Fussball-Talk: Wir krönen Shaq zum König – Saison-Kaktus für Schiris
Xherdan Shaqiri feiert mit dem FC Basel das Double und wird damit zum König von Basel. Der FCZ hat einen neuen Trainer. Willkommen beim Fussball-Talk.

Das Wichtigste in Kürze
- Der FCB sichert sich das Double, wir krönen Shaqiri endgültig zum König von Basel.
- Bei GC jubelt man in der Barrage über den Klassenerhalt.
- Und der FC Zürich holt erneut einen Niederländer als Trainer.
- Sportchef Christoph Böhlen und Fussball-Chefreporter Mischi Wettstein im Gespräch.
Nau.ch: Das letzte Saison-Highlight ist vorbei: Der FCB holt sich im Cupfinal das Double. Mischi, dein Fazit aus dem Wankdorf?
Mischi Wettstein: Am Schluss ist es ein diskussionsloser Sieg. Aber der Underdog aus Biel war für mich zumindest eine Stunde lang der Cupsieger der Herzen. Vor dem Spiel hat man nur über die Höhe der Niederlage diskutiert. Aber die Bieler haben 60 Minuten lang eine Top-Leistung gezeigt.

Wenn ich mich da erinnere, wie Biel-Beyer vor dem Ausgleich alleine aufs Basler Tor zuläuft und an Hitz scheitert. Da war zu diesem Zeitpunkt plötzlich etwas Spannung im Cupfinal.
Mit so viel Widerstand hätten wohl die wenigsten gerechnet. Chapeau für diese Leistung – aber natürlich herzliche Gratulation an den FCB, der am Schluss verdient gewinnt.
Christoph Böhlen: Vorneweg: Ich ziehe meinen Hut, dass der FCB die tragische Situation mit dem verunglückten FCB-Fan richtig eingeschätzt hat und auf eine Feier auf dem Barfi verzichtet. Das ist zwar schade für die Fans – aber diesen Entscheid verstehen sicher die meisten.
Nau.ch: Wir müssen noch kurz über den FCB-Captain sprechen: Xherdan Shaqiri holt in seiner ersten Saison nach der Rückkehr gleich das Double!
Mischi Wettstein: Ich habe es Shaq gestern auch an der Pressekonferenz gesagt: Er ist jetzt der König von Basel! Er hat nicht «glaferet», sondern «gliferet»! Zwei Titel, 43 Scorerpunkte. Ich verneige mich: Shaq hat uns alle verzaubert!
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Christoph Böhlen: So dominant war selten ein einzelner Spieler, das ist beeindruckend. Ich schliesse mich der Krönung an. Und natürlich auch ein Lob an Trainer Fabio Celestini, der Shaqiri so einsetzte, dass er über Monate glänzen konnte. Apropos: Die Zeichen beim FCB und Celestini stehen auf Trennung, es fehlt nur noch die offizielle Bestätigung.
Mischi Wettstein: Zwischen den Zeilen war für mich schon länger klar, dass Celestini die Bebbi verlassen will. Ich glaube, dass er zum Schluss gekommen ist, dass seine Arbeit am Rheinknie erledigt ist. Das Double zu wiederholen, wäre kein Selbstläufer geworden.
Und die Kritik kommt schnell wieder, wenn es mal nicht läuft. Keine Champions League und zwei, drei Niederlagen – dann ist der Trainer wieder in der Schusslinie. Celestini hat in seiner FCB-Zeit alles erlebt: vom Abstiegskampf bis zum Double. Und er ist eine Person mit feinen Antennen: Er wird nicht vergessen haben, dass es nicht immer rosig war.
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Christoph Böhlen: Ich verstehe den Entscheid nicht: Wäre ich Fabio Celestini, würde ich beim FC Basel bleiben. Das Team ist stark – aber noch nicht fertig entwickelt.
Zudem geht es den Bebbi finanziell deutlich besser, Verstärkungen sind möglich. Und mit der Champions League vor Augen hätte ich den Club aktuell nicht verlassen. Wer wird denn jetzt Trainer beim FC Basel?
Mischi Wettstein: Mit Peter Zeidler ist ein bekannter Name oft zu hören. Er könnte aber auch bei GC ein Thema werden, weil Alain Sutter ihn aus gemeinsamen FCSG-Zeiten kennt. Aber oft genannt zu werden, will bekanntlich nicht heissen, dass man am Ende auch ein Kandidat ist und zum Handkuss kommt. Und nicht vergessen: Zeidler hat GC bereits einmal abgesagt.
Davide Ancelotti wurde beim FCB schon vor zwei Jahren gehandelt, damals entschied man sich aber für Timo Schultz. Zudem wird beim Stadiongeflüster auch der Name von Ludo Magnin öfters gehört. Natürlich sind auch immer Überraschungen möglich – und selbstverständlich ist auch Mister X, der Name, mit dem niemand rechnet, immer ein Kandidat.

