Bisher ähneln die Gespräche über ein Abkommen nach dem Brexit einem Segelschiff bei Windflaute. Trotzdem glauben viele, dass es noch zu einem Kompromiss kommt.
Brexit
Nach dem Brexit streiten sich Paris und London um Fischerei-Lizenzen in britischen Hoheitsgewässern. - DPA
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Das Wichtigste in Kürze

  • Lange war nicht klar, ob der Brexit mit einem Abkommen mit der EU stattfindet oder nicht.
  • Die Hoffnungen für einen umfassenden Vertrag bis zum Austritt beginnen zu schwinden.
  • Wettbewerbsbedingungen und ein Fischereiabkommen sorgen für Schwierigkeiten.

Deal oder No Deal, das war lange Zeit bei den Brexit-Gesprächen die Frage. EU-Chefunterhändler Michel Barnier hatte es Ende Juli als unwahrscheinlich bezeichnet, dass ein Abkommen für die Zeit nach der Brexit-Übergangsphase gibt. Nicht jeder ist so pessimistisch. Doch knapp viereinhalb Monate vor Ablauf der Frist schwinden die Hoffnungen, dass es ein umfassender Vertrag werden könnte.

Den Auftakt zur jüngsten Runde gibt Barnier am Dienstagabend bei einem Dinner mit seinem britischen Gegenüber David Frost in Brüssel. Knackpunkte der Gespräche sind weiterhin die Forderungen der Europäischen Union nach gleichen Wettbewerbsbedingungen und nach einem «ausgewogenen» Fischereiabkommen.

Hard-Brexit droht ohne Verhandlungen

Grossbritannien hatte die EU nach fast einem halben Jahrhundert Ende Januar verlassen. Das Land gehört jedoch noch bis Jahresende zum EU-Binnenmarkt und zur Zollunion. Verhandelt wird nun über ein Anschlussabkommen, denn sonst droht ein harter wirtschaftlicher Bruch mit Zöllen und Handelshemmnissen.

Die EU bietet ein Handelsabkommen, mit dem Grossbritannien seine Waren ohne Zölle und Mengenbegrenzung in den Binnenmarkt exportieren könnte. Dafür verlangt Brüssel gleich hohe Umwelt- und Sozialstandards sowie einheitliche Regeln zur Wirtschaftsförderung, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden. Das Stichwort dazu heisst «Level Playing Field». Grossbritannien lehnt die Forderungen der EU hierzu ab.

Brexit-Verhandlungen in Grossbritannien
Boris Johnson, Premierminister von Grossbritannien, schaut während eines Besuchs des Peterhead Fischmarktes von dem Fischerboot «Opportunis IV» hinunter auf das Wasser. - dpa

Beim Thema Fischerei will Grossbritannien künftig die Fangquoten in seinen Gewässern von Jahr zu Jahr neu festlegen. Damit soll die heimische Flotte besser zum Zuge kommen. Fischer aus EU-Ländern, die auf die besonders reichen britischen Gewässer angewiesen sind, sollen zurückstecken. Brüssel will hingegen, dass alles beim Alten bleibt.

Fehler bleiben ungeklärt

Doch auch wenn es hier in den kommenden Monaten noch zu einer Einigung kommen sollte, bleiben viele weitere Felder ungeklärt. Das glaubt der Politikwissenschaftler Anand Menon vom King's College in London.

«Die EU bildet den Rahmen für transnationale Zusammenarbeit in Themen wie Aussenpolitik über Verteidigung bis hin zum Umgang mit Terrorismus. Es ist schwer vorstellbar, wie in der verbliebenen Zeit hier überall Einigkeit erreicht werden soll.» Das schrieb Menon kürzlich in einem Gastbeitrag in der «London Review of Books».

Auch für den Handel wird der Austritt der Briten aus Binnenmarkt und Zollunion in keinem Fall folgenlos bleiben. Die Regierung in London geht davon aus, dass auf britische Unternehmen jedes Jahr Kosten in Milliardenhöhe zukommen werden. Beispielsweise, weil künftig ein Herkunftsnachweis für Güter erbracht werden muss, die in die EU exportiert werden.

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