Biobauer und Grünen-Nationalrat Kilian Baumann vertritt oft eine andere Meinung als der Bauernverband. Bei der Massentierhaltungsinitiative ist es nicht anders.
Kilian Baumann Massentierhaltungsinitiative
Kilian Baumann ist Berner Nationalrat für die Grünen und Bio-Landwirt. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Massentierhaltungsinitiative wird vom Bauernverband eindeutig abgelehnt.
  • Doch Biobäuerinnen und -bauer wollen ein Ja, der Umwelt und den Tieren zuliebe.
  • Grünen-Nationalrat und Landwirt Kilian Baumann erklärt im Gastbeitrag, wieso.
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Am 25. September stimmen wir über die Initiative gegen Massentierhaltung ab. Diese will die Tierwürde in der Verfassung verankern und fordert für alle Tiere eine tierfreundliche Unterbringung und Pflege, regelmässigen Auslauf ins Freie sowie maximale Gruppengrössen je Stall und eine schonende Schlachtung. Zwar kennt die Schweiz tatsächlich schon zahlreiche Tierschutzbestimmungen.

Legehennen Massentierhaltung Dätwyler
Weisse Legehennen tummeln sich in einem Stall des Geflügelhofs Dätwyler in Oberwangen im Kanton Thurgau, aufgenommen am 28. Februar 2018. Die Hühner legen um die 14'000 Eier pro Tag, die vor
Inforama Viehstall Landwirtschaft
Kühe fressen Futtermittel im neu eingeweihten Rindviehstall am Inforama Rütti, am Freitag, 3. Mai 2019 in Zollikofen. Im Inforama werden Versuche im Bereich der Landwirtschaft durchgeführt.
Schafe Landwirtschaft Tierhaltung
Schafe blicken am Sonntag, 18. April 2010, gwundrig aus einem Pferch vor einem Stall in Madernal bei Diesentis im Bünder Oberland.
Schweine Tierhaltung Landwirtschaft
Schweine auf dem Gutsbetrieb Massnahmenzentrum Kalchrain, am Mittwoch, 13. Juni 2018 in Hüttwilen. Hier werden die Tiere nicht in einer Bucht im Stall gemästet, sondern sie leben das ganze Jahr über draussen.

Doch das kann kein Grund sein, die Bedingungen in der Tierhaltung nicht weiter zu verbessern. Die Ansprüche ans Tierwohl sind gestiegen und auch in unseren Nachbarländern wird der Tierschutz weiter ausgebaut. Wenn die Schweizer Landwirtschaft ihr Alleinstellungsmerkmal nicht verlieren will, muss auch sie sich weiterentwickeln und darf nicht stehen bleiben.

Die Massentierhaltungsinitiative ist umsetzbar

Von der Initiative sind in erster Linie Grossbetriebe betroffen. Die Übergangsfrist von 25 Jahren gibt diesen fast eine Generation Zeit für die Umstellung und gewährt somit die Investitionssicherheit. Schliesslich enthält die Initiative eine Import-Klausel: Um ein Ausweichen der KonsumentInnen auf billiges Importfleisch zu verhindern, müssen auch importierte tierische Produkte strenge Tierwohlkriterien erfüllen.

coop
Eine Person steht in einer Coop-Filiale vor dem Fleisch. (Symbolbild) - Keystone

Dass solche Importklauseln gegen internationales Handelsrecht verstossen, wird zwar immer wieder behauptet. Doch die Initiative fordert kein Importverbot und die WTO-Regeln ermöglichen auch Ausnahmen. So ist eine WTO-konforme Umsetzung der Import-Klausel im Rahmen der Zollkontingente sehr wohl möglich.

Kompromisslose Haltung der Agrarkonzernlobby

Auch der Bundesrat hat erkannt, dass in Sachen Tierwohl Handlungsbedarf besteht. Er wollte die Initiative deshalb mit einem direkten Gegenvorschlag an die Urne bringen, welcher wichtige Punkte der Initiative übernommen und das Tierwohl einen grossen Schritt weitergebracht hätte. Doch davon will der Schweizer Bauernverband nichts wissen.

