Ukraine-Krieg: Russen nach Drohnenangriffen auf Moskau in Angst

Mit den jüngsten Drohnenangriffen auf Moskau haben dessen Einwohner einen Einblick in die Realität des Ukraine-Kriegs erhalten. Schadet dies der Moral?

Dieses Foto zeigt einen Teil eines Wohnhauses, das Berichten zufolge von einer ukrainischen Drohne in Moskau, Russland, beschädigt wurde, Dienstag, 30. Mai 2023. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Am frühen Dienstagmorgen kam es zu Drohnenangriffen auf die russische Hauptstadt Moskau.
  • Die Reaktionen der Einwohner reichen von Angst und Verunsicherung bis zu Gleichgültigkeit.
  • Ein Experte vermutet: Bei weiteren Angriffen könnte die Stimmung umschlagen.

«Wir dachten, der Krieg sei weit weg, aber jetzt kommt er auch zu uns». Diese Reaktion einer Einwohnerin Moskaus, die die ARD zitiert, dürften wohl viele Russinnen und Russen haben.

Denn der Ukraine-Krieg oder die «militärische Spezialoperation» war für viele Russen bisher in weiter Ferne. Mit den jüngsten Drohnenangriffen auf die Hauptstadt Moskau ist er aber bei den Einwohnern vor der Haustür angelangt.

Drohne über Villenviertel abgeschossen

«Eine Explosion hat unser Haus erschüttert. So etwas haben wir noch nie gespürt», sagt auch Andrei, ein Geschäftsmann, dem «Guardian». Er lebt im Moskauer Villenviertel Rubljowka, in dem auch Kremlchef Wladimir Putin ein Anwesen besitzt.

Die russischen Behörden bestätigten später, dass am frühen Dienstagmorgen zwei Drohnen über der Gegend abgeschossen worden waren.

Der Kreml beschuldigt Kiew – die Ukraine weist diese Behauptung jedoch zurück.

Eine Bewohnerin des Wohnblocks, in den eine Drohne eingeschlagen hat, sagt der Zeitung, sie hätte «Angst gehabt». Sie habe eine «starke Explosion» gehört. Das Gebäude weist indes nur leichte Schäden auf: Die ARD berichtet von Löchern in der Fassade und zerbrochenen Fensterscheiben. Alles weitere hat die Flugabwehr verhindert.

«Es ist mit weiteren Angriffen zu rechnen»

«Die Reaktionen reichen von Angst und Sorge bis zu Gleichgültigkeit», erklärt Russland-Experte Ulrich Schmid von der Universität St. Gallen auf Anfrage. «Es gab ja bereits einen Drohnenangriff auf den Kreml. Es ist in der Tat mit weiteren Angriffen zu rechnen.»

Vor den Drohnenattacken waren die Befürchtungen der Bevölkerung wegen des Ukraine-Kriegs in letzter Zeit zurückgegangen. Bei der Teilmobilisierung letzten Sommer machten sich laut dem Carnegie Russia Eurasia Center in Moskau 47 Prozent der Russen Sorgen. Nun sind es nur noch 20 Prozent, wie der Forscher Andrei Kolesnikow dem «Guardian» sagt.

Ukraine-Krieg: Schaden Angriffe auf Moskau der Moral?

Trotz der jüngsten Angriffe auf Moskau und wie vor einigen Wochen auf den Kreml rechnet Schmid nicht mit einem Stimmungsumschwung.

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Forscher Kolesnikow sieht das anders: «Wenn es weitere Angriffe gibt, könnte es die Menschen daran erinnern, dass der Krieg in der Hauptstadt ist. Und Putin nicht allmächtig. Das könnte die öffentliche Meinung zugunsten von Friedensverhandlungen verändern.»