Das Coronavirus hat Europa fest im Griff. Doch ein Land lässt sich von der Pandemie nicht gross beeindrucken. Begeht Schweden damit einen Fehler?
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Männer sitzen vergangene Woche in einer Bar in Stockholm. Schweden lässt die Krise um das Coronavirus kalt. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Als einziger grosser europäischer Staat hat Schweden keinen Corona-Lockdown angeordnet.
  • Dabei vermelden auch die Skandinavier 4226 Infizierte und 146 Tote.
  • Die lockeren Massnahmen bringen der Regierung Kritik ein.

Die Schweiz befindet sich wegen des Coronavirus seit Wochen im Lockdown – so auch alle anderen grösseren Länder Europas. Mit einer Ausnahme: Schweden lässt sich von der Pandemie kaum aus der Ruhe bringen. Das sorgt für Kritik.

Während auch Norwegen, Dänemark und Finnland ihre Schulen und Büros geschlossen haben, geht das Leben in Schweden weiter. Fast so, als wäre nichts. Bars und Restaurants seien weiterhin relativ gut besucht, schreibt etwa die «Daily Mail». Und Kinder unter 16 Jahren gehen noch immer zur Schule.

Dabei ist das skandinavische Land bei weitem nicht von der Corona-Krise verschont geblieben: Auch in Schweden gibt es über 4000 Infizierte. 146 Menschen sind bislang an den Folgen der neuartigen Lungenkrankheit verstorben.

Schweden erlaubt Veranstaltungen mit bis zu 50 Personen weiterhin

Während in der Schweiz Treffen mit mehr als fünf Personen verboten sind, zeigt sich Schweden um einiges toleranter: Lediglich Anlässe mit mehr als 50 Teilnehmenden sind untersagt.

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Das Coronavirus hält die Schweden nicht vom Shoppen ab: Fussgänger in Stockholm. - Keystone

Das ist nicht nur im Vergleich mit Schweizer Corona-Regeln bemerkenswert. In den grössten europäischen Ländern sind die Veranstaltungsverbote deutlich strikter. Etwa in Grossbritannien sind nur noch Treffen mit maximal zwei Personen erlaubt.

Forscher kritisieren lasche Massnahmen

Mit 146 Toten ist die Todesfallrate im Land bislang relativ gering. Was jedoch bei vielen Schweden Besorgnis auslöst: Das könnte daran liegen, dass die Regierung einen fatale Ausbreitung der Krankheit nur verzögert, aber nicht verhindert.

Vergangene Woche publizierten mehrere Forschende einen gemeinsamen Brief an die schwedischen Behörden. Darin kritisierten sie die im Zusammenhang mit dem Coronavirus verordneten Massnahmen scharf.

Die Virusimmunologie-Forscherin Cecilia Söderberg-Nauclér etwa schrieb: «Wir testen nicht genug, wir halten nicht fest, wir isolieren nicht genug – wir haben das Virus freigelassen. Sie führen uns in die Katastrophe.»

Schweden will Wirtschaft vor Folgen des Coronavirus schützen

Ihre Strategie bezüglich des Coronavirus haben die Schweden offenbar schon lange geplant, wie ein Interview mit König Carl Gustav zeigt. Gegenüber der Zeitung «Dagens Nyheter» sagte er, die Regierung habe die Krisen-Handhabung in den kommenden Monaten bereits am 12. Februar ausführlich mit dem Königshaus besprochen.

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Königin Silvia und König Carl Gustav XVI von Schweden. (Archivbild) - keystone

Der Grund für die vergleichsweise sehr lockeren Einschränkungen: Schweden riskiert eine höhere und schnellere Infektionsrate, um die lokale Wirtschaft zu schützen. Ob sich das zumindest finanziell lohnt, wird sich zeigen.

Besonders schwer getroffen von der Corona-Krise wurden die Schweden bislang jedenfalls nicht. Das Land verzeichnet nicht bedeutend mehr Infektionsfälle als seine Nachbarn mit deutlich strikteren Massnahmen.

In Schweden sind bei einer Einwohnerzahl von über 10 Millionen bis anhin 4028 Personen an CoVid-19 erkrankt. In Norwegen (rund 5,4 Millionen Einwohner) sind es 4226. In Dänemark sind es (5,6 Millionen Einwohner) 2577 und in Finnland (5,5 Millionen Einwohner) 1313.

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