Hypothek: So haben sich die Wohnformen verändert
Von städtischen Wohnsiedlungen bis zum Einfamilienhaus im Grünen haben sich in der Schweiz viele verschiedenen Wohnformen entwickelt. Eine Übersicht.

Das Wichtigste in Kürze
- In der Nachkriegszeit fand eine umfassende Suburbanisierung statt.
- Eine Schweizer Besonderheit sind die Wohnbaugenossenschaften.
In der Schweiz gab es mehrere grosse Entwicklungsschritte bei den Wohnformen. Die erste grosse Veränderung entstand durch die Industrialisierung, die zahllose Menschen vom Land in die Städte lockte – und dort die Wohnungsnot förderte.
Wohnformen im frühen 20. Jahrhundert
Hatte die Stadtbevölkerung Mitte des 19. Jahrhunderts noch 17 Prozent der Einwohner der Schweiz ausgemacht, waren es Anfang des 20. Jahrhunderts nach offiziellen Angaben schon 31 Prozent. 1950 waren es dann schon 43 Prozent und damit fast die Hälfte der Schweizerinnen und Schweizer. Dies führte dazu, dass in den Städten in hohem Tempo neuer Wohnraum geschaffen werden musste.
Eine der beliebtesten Wohnformen wurde das Mehrfamilienhaus, in dem je nach Grösse und Höhe zehn oder mehr Familien Platz fanden. Heute sind diese Wohnungen bei unterschiedlichen Gruppen stark begehrt – vor allem, wenn sie regelmässig modernisiert wurden.
Hypothek: Die Suburbanisierung der Schweiz
Das Wirtschaftswachstum nach dem Zweiten Weltkrieg machte die Schweiz zu einem wohlhabenden Land. Einheimische Familien zogen aus den Stadtzentren in die neuen Agglomerationen mit Einfamilienhäusern in Grünen. Bis heute gilt diese Wohnform als ideal für Familien mit Kindern.

In die Wohnungen der innerstädtischen Mehrfamilienhäuser zogen immer häufiger Gastarbeiterinnen und Gastarbeiter. Nach Daten des historischen Lexikons der Schweiz lebten 1950 nur 285'446 ausländische Menschen in der Schweiz, waren es 1970 schon 1'080'076. Da das Angebot mit der Nachfrage nicht Schritt halten konnte, entstanden ausserdem neue Wohnsiedlungen mit günstigem Wohnraum am Stadtrand.
Die Wohnungsnot in den Städten machte aber auch erfinderisch: Junge Leute schlossen sich zu Wohngemeinschaften zusammen. So konnten sie die hohe Miete auf mehrere Schultern verteilen. Im Rahmen der Flower-Power- und Öko-Welle zog es einige auch aufs Land: Sie gründeten Kommunen in alten Bauernhöfen und setzten auf Selbstversorgung.
Eine Schweizer Besonderheit: Die Baugenossenschaft
Anders als in vielen europäischen Ländern setzte die Schweiz früh auf Genossenschaften. Eigentümerinnen und Eigentümer taten sich zur Finanzierung von Bauprojekten zusammen und verwalteten ihren Besitz gemeinsam.
Da keine Gewinnorientierung besteht, profitieren Mieterinnen und Mieter von günstigen Mieten. Laut «Wohnbaugenossenschaften Schweiz» liegt der Anteil der Baugenossenschaften in der Schweiz heute bei nur noch 4,5 Prozent.

Jenseits der Genossenschaften entstanden jedoch im neuen Jahrtausend viele neue gemeinschaftliche Projekte. Dabei spielt vor allem die Nachhaltigkeit eine grosse Rolle. So wurde der Minergie-Standard für energieeffizienztes Bauen eingeführt. Grössere Wohnprojekte umfassen weitere umweltfreundliche Elemente wie Gemeinschaftsgärten, begrünte Dachterrassen und Werkstätten für Reparaturen.
Die Wohnformen der Zukunft
Der soziale Wandel treibt die Entstehung neuer Wohnformen voran. So steigt die Zahl der alleine wohnenden Menschen in der Schweiz immer weiter an. Da sie sich keine Hypothek für eine normale Wohnung oder gar ein Haus leisten kann, entstehen für diese Zielgruppe sogenannte Mikro-Appartements.
Eine durchdachte Aufteilung maximiert die Nutzfläche in kleinen und damit erschwinglichen Wohnungen. Auch Tiny Houses sind Teil dieser Neuentwicklung: Sie zielen auf Singles und junge Paare ab, die sich auf diese Weise den Traum von Wohneigentum erfüllen wollen.

Das Angebot für ältere Menschen wächst ebenfalls: Für sie entstehen barrierefreie Wohnanlagen mit und ohne Betreuung. Dem Wunsch nach einer grösseren Durchmischung aller Altersgruppen entsprechen sogenannte Co-Living-Spaces. So wird es in der Schweiz neben traditionellen Wohnungen mit mehreren Zimmern und Einfamilienhäusern in Zukunft immer mehr massgeschneiderte Wohnformen für jeden Bedarf geben.












