Vorbild Zürich: Braucht auch Bern ein 365-Franken-ÖV-Abo?
Die Stadt Zürich subventioniert künftig ÖV-Abos, andere Städte könnten nachziehen. In Bern bleibt man indes kritisch.

Das Wichtigste in Kürze
- Die Stadt Zürich führt ein Jahresabo für den lokalen ÖV für nur 365 Franken ein.
- In anderen Städten gibt es ähnliche Überlegungen.
- In Bern gibt es Sympathien für die Idee, sie scheint aber nicht mehrheitsfähig.
Sehr deutlich, mit 63,1 Prozent Ja, sagte die Stadt Zürich am letzten Sonntag Ja zu subventionierten ÖV-Abos: Noch einen Franken pro Tag, 365 Franken im Jahr, soll das lokale ÖV-Abo noch kosten. Das sind über 50 Prozent Rabatt, die künftig aus der Stadtkasse berappt werden müssen.
Das Beispiel könnte Schule machen – in Basel ist bereits eine analoge Volksinitiative lanciert worden. Und in Bern? Hier ist selbst die Linke skeptisch.
Billig-ÖV für Bern: «Leider unrealistisch»
Es wäre schon wichtig, sagt Stadträtin Jelena Filipovic vom Grünen Bündnis: Günstigerer ÖV für den Mittelstand oder gar Gratis-ÖV für Jugendliche, wie das Genf vormacht.
«Eine spürbare finanzielle Entlastung und zugleich konkreter Klimaschutz», so Filipovic.

Aber: «In Bern erscheint mir das aktuell leider unrealistisch.» Stadträtin Filipovic verweist darauf, dass der Gemeinderat derzeit sogar einfachste Klimaschutzmassnahmen verzögere. Als Beispiel nennt sie den Ausbau sicherer Velowege.
Bern fehlt das Geld
Ähnlich äussert sich gegenüber «Tamedia» auch SP-Co-Präsidentin Lena Allenspach. Sie begrüsse das Signal zugunsten eines bezahlbaren ÖVs.
Anders als die Zürcher Genossinnen und Genossen plane man in Bern aber keine solche Initiative. Denn die Stadtfinanzen seien nicht vergleichbar, bedauert sie.
Aus finanziellen Gründen hat der Grosse Rat vor einem Monat auch einen SP-Vorstoss abgelehnt – trotz teilweiser Unterstützung von Bürgerlichen.
SP-Grossrat David Stampfli hatte einen Versuch mit Gratis-ÖV für Kinder und Jugendliche auf kantonaler Ebene gefordert.
Genf macht es vor – und muss Lehren ziehen
Die finanzielle Zurückhaltung ist nicht ganz aus der Luft gegriffen, wie die Erfahrung aus Genf zeigt. Dort erhalten alle unter 25 Jahren seit Anfang des Jahres ein Gratis-Abo.

Mit durchschlagendem Erfolg: Es wurden in der ersten Jahreshälfte derart viele Abos bezogen, dass die budgetierten 32 Millionen Franken wohl nicht reichen werden.
Man rechnet nun mit dem doppelten Betrag, berichtete «RTS». Die ÖV-Nutzung habe bislang aber nur moderat zugenommen.