Das türkische Parlament hat den Weg für ein militärisches Eingreifen Ankaras im Libyen-Konflikt freigemacht.
Türkischer Präsident Recep Tayyip Erdogan
Türkischer Präsident Recep Tayyip Erdogan - TURKISH PRESIDENTIAL PRESS SERVICE/AFP
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Das Wichtigste in Kürze

  • Trump telefoniert mit Erdogan.

Die Abgeordneten stimmten am Donnerstag in einer Sondersitzung für einen Antrag der Regierung, Soldaten in den nordafrikanischen Krisenstaat zu schicken. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan will die international anerkannte Regierung in Tripolis in ihrem Kampf gegen den abtrünnigen General Chalifa Haftar unterstützen.

Für die Vorlage der Regierung sprach sich am Donnerstag eine klare Mehrheit von 325 Abgeordneten aus, wie Parlamentspräsident Mustafa Sentop mitteilte. Die wichtigsten Oppositionsparteien stimmten gegen das Vorhaben. Sie warnten vor einer weiteren Destabilisierung der Region.

Das Mandat für den türkischen Militäreinsatz in Libyen ist ein Jahr lang gültig. Wie genau die militärische Unterstützung der Türkei für die Regierung in Tripolis aussehen soll, blieb zunächst jedoch offen. Auch ein Zeitpunkt für den Beginn einer möglichen Truppenentsendung wurde nicht genannt.

Erdogan beriet nach Angaben seines Büros am Donnerstag in einem Telefonat mit US-Präsident Donald Trump über die Lage in Libyen. Am kommenden Mittwoch empfängt Erdogan zudem den russischen Präsidenten Wladimir Putin zur Eröffnung einer neuen Gaspipeline. Bei dem Treffen dürfte es auch um die Situation in Libyen gehen.

Bereits Ende November hatte Erdogan mit dem libyschen Ministerpräsidenten Fajes al-Sarradsch ein umstrittenes Militärabkommen geschlossen. Darin wurde vereinbart, dass Soldaten und Polizisten zu Trainings- und Ausbildungszwecken ins jeweils andere Land geschickt werden können. Einen Militäreinsatz türkischer Truppen in Libyen sah es nicht vor.

Danach hatte Erdogan allerdings seine Bereitschaft signalisiert, auch türkische Kampfeinheiten in das Krisenland zu schicken. Am Freitag bestätigte ein Sprecher Erdogans, dass die Regierung von al-Sarradsch um militärische Unterstützung im Kampf gegen Haftar gebeten habe. Der abtrünnige General wird von Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Ägypten unterstützt. Die drei Staaten sind regionale Konkurrenten der Türkei.

Auch Jordanien unterstützt die Truppen Haftars. Zudem werfen Erdogan und der UN-Sondergesandte für Libyen, Ghassan Salamé, der russischen Regierung vor, Söldner zur Unterstützung Haftars entsandt zu haben. Moskau bestreitet dies.

Das plötzliche Militärengagement der Türkei im Krisenland Libyen hat jedoch noch einen ganz anderen Grund: Ankara und Tripolis hatten im November ein zweites Abkommen unterzeichnet, das die türkischen Seegrenzen im östlichen Mittelmeer ausweitet - um die reichen Gasvorkommen vor der Küste Zyperns ausbeuten zu können. Bei den anderen Anrainerstaaten Griechenland, Zypern und Ägypten stiess die Vereinbarung auf scharfe Kritik, da sie ihre eigenen Rechte in der Region verletzt sehen.

In den vergangenen Jahren waren im Osten der Mittelmeerinsel Zypern milliardenschwere Gasvorkommen entdeckt worden. Die Türkei fordert einen Anteil daran und hat mehrere Bohrschiffe in das Meeresgebiet entsandt.

Vor diesem Hintergrund unterzeichneten Regierungsvertreter Griechenlands, Zyperns und Israels am Donnerstag in Athen ein Abkommen über den Bau einer Erdgaspipeline im östlichen Mittelmeer schliessen. Mit der 1872 Kilometer langen Pipeline EastMed soll Erdgas, das vor den Küsten Zyperns und Israels gefördert wird, nach Griechenland und von dort aus in weitere europäische Staaten wie Italien geleitet werden.

In Libyen herrscht seit dem Sturz und gewaltsamen Tod des langjährigen Machthabers Muammar al-Gaddafi 2011 Chaos. Die international anerkannte Einheitsregierung in Tripolis ist schwach und hat weite Teile des Landes nicht unter Kontrolle. Haftar und seine «Libysche Nationalarmee» kontrollieren den Osten des Landes. Seit dem Beginn von Haftars Offensive auf Tripolis vor acht Monaten wurden nach UN-Angaben mehr als 280 Zivilisten getötet und mehr als 140.000 Menschen vertrieben.

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