Massentierhaltung: Longchamp erwartet emotionale Abstimmung

Claude Longchamp rechnet mit einem emotionalen Abstimmungskampf zur Massentierhaltungsinitiative – und einer Debatte über Tierwohl und den Preis des Essens.

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Nau.ch - Politologe Claude Longchamp spricht über die kommende Abstimmung zur Massentierhaltungsinitiative.

Das Wichtigste in Kürze

  • Bald stimmt die Schweiz wieder über ein Landwirtschaftsthema ab: Die Massentierhaltung.
  • Politologe Claude Longchamp analysiert für Nau.ch die Chancen der Vorlage.
  • Ausserdem prognostiziert er einen emotional aufgeladenen Abstimmungskampf.

Am 25. September entscheidet die Stimmbevölkerung über die Massentierhaltungsinitiative. Doch bereits jetzt verursacht die Vorlage heftige Kontroversen, wie etwa die «Arena» zur Vorlage zeigte.

Politologe Claude Longchamp rechnet denn auch mit einem «emotionsgeladenen und bildhaften Abstimmungskampf». Bilder von – je nach Lager – glücklichen oder zusammengepferchten Nutztieren dürften die Plakatwände dominieren.

Massentierhaltung von Links und Tierschützern bekämpft

Die Initiative verlangt, dass der Bund die «Würde des Tieres» in der landwirtschaftlichen Tierhaltung schützt. Dazu gehöre, dass die Tiere nicht in grossen Massen gehalten werden. Darunter versteht das Komitee die industrielle Tierhaltung zur möglichst hohen Gewinnmaximierung bei gleichzeitiger Verletzung des Tierwohls.

Hinter dem Anliegen stehen die Tierschutz-Organisationen Sentience, Vier Pfoten, Greenpeace und die Fondation Franz Weber. Politischen Support erhalten sie von der SP, den Grünen und wohl auch der GLP.

Die Befürworter dürften stark auf der moralischen Schiene argumentieren. Das könne durchaus funktionieren, glaubt Longchamp. «Im Zuge des Klimajahrs 2019 gibt es ein neues Element: Die Kritik an der Fleischproduktion

Diese belastet die Umwelt, worauf die Befürworter sicherlich eingehen werden. Mit dieser Argumentation könnten die Befürworter das rot-grüne Lager ansprechen. Ebenfalls offene Ohren dafür hätten jüngere Menschen, glaubt Longchamp.

Die Gegner der Vorlage scharen sich um den Schweizer Bauernverband. Das Nein-Lager betont, dass die Schweiz bereits über ein strenges Tierschutzgesetz verfüge. Das Hauptargument wird aber wohl sein, dass ein Ja die Preise für Lebensmittel in die Höhe treiben könnte.

Longchamp: Preisargument wird gewichtig

Dieses Preisargument ist traditionell stark. «Multipliziert mit der Debatte über die Inflation wird es aber wohl noch stärker», mahnt Longchamp. Im bürgerlichen Lager sei das Preisargument breit akzeptiert, auch Konsumenten sprächen drauf an – insbesondere ältere Personen mit finanziellen Ängsten.

Plakate werden vor der Medienkonferenz des überparteilichen Bauernkomitees gegen die Trinkwasserinitiative und dem Pestizidverbot aufgestellt. - Keystone

Dürfte die Vorlage also ähnlich klar abgelehnt werden wie 2021 die Pestizid- und Trinkwasser-Initiativen? Longchamp verneint: «Die Ausgangslage damals war sehr speziell, weil am gleichen Tag auch das CO2-Gesetz an die Urne kam.»

Das habe, kombiniert mit der Corona-Anspannung, zu einer enorm hohen Stimmbeteiligung geführt, was im September nicht in diesem Ausmass zu erwarten sei. Dennoch: Damit es für ein Ja reicht, brauche die Initiative Unterstützung aus der Mitte.

Tiana Angelina Moser ist Fraktionschefin der GLP und Aussenpolitikerin. - Keystone

Eine Ja-Parole der Grünliberalen sei dabei realistisch. Viele GLPler seien frustriert, weil sie ihre Ideen für einen Gegenvorschlag im Parlament gestoppt sahen. Die Mitte-Partei dürfte sich aber ins Nein-Lager gesellen.

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Deshalb rechnet Longchamp mit einem «respektablem Ergebnis» für die Initiative. Eine Mehrheit zu erreichen, werde aber «schwierig». Der Abstimmungskampf könne noch einiges verändern. «Doch die ‹Power›, welche der Bauernverband aufbauen kann, wird wohl stärker als jene der Tierschutzverbände.»