Nau.ch: Noch kurz zurück zum Cupfinal: Haben wir alles besprochen?
Mischi Wettstein: Halt, einen Punkt habe ich noch. Zum Cupfinal gehören auch die Schiedsrichter. Und das war gestern leider ein Spiegelbild für die ganze Saison. Ohne den verdienten FCB-Sieg zu schmälern, aber die Szene mit Ajeti war einfach kein Penalty.
Warum schaltet sich der VAR dort nicht ein, damit sich Stefan Horisberger die Szene noch einmal in Ruhe anschauen kann?
Unsere Referees inklusive VAR haben in dieser Saison zu oft für Diskussionen und Kopfschütteln geführt. Bis auf den überragenden Sandro Schärer, der am Wochenende sogar den Final der Nations League pfeift.
Darum müssen wir hier den Kaktus an die Schiris verteilen!

Christoph Böhlen: Ich sehe das Problem nicht in erster Linie bei den Schiris, sondern beim VAR. Ich war von Anfang an gegen die Einführung, auch wenn es Situationen gibt, in denen er hilfreich ist. Aber aus meiner Sicht sorgt der VAR für Verunsicherung bei den Schiris, das Bauchgefühl kommt abhanden. Und für die Fans im Stadion ist es auch nicht mehr dasselbe.
Nau.ch: Noch kurz ein Blick auf die Barrage: GC sichert sich am Freitag in Aarau den Klassenerhalt.
Mischi Wettstein: An diesem Abend wurde mir beim «Pyro-Rauchspiel» auf dem Brügglifeld Lebenszeit gestohlen… Nach dem 4:0-Sieg im Hinspiel war alles klar, ich habe am Freitag keine Sekunde an ein Brügglifeld-Wunder geglaubt.
Der FC Aarau hat in dieser Barrage versagt und vor allem im Hinspiel in Lugano ein desolates Bild abgegeben. Dieser letzte Heimsieg ist gar nichts wert. Im Gegensatz dazu hat GC im entscheidenden Moment alles richtig gemacht.
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Christoph Böhlen: Ferien gibt es für Sportchef Alain Sutter aber bestimmt nicht: Etliche Verträge laufen aus und der Sportchef muss fast ein neues Team zusammenstellen. Angefangen natürlich bei der Trainerfrage. Was meinst du zur Zukunft von Tomas Oral, Mischi?
Mischi Wettstein: Grundsätzlich lautete das Saisonziel, einen Rang besser zu sein als im Vorjahr. Mit dem erneuten Fall in Barrage wurde das verfehlt, auch wenn man sich danach gerettet hat.
Folglich gäbe es also berechtigte Gründe für einen Trainerwechsel. Zudem kann ich mir kaum vorstellen, dass Alain Sutter auch für diese Position nicht seine eigenen Ideen hat.

