Eigentlich richtet Mercedes seine Modellpolitik gerade mehr auf Luxus aus. Doch beim Verbrauch fahren die Schwaben einen rigorosen Sparkurs. Wie weit der geht, zeigt kein Auto besser als der EQXX - als Technologieträger wird er zum effizientesten Mercedes aller Zeiten.
Knapp 1000 Kilometer Reichweite: Mercedes Vision EQXX macht vor, wie weit ein Stromer ohne Ladestopp kommen kann.
Knapp 1000 Kilometer Reichweite: Mercedes Vision EQXX macht vor, wie weit ein Stromer ohne Ladestopp kommen kann. - Mercedes-Benz Group/dpa-mag
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Das Wichtigste in Kürze

  • Beim VW XL 1 reichte 2002 noch eine Dienstfahrt von Wolfsburg nach Hamburg, mit der Ferdinand Piëch demonstrieren konnte, dass das Niedrigenergieauto tatsächlich nur einen Liter Diesel auf 100 Kilometer verbraucht.

20 Jahre später muss ein Elektroauto schon über 1000 Kilometer nach Nizza oder nach Silverstone fahren, um seine einzigartige Effizienz zu beweisen. Denn in der Reichweitenangst sehen viele nach wie vor das grösste Hindernis für den Sieg der neuen Antriebstechnik. Zum Jahreswechsel hat Mercedes mit dem Vision EQXX also vorgemacht, wie weit ein Stromer ohne Ladestopp kommen kann, und dabei an der 1000er Marke gekratzt.

Auf Effizienz getrimmt

Hierfür haben es sich die Schwaben nicht leicht gemacht: Statt einfach nur eine besonders grosse Batterie einzubauen, haben sie an allen Schrauben gedreht, mit denen sie den Verbrauch senken konnten. Von der Aerodynamik angefangen über das Gewicht bis hin zu Akku, Antrieb und Solardach. Das Ergebnis sind Werte, die mit nicht einmal 9 kWh auf 100 Kilometern halb so hoch sind wie etwa beim EQS. Im Grunde ist das Testmodell damit die elektrische Entsprechung zum Ein-Liter-Auto XL1.

Anders als der Vorzeige-Diesel aus Wolfsburg ist das Stuttgarter Sparwunder allerdings kein Verzichtauto. Bis auf das beschränkte Platzangebot vor allem im Fond merkt man bei der ersten Ausfahrt kaum einen Unterschied zu EQS und Co. Allerdings geht es in dem für ein Elektroauto mit 180 kW/245 PS eher mässig motorisierten EQXX ein wenig gemächlicher zu. Denn auch wenn er wie jeder Stromer lossprintet, sobald der Fuss das Fahrpedal berührt, ist bei 140 km/h schon wieder Schluss. Schliesslich sind die Rekordwerte beim Verbrauch mit Raserei auch nicht zu schaffen.

Hyperscreen mit Stromsparmodus

Sonst allerdings lässt sich der EQXX fahren wie jedes andere E-Modell von Mercedes. Die Bedienelemente kennt man beispielsweise vom EQS - nur fehlt hier das Roségold. Neu ist der Hyperscreen, der brillantere Grafiken anzeigt als bisher - falls er überhaupt etwas anzeigt. Denn um ein Maximum an Energie zu sparen, hat Mercedes einen neuen Bildschirm entwickelt, der die Pixelzahl bei Bedarf verringert.

Auch beim Fahren sind es die Feinheiten, die auffallen - vor allem bei der Rekuperation. Für den EQXX wurde nämlich jeweils eine extra Stufe entwickelt. Daher spannen sich schon merklich die Gurte, wenn der Fahrer nur den Fuss vom Gas nimmt, so viel Energie holt sich der E-Motor dann zurück. Und wer die Rekuperationsstufen auf ein Minimum reduziert, der rollt kilometerweit, ohne dass er nennenswert langsamer würde.

Optimierte Aerodynamik

Was ebenso überrascht, das ist die aussergewöhnliche Stille an Bord des Stromers. Klar sind auch andere Akku-Autos leiser als Verbrenner. Aber weil der EQS so windschnittig ist und so sauber umströmt wird, hört man selbst bei 120 km/h kaum ein Rauschen.

Für eine perfekte Aerodynamik hat Mercedes nicht nur die Felgen verkleidet und die Kabine hinten flach zugeschnitten. Auch ein ausfahrbarer Diffusor wurde unter das Heck geschraubt. Sogar der erhabene Stern musste einem Aufkleber weichen. Das Resultat ist ein rekordverdächtiger cW-Wert von 0,17, der für den geringen Verbrauch mitverantwortlich ist.

Natürlich trägt auch das Gewicht zur Sparsamkeit bei, das trotz der über 100 kWh grossen Batterie bei 1,8 Tonnen liegt - ein Drittel weniger als beim EQS mit ähnlicher Akku-Kapazität. Schliesslich hat Mercedes bei Karosserie und Konstruktion um jedes Kilo gerungen. Zudem entstammt der Akku genau wie der Motor einer neuen Generation und ist deshalb leichter und weniger raumgreifend. Deshalb soll er ziemlich genau so auch in ein kompakteres Auto wie den EQA passen.

Fazit: Innovationsbringer für elektrische Einstiegsmodelle

Anders als damals der XL1 bleibt der EQXX ein Einzelstück. Trotzdem verspricht Mercedes mehr Breitenwirkung. Denn anstatt eine Kleinserie aufzusetzen, wollen die Schwaben vieles von dem, was sie beim EQXX gelernt und ausprobiert haben, in der nächsten Generation ihrer elektrischen Einstiegsmodelle einsetzen. Und die kommt schon in zwei, drei Jahren. 1000 Kilometer Reichweite werden dann wohl kein unerreichbares Ziel mehr sein, erst recht nicht mit einer auf 900 Volt erhöhten Betriebsspannung.

Datenblatt: Mercedes Vision EQXXMotor und AntriebElektromotorHubraum:0 ccmMax. Leistung:180 kW/245 PSMax. Drehmoment:k.A.Antrieb:HeckantriebGetriebe:Eingang-Automatik

Masse und GewichteLänge:4975 mmBreite:1870 mmHöhe:1348 mmRadstand:2800 mmLeergewicht:1755 kgZuladung:k.A.Kofferraumvolumen:0 Liter

Fahrdaten:Höchstgeschwindigkeit:140 km/hBeschleunigung 0-100 km/h:k.A.Durchschnittsverbrauch:8,3 kWh/100 kmReichweite:

Alle Angaben laut Hersteller

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