«Braucht es ein Integrationsprojekt für Zürcher, Christine Häsler?»
Der Kanton Zürich will Frühfranzösisch abschaffen. Im Kanton Bern sei dies kein Thema, sagt Bildungsdirektorin Häsler – und gibt Tipps Richtung Osten.
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Das Wichtigste in Kürze
- Der Kanton Zürich plant, Frühfranzösisch abzuschaffen.
- Im Kanton Bern sei dies kein Thema, sagt Bildungsdirektorin Christine Häsler im Interview.
- Im Gegenteil: Es sei wichtig, möglichst früh mit der Sprache in Kontakt zu kommen.
Das Zürcher Kantonsparlament hat die Regierung beauftragt, das Frühfranzösisch abzuschaffen. Schülerinnen und Schüler sollen sich in der Primarschule auf andere Fächer konzentrieren. In der Oberstufe sei dagegen der richtige Zeitpunkt für das Erlernen der zweiten Landessprache.
Der BärnerBär wollte von der Berner Bildungsdirektorin Christine Häsler wissen, was ihre Botschaft Richtung Ostschweiz sei. Häsler trafen wir passenderweise im französischsprachigen Kantonsteil: In Bellelay, knapp vor der Grenze zum Kanton Jura.
Im dortigen Ausbildungszentrum für Geflüchtete hatte Häsler gerade eben betont, wie wichtig das Lernern einer Sprache für die Integration sei. Der ebenfalls anwesende Bundesrat Beat Jans staunte, wie weit man es mit Intensiv-Sprachkurs innert kürzester Zeit bringen kann: «Davor noch nie ein Wort Französisch geredet, noch nie in der Schule gewesen und wahrscheinlich auch noch nie beim Zahnarzt.» Und trotzdem habe man miteinander parlieren können.

BärnerBär: Als Sie vom Entscheid in Zürich gehört haben, wie ist das bei Ihnen angekommen?
Christine Häsler: Wir haben natürlich eine ganz andere Situation. Der Kanton Bern ist ein zweisprachiger Kanton, für uns sind beide Sprachen wichtig. Wir bleiben sicher dabei, dass wir früh anfangen wollen – und nicht nur in Bezug auf Deutsch und Französisch.
Ich denke, man kann grundsätzlich sagen: Je früher man mit einer Sprache in Berührung kommt, Gelegenheit hat, etwas einzutauchen, desto eher ist das ein Fundament für späteres Lernen. Das gilt nicht nur für Sprachen, sondern auch andere Dinge.

BärnerBär: Wir sind hier im Ausbildungszentrum von Bellelay, wo Flüchtlinge Französisch lernen, um später eine Ausbildung zu machen. Teilweise können sie noch gar nichts, teilweise sprechen sie schon etwas Französisch. Wenn man das vergleicht: Die machen das hier – und den Zürchern ist es zu streng?
Christine Häsler: Ja, schon noch interessant. Die Motivation, die wir hier sehen bei diesen Geflüchteten Menschen: Diese Motivation ist ansteckend. Da spürt man: Wenn man vorwärts kommen will, wenn man weiss «das ist meine Chance», dann lernt man auch sehr gerne.
Wir müssen in unserem Schulsystem halt auch darauf achten, dass wir die Freude am Lernen aufrechterhalten oder wecken können. Das geht bei den Sprachen zum Beispiel mit Austausch über die Sprachgrenzen hinweg. In der Schweiz haben wir dazu ja eine Menge Möglichkeiten.
Wir müssen in diesen Kantonen halt die Freude an den Sprachen auch fördern. Dann haben auch die Schülerinnen und Schüler Freude daran.

BärnerBär: Das heisst, als Nächstes macht der Kanton Bern ein Pilotprojekt für Zürcher?
Christine Häsler: (lacht) Wir machen viele Austauschprojekte mit französischsprachigen Kantonen. Auf der Mittelschulstufe auch mit dem Kanton Tessin. Das sind ganz, ganz spannende und sehr motivierende Projekte, die ich nur empfehlen kann.