Bauernverband Ritter Massentierhaltungsinitiative
Markus Ritter, Präsident des Bauernverbands und Nationalrat (Mitte/SG), an einer Medienkonferenz zur Massentierhaltungsinitiative.
Gapany Massentierhaltungsinitiative FDP
Ständerätin Johanna Gapany (FDP/FR) an der Medienkonferenz gegen die Massentierhaltungsinitiative, 13. Juni 2022.
Chiesa SVP Massentierhaltungsinitiative
Marco Chiesa, Ständerat (SVP/TI) und Präsident der SVP, an der Medienkonferenz zur Massentierhaltungsinitiative.

Seit Jahren agiert er als Marionette der Agrarkonzerne und sträubt sich mit aller Macht gegen jeden ökologischen und tierrechtlichen Fortschritt. So wurde im Parlament sowohl der Kompromissvorschlag des Bundesrates als auch der vom Schweizerischen Tierschutz, der Kleinbauern-Vereinigung und der Gesellschaft der Schweizer TierärztInnen eingebrachte indirekte Gegenvorschlag verhindert.

Wie letztes Jahr die beiden Agrarinitiativen wird nun auch die Initiative gegen Massentierhaltung ohne Kompromissvorschlag an die Urne kommen, wo sie mit viel Getöse versenkt werden soll.

Progressive Bäuerinnen und Bauern finden kein Gehör

Der Bauernverband fährt im Abstimmungskampf wieder die grossen Geschütze auf und schreckt auch nicht vor einem Kuhhandel mit Economiesuisse zurück. Zur Sicherung ihrer Gewinne aus dem Futtermittel-, Pestizid-, und Düngerhandel spannt die Agrarkonzernlobby die Bauern vor den Karren der Grosskonzerne, wo sie für deren Steuersenkungen und gegen die eigenen Interessen kämpfen.

Pestizid-Initiative
Plakat zur Volksinitiative «Für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide. - Keystone

Der Abstimmungskampf selber wird vom Bauernverband wieder zur Entscheidungsschlacht um die Weiterexistenz der Schweizer Landwirtschaft hochstilisiert. Dabei gibt er sich wie immer als Sprachrohr eines geschlossenen «Bauernstandes» und verschweigt, dass zahlreiche Stimmen aus der Landwirtschaft die Initiative unterstützen: Wie schon bei der Pestizid-Initiative haben Bio Suisse, die Schweizer Bergheimat, Demeter und die Kleinbauern-Vereinigung die Ja-Parole zur Initiative gegen Massentierhaltung beschlossen.

Es braucht noch weitergehende Massnahmen

Wir progressiven Bäuerinnen und Bauern fühlen uns vom Bauernverband einmal mehr vor den Kopf gestossen. Mit seiner kompromisslosen und rückwärtsgewandten Politik droht er das Vertrauen der KonsumentInnen in die Schweizer Landwirtschaft langfristig zu verspielen und gefährdet ihren nach wie vor grossen Rückhalt in der Bevölkerung.

Massentierhaltungsinitiative
Mit einem Ja zur Massentierhaltungsinitiative wäre nur noch Tierhaltung möglich, die das Tierwohl respektieren. - Keystone

Denn die drohende Klimakatastrophe und der Biodiversitätsverlust erfordern entschlossenes Handeln und das wird zunehmend auch von der Landwirtschaft erwartet. Um den gegenwärtigen Problemen zu begegnen, müssen sogar noch weitergehende Massnahmen ergriffen werden, als von der Initiative gefordert. So gehören die klima- und biodiversitätsschädigenden Subventionen in unserem Ernährungssystem endlich abgeschafft und der Fleischkonsum darf nicht mehr staatlich angeheizt werden.

Wie werden Sie zur Massentierhaltungsinitiative stimmen?

Die Initiative gegen Massentierhaltung ist – wieder einmal – eine Chance, diese dringend nötigen Veränderungen in der Schweizer Landwirtschaft anzustossen. Darum stimmen wir progressiven Bäuerinnen und Bauern am 25. September JA zur Initiative gegen Massentierhaltung.

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