Heute Montag beginnt in New York ein Prozess gegen Donald Trump. Die Folgen für die US-Wahl dürften überschaubar sein – könnten aber entscheidend werden.
Donald Trump
Er will wieder US-Präsident werden: Zunächst droht Donald Trump aber juristisches Ungemach. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Donald Trump muss sich wegen einer Schweigegeld-Zahlung vor Gericht verantworten.
  • Grosse Meinungsverschiebungen hätte ein Schuldspruch Experten zufolge nicht.
  • Aber: In den Swing States könnten die Stimmen von wenigen Unentschlossenen entscheiden.
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Am Montag richtet sich der Fokus in den USA einmal mehr auf Donald Trump. In New York beginnt nämlich der Schweigegeld-Prozess gegen den früheren Präsidenten. Der Vorwurf kurz zusammengefasst: Er soll Geld an die Pornodarstellerin Stormy Daniels überweisen haben lassen, um eine Affäre zu verheimlichen.

Wenn sich ein Präsidentschaftskandidat vor Gericht verantworten muss, dann stellt sich naturgemäss die Frage nach den politischen Folgen. Nau.ch hat bei Experten nachgefragt, was sie vom Prozess erwarten und wie sie die möglichen Auswirkungen einschätzen.

Schuldspruch als Zünglein an der Waage in den Swing States?

Thomas Greven von der Freien Universität Berlin hält einen Schuldspruch für «wahrscheinlich». Es stellt sich aber die Frage, wann dieser erfolgt: «Angesichts der Verzögerungs- und Berufungsmöglichkeiten für Trump und seine Anwälte rechne ich nicht mit einem rechtskräftigen Urteil vor der Wahl.»

Für Reinhard Heinisch von der Universität Salzburg ist die Ausgangslage «völlig offen». Letztlich sei es aus rechtlicher Sicht «eine Interpretationsfrage», ob ein Fehlverhalten vorliege oder nicht.

Donald Trump
Donald Trump tritt im November zur US-Präsidentschaftswahl an.
Donald Trump
Ab Montag läuft jedoch der sogenannte Schweigegeld-Prozess gegen ihn.
Donald Trump
Die Auswirkungen auf den Wahlkampf sind schwierig abzuschätzen.
Joe Biden
Gerade in den umstrittenen Swing States könnte Konkurrent Joe Biden profitieren.
Weisses Haus
Jedoch gibt es im Schweigegeld-Fall bis zur Wahl möglicherweise kein rechtskräftiges Urteil.

In jedem Fall glaubt der österreichische Experte nicht, dass ein Schuldspruch grosse Folgen für den Wahlkampf haben würde. Er führt aus: «Die Peinlichkeit mit Stormy Daniels ist hinlänglich bekannt. Wenn keine neuen Details bekannt werden, werden sich die Fronten nicht bewegen.»

Heinisch vermutet, dass der Prozess Donald Trump und seinem Narrativ gar entgegenkommen könnte. Denn der Ex-Präsident spricht ja beispielsweise immer wieder von einer Hexenjagd, die gegen ihn laufe.

Auch der deutsche Experte Greven sagt zunächst: «Die allermeisten Amerikanerinnen und Amerikaner haben sich ihre Meinung zu Trump fest gebildet.»

Wen würden Sie eher wählen?

Ein Schuldspruch könnte sich laut ihm aber dennoch auf die Wahl auswirken. Grund dafür sind die sogenannten Swing States. Bei der Wahl werde es nämlich auf eine «vergleichsweise kleine Zahl von Unentschlossenen» in diesen Staaten ankommen. «Dort würde mutmasslich Biden von einem Schuldspruch profitieren, auch wenn er zum Wahltermin noch nicht rechtskräftig wäre.»

Umgekehrt könnte Trump bei den Unentschlossenen profitieren, wenn er freigesprochen wird. Oder, wenn er die Urteile bis nach der Wahl verzögern kann.

Wie erfolgreich das Hexenjagd-Narrativ mit Blick auf die Unentschlossenen ist, bleibt offen, wie Greven weiter erklärt: «Das bewährte Narrativ der Hexenjagd nützt ihm bei seinen Anhängern, um die Reihen zu schliessen und Finanzmittel einzuwerben. Es ist unklar, ob es bei den Unentschlossenen verfängt.»

Könnte Sieg von Donald Trump Eskalation verhindern?

Egal, wie es beim Porno-Prozess und bei der Wahl herauskommt: Die politische Lage in den USA bleibt angespannt. Laut den Experten könnte es auch zu Ausschreitungen kommen. Heinisch erklärt: «Rund 30 Prozent der Amerikaner sagen, dass sie mit Gewalt rechnen, beziehungsweise, dass Gewalt ein Mittel der Politik sein kann.»

Trump Kapitol
Trump-Unterstützer im Kapitol. (Archivbild) - AFP/Archiv

«Die amerikanische Demokratie ist in einer schweren Krise, aus meiner Sicht droht politische Gewalt, noch über die Dimensionen des 6. Januar 2021 hinaus», sagt derweil Greven. Damals stürmten die Anhänger von Donald Trump bekanntlich das Kapitol. Laut dem Politikwissenschaftler sind die Verfahren gegen Trump aber nur ein Teil der angespannten Lage.

Trump habe nämlich klargemacht, dass er das Wahlresultat nur akzeptieren würde, wenn er gewinnt. Entsprechend wäre sein Sieg vielleicht sogar die einzige Möglichkeit zur Deeskalation, sagt Greven: «So merkwürdig es klingt: Nur ein klarer Sieg Trumps, den auch die Demokraten akzeptieren, kann eine möglicherweise gewalttätige Eskalation der Krise noch abwenden.»

Trump soll Zahlungen falsch verbucht haben

Konkret geht es im am Montag beginnenden Prozess um Folgendes: Trumps Ex-Anwalt soll vor der Wahl 2016 Schweigegeld an die Pornodarstellerin Stormy Daniels gezahlt haben. Diese hatte behauptet, mit Donald Trump Sex gehabt zu haben.

Das Problem ist nicht unbedingt die Zahlung an sich. Der republikanische Präsidentschaftskandidat soll diese aber unrechtmässig verbucht und versucht haben, sie zu verschleiern. Damit wollte er demnach andere Gesetzesverstösse vertuschen.

Stormy Daniels Donald Trump
Stormy Daniels ist eine der zentralen Figuren im Prozess gegen Donald Trump. - imago/ZUMA Wire

Es ist nicht das einzige Ungemach, das dem Ex-Präsidenten droht. Neben dem Schweigegeld-Prozess sind noch mehrere weitere Strafprozesse gegen ihn in Vorbereitung. Die Vorwürfe im Fall Daniels gelten im Vergleich zu den anderen als eher harmlos.

Die Wahl in den USA findet im November dieses Jahres statt. Donald Trump und der demokratische Amtsinhaber Joe Biden dürften sich wie schon 2020 ein hitziges Duell liefern.

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