Christoph Böhlen: Das sehe ich anders. Ich habe letzte Woche gesagt, dass GC absteigt. Aber ich hatte nicht mit so einem dominanten, spielfreudigen Auftritt im Barrage-Hinspiel gerechnet.
Das 4:0 hat gezeigt: Oral erreicht das Team. Zudem kann man aus der gewonnenen Barrage auch positive Energie schöpfen. Ich finde, dafür könnte man den Trainer belohnen und ihn weitermachen lassen.
Nau.ch: A propos Zürich und Trainer: Der FCZ ersetzt Ricardo Moniz durch einen anderen Niederländer: Mitchell van der Gaag kommt!
Mischi Wettstein: Neue Trainer starten immer bei 0, ich wünsche dem neuen FCZ-Coach viel Glück. Was ich mich frage: Wird van der Gaag vom Assistenten von Erik ten Hag jetzt zum Assistenten von Sportchef Milos Malenovic? Aber schlussendlich ist es egal, wenn die Resultate stimmen und der FCZ erfolgreich ist. Ich wünsche auf jeden Fall einen guten Start!
Christoph Böhlen: Für seine Arbeit bei ManUtd und Ajax hat van der Gaag offenbar ein gutes Zeugnis erhalten. Zudem wird er als Niederländer, wie schon Moniz, auf die Ausbildung der jungen Spieler setzen.
Aber dafür braucht man ein Gerüst aus Erfahrenen, die das Team führen können. Hier muss der FCZ zwingend nachlegen. Bis auf Brecher und Zuber fallen mir grad keine gestandenen Routiniers ein?

Mischi Wettstein: Mit Benjamin Mendy hat ein weiterer Routinier den Club verlassen. Auf Nau-Anfrage kann der FCZ das nicht bestätigen.
Wie man aber hört, hat der Franzose seinen Spind geräumt. Und es soll es bei der Verabschiedung auch noch ein paar «nette» Worte an die Adresse des Sportchefs gegeben haben. Danach soll Mendy mit seinem Luxusschlitten auf Nimmerwiedersehen davongebraust sein.
Christoph Böhlen: Das wäre für den FC Zürich kein grosser Verlust. Dieser Transfer, mit all seinen Begleit-Erscheingungen, war eine Schnapsidee.
Nau.ch: Bei YB kommt es wie von Nau.ch angekündigt zu einer Goalie-Rochade.
Christoph Böhlen: Es ist die erste von mehreren Anpassungen, die im Kader vorgenommen werden. Marvin Keller hat sich den Status der Nummer 1 mehr als verdient. Top für YB, dass er den Sprung ins Ausland noch ein wenig nach hinten schiebt.
Und natürlich ist klar, dass man einer Vereinslegende wie David von Ballmoos keine Steine in den Weg legt, wenn dieser mehr spielen will. Als sechsfacher Meister ist der Platz auf der Bank nicht befriedigend.

Mit Heinz Lindner kommt die perfekte Nummer 2: Er wird YB mit seiner Erfahrung und seiner Art in der Kabine helfen. Zudem ist er ein Top-Goalie und kann bedenken los eingesetzt werden.
Nau.ch: Was ist euch sonst noch aufgefallen?
Mischi Wettstein: Mir hat der Final der Champions League sehr gefallen. Das 5:0 von PSG gegen Inter hat mich an das Barrage-Hinspiel zwischen GC und Aarau erinnert. Aber bei PSG in der Vollendung und mit einem ganz anderen Rhythmus – schon fast eine andere Sportart.
Christoph Böhlen: Ich habe vor lauter Saison-Endspurt ganz vergessen, dass unsere Nati ja noch zwei Testspiele bestreitet. Das Yakin-Team reist heute in die USA und trifft dort auf Mexiko und das US-Team. Gute Reise – und holt euch anständig Schwung für die WM-Quali im Herbst!
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Der Fussball-Talk verabschiedet sich mit dieser Ausgabe in die Sommerpause. Pünktlich vor dem Saisonstart sind wir wieder da.
