SPD will mit Union über Korrekturen an Regierungsarbeit verhandeln
Die SPD will in Verhandlungen mit der Union Korrekturen an der Regierungsarbeit der grossen Koalition erreichen.

Das Wichtigste in Kürze
- Neue Parteichefs bekräftigen skeptische Töne zu Regierungsbündnis.
Der Parteitag in Berlin beschloss am Freitagabend mit sehr grosser Mehrheit einen Leitantrag, in dem unter anderem ein Investitionsprogramm und mehr Klimaschutz gefordert werden. Die neuen Parteichefs Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans warben in der Debatte für den noch mit dem scheidenden Parteivorstand ausgehandelten Kompromiss, bekräftigten aber auch ihre Skepsis zur GroKo.
In dem Parteitagsbeschluss wird die Frage eines Ausstiegs aus der GroKo, für den sich besonders Esken im innerparteilichen Ringen um den Parteivorsitz ausgesprochen hatte, nicht direkt angesprochen. Esken sagte jedoch in der Debatte, das Bündnis mit der Union sei für die SPD «keine Herzensangelegenheit». Dies gelte aber aber sehr wohl für das, «was in dem Antrag steht und was wir umsetzen wollen», sagte sie. «Wir werden sehen, ob das möglich ist in dieser Koalition oder ob wir sie beenden müssen.»
Kernpunkte des Leitantrages sind Forderungen nach einem Investitionsprogramm von 450 Milliarden Euro in zehn Jahren, eine Aufstockung des Mindestlohns auf «perspektivisch mindestens zwölf Euro» und die Einführung einer Kindergrundsicherung. Ausserdem verlangt die SPD darin Nachbesserungen beim Klimaