In einer Woche beginnen die Olympischen Winterspiele 2022. Es ist etwa so schön wie eine Klassenzusammenkunft in einer Mehrzweckhalle. Ein Kommentar.
Marco Odermatt Lauberhorn
Medaillenhoffnung Marco Odermatt jubelt nach seiner Siegesfahrt am Lauberhorn. Auch er muss sich in Peking täglich testen lassen. - Keystone
Ad

Das Wichtigste in Kürze

  • Heute in einer Woche beginnen in Peking die Olympischen Winterspiele.
  • Die tägliche Testerei und das Coronavirus werden zum Dauer-Thema.
  • Ein Kommentar von Nau.ch-Chefredaktor Micha Zbinden.

Als junger, 27-jähriger Sportjournalist durfte ich 2006 für das SRF an die Winterspiele in Turin reisen. Ich kannte damals zwar alle Fussballstadien, an einem Skirennen war ich noch nie.

Wenig später stand ich mit offenem Mund an der Skisprungschanze, sah die Skiakrobaten durch die Luft fliegen und zuckte ob der Schüsse und Zuschauer beim Biathlon zusammen.

Als persönliche Erinnerung erhielt ich eine IOC-Verwarnung, weil ich von den Snowboard-Gebrüdern Schoch auf dem Weg zu Doppelgold in der verbotenen Zone noch ein letztes Quote holen wollte. «Willst Du die Goldene holen oder soll ich?», fragten sie sich. Der damalige SRG-Delegationsleiter legte ein gutes Wort für mich ein, ich durfte bleiben.

Micha Zbinden Xherdan Shaqiri
Nau.ch-Chefredaktor Micha Zbinden (44). - Nau.ch

Nach 24 Tagen arbeiten am Stück war ich mitten in einem Arbeitsflash und fiel anschliessend – wie so viele Athleten oder eben auch Journalisten – in ein kleines Loch. Voll infiziert vom Olympischen Geist und der Faszination der Spiele.

Höher, schneller, weiter. Und am Abend treffen sich AthletInnen, BetreuerInnen und Fans im «House of Switzerland» und feiern gemeinsam die Medaillen. Schön!

Das alles wird es in einer Woche an den Spielen in Peking nicht geben. Die Sportler befinden sich in einer Blase, wegen der Omikron-Variante gibt es keine Zuschauer-Tickets im freien Verkauf.

Olympia 2022
Olympia 2022 wird ohne Fans vor Ort auskommen müssen. Für die Skipisten laufen 170 Schneekanonen, geschätzte 186 Millionen Liter Wasser werden benötigt. Wahnsinn. - Keystone

Hinzu kommt: Die Null-Covid-Strategie der Chinesen macht die Athleten mehr als nervös. Täglich müssen sie zum Corona-Test antraben.

Und aufgepasst: In China werden die Werte strenger gemessen. Es kann durchaus sein, dass ein Athlet bei Abflug negativ ist – und es dann bei der Ankunft eine böse, positive Überraschung gibt. Nicht weniger als die Arbeit von vier Jahren und der Karriere-Höhepunkt stehen auf dem Spiel!

Freuen Sie sich auf die Olympischen Winterspiele in Peking?

In Deutschland fürchten einige Athleten zudem, dass ihnen positive Tests untergeschoben werden. Um sie so aus dem Wettkampf zu nehmen.

Bis unsere Ski-Stars Marco Odermatt, Beat Feuz und Lara Gut-Behrami in Yanqing endlich am Start stehen, fährt die Angst mit.

Unter diesen Bedingungen sollen wir also die Spiele geniessen und uns anschliessend in den Armen liegen, wenn es Medaillen gibt? Schwierig.

So sind Olympische Winterspiele unattraktiv wie eine Klassenzusammenkunft in einer Mehrzweckhalle.

Und nicht vergessen. Über die fehlenden Menschenrechte in China haben wir noch gar nicht gesprochen.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

Lara Gut-BehramiMenschenrechteMarco OdermattBeat FeuzSnowboardBiathlonVerkaufCoronavirusSkiIOCSRGSRFOlympia 2022Angst