Gesprühte Wandbilder treffen auf digitale Kunst: Die graue Industriestadt Linz wandelt sich zur Kulturdestination – in 2009 war sie bereits Kulturhauptstadt.
Graffiti Wandbild Schlange Lagerhalle
Sie schlängelt sich auf mehr als 900 Quadratmetern: eine giftgrüne Graffiti-Schlange im Linzer Stadthafen. - Bernd F. Meier/dpa-tmn
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Das Wichtigste in Kürze

  • Mehr als 300 gesprühte Kunstwerke zieren Industriewände am Hafen im österreichischen Linz.
  • Die ehemalige Industriestadt beherbergt nun die grösste Openair-Graffiti-Galerie Europas
  • Linz, Kulturhauptstad 2009, ist zur international anerkannten Kunstmetropole gewandelt.

Giftgrün ist die Schlange, die sich an der Wand eines Lagerhauses entlang windet. In nur fünf Tagen hat der österreichische Graffiti-Künstler Nychos das spektakuläre Abbild aus der Spraydose geschaffen.

Die Schlange ist auf 900 Quadratmetern Fläche das grösste Sprayer-Kunstwerk im Stadthafen von Linz an der Donau.

Mural Harbor – Hafen der Wandgemälde – nennt sich im übertragenen Wortsinn die Ansammlung von mehr als 300 gesprühten Graffitis und Gemälden auf Laderampen und Lagerhallen, Containern und Kühlhäusern.

Lastwagen Gebäudewände Graffiti
Kunst trifft auf Containerhafen: Der Linzer Stadthafen zeigt sich von seiner bunten Seite. - Bernd F. Meier/dpa-tmn

Sie wird heute als umfangreichste Openair-Galerie dieser Kunst in Europa bezeichnet.

Die Idee kommt von Leonhard Gruber, der aus Tirol nach Linz übersiedelt und sein Büro im Hafen einrichtet. In den Alpen hat sich der Organisator von Snowboard-Sportevents zuvor einen Namen gemacht.

Gruber wird überrascht von der grauen Industriekulisse: «Dabei war Linz bekannt unter Breakdancern und Hip-Hop-Musikern.» Aber die mit Hip-Hop verbundene Graffiti-Kunst ist in Linz so gut wie unbekannt.

Nachricht vom Sprayer-Hafen verbreitet sich wie ein Lauffeuer

Anlässlich des Hafenfests 2012 lässt Gruber erstmals die Stirnwand eines Lagerhauses besprühen. Der Berliner Graffiti-Künstler Stohead verziert gut 500 Quadratmeter.

Daraufhin spricht es sich wie ein Lauffeuer in der weltweit gut vernetzten Sprayerszene herum: Im Linzer Donauhafen kann auf riesigen Flächen gesprüht werden.

Mural Harbor wird mit Unterstützung der Hafengesellschaft zu einem legalen Platz für die oft illegal gesprühten Graffitis. Die Bandbreite reicht vom Postkartenformat bis zum Riesen-Gemälde.

Graffiti Wand Gebäude Porträt
Wirkt wie ein Foto, ist aber Graffiti: das Werk von Karski & Beyond an einer Lagerhalle am Linzer Donauhafen. - Bernd F. Meier/dpa-tmn

Das Kunstareal zeigt mit ein paar Strichen gesprühte Smileys neben fotorealistischen Porträts. Künstler aus 35 Nationen sprühen und malen im Hafen; sie kommen aus Australien und Singapur, Marokko und Südafrika, Chile und Peru.

Besucher können der Kunstform mit Galeriegründer Gruber und dem Kulturwissenschaftler Michael Url bei Führungen auf den Grund gehen.

Zu Fuss geht's beim Mural Walk über die Verladekais oder an ausgewählten Terminen mit der Motor-Barkasse durch die Hafenbecken.

Graffiti Sprayer Wand Personen
Selbst mal Graffiti sprayen versuchen? In Linz geht das. - Bernd F. Meier/dpa-tmn

Nach der Bootsfahrt oder Fusstour können die Besucher beim Crashkurs ihr eigenes Wandbild schaffen; sie werden zu Graffiti-Künstlern auf Zeit.

Sonderausstellungen über den Dächern der Stadt

Mit Mural Harbor hat sich Linz als lebendige Kunst- und Kulturstadt einen Namen gemacht. Das OÖ-Kulturquartier stützt diese Einschätzung.

Unter dem Motto Höhenrausch werden seit 2009 diverse Sonderausstellungen über den Dächern der Innenstadt gezeigt, über einem Einkaufszentrum und einem Parkhaus.

Bis in die 1960er-Jahre hinein ist die Industriestadt als österreichisches Pittsburgh bezeichnet worden. Die Luft ist mit den Abgasen der Schwerindustrie belastet, der Himmel häufig grau.

Radtouristen auf dem beliebten Donauradweg von Passau nach Wien machen allenfalls für eine Nacht in Linz Station.

Fördergelder stossen Kunstprojekte in der Stadt an

Das ist längst Vergangenheit. Das Stahlwerk Voestalpine AG, mit rund 10 700 Beschäftigten grösster Arbeitgeber der Region, geht auf Umweltkurs. Dafür werden nach Angaben des Unternehmens weit mehr als 2,4 Milliarden Euro investiert.

Panoramablick Linz Industrie Wohngebiete
Vom Pöstlingberg bietet sich ein hervorragender Panoramablick auf Linz. - Bernd F. Meier/dpa-tmn

Viele der Impulse bringt das Jahr 2009, als Linz zur Kulturhauptstadt Europas wird.

Fördergelder in zweistelliger Millionenhöhe fliessen für Kunstprojekte in die Stadt, die nun auch von ausserhalb als lohnendes Ziel für den Städtetrip mit kulturellem Schwerpunkt wahrgenommen wird.

Auch im Ars Electronica Center an der Nibelungenbrücke tauchen Besucher in andere Welten ein: Roboter bringen eine Marionette zum Tanzen, künstliche Intelligenz entlockt einem Klavier sinfonische Klänge.

Interaktive Schauen zeigen die Auswirkungen von Technologien auf unseren Alltag.

Ein einzigartiges Museum und ebenfalls ein Beispiel für den Wandel der Industriemetropole zum Kulturzentrum der Gegenwart.

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