gut drei Monate nach dem Einmarsch der russischen Armee in die Ukraine stimmt Dänemark am Mittwoch darüber an, ob das Land innerhalb der EU in Verteidigungsfragen weiter aussen vor bleiben soll oder nicht.

Knapp 4,3 Millionen Däninnen und Dänen sind bei einer Volksabstimmung dazu aufgerufen, mit Ja oder Nein auf die Frage zu antworten, ob sich Dänemark künftig an der europäischen Sicherheits- und Verteidigungszusammenarbeit beteiligen kann. Die Abstimmungslokale sind von 8.00 bis 20.00 Uhr geöffnet. Mit einem vorläufigen Ergebnis wird am späten Abend gerechnet.

Umfragen zeigen klare Tendenz

Umfragen deuten darauf hin, dass eine Mehrheit der Bürger den sogenannten EU-Verteidigungsvorbehalt loswerden will. In der letzten Befragung vor der Wahl im Auftrag des Rundfunksenders DR sprachen sich 44 Prozent für eine Abschaffung der Sonderregelung aus. 28 Prozent waren dagegen. Das bedeutet jedoch auch, dass bis kurz vor dem Abstimmungstag viele Menschen noch unentschlossen waren oder keine Angaben machen wollten. Ob sich die Dänen nun für mehr Engagement in der EU entscheiden, ist somit alles andere als sicher.

Der Grossteil der dänischen Parteien einschliesslich der regierenden Sozialdemokraten von Ministerpräsidentin Mette Frederiksen hat sich für eine Abschaffung des Vorbehalts ausgesprochen. Es wäre das erste Mal, dass sich Dänemark in einer Volksabstimmung für einen Abschied von einer solchen Sonderregelung ausspricht. Im Jahr 2000 hatte der nördlichste deutsche Nachbar gegen den Euro und 2015 auch gegen die EU-Justizzusammenarbeit gestimmt.

Erste Abstimmung 1992

Dänemarks EU-Verteidigungsvorbehalt besteht seit 1993. Ein Jahr zuvor hatten die Däninnen und Dänen gegen den Vertrag von Maastricht gestimmt. Darauf hatte das skandinavische Land vier Sonderregelungen bei der EU-Zusammenarbeit ausgehandelt, um unter anderem in Verteidigungsfragen aussen vor zu bleiben. Im zweiten Anlauf stimmte das dänische Volk dem Maastricht-Vertrag dann letztlich mehrheitlich zu.

Der Verteidigungsvorbehalt bedeutet, dass sich das Nato-Gründungsmitglied Dänemark zwar an zivilen, nicht aber an militärischen Missionen der EU und auch nicht an der gemeinsamen Entwicklung etwa von Waffensystemen beteiligen kann. Das Land ist zum Beispiel nicht bei der Kooperationsplattform Pesco dabei, über die gemeinsame Militärprojekte von EU-Staaten organisiert werden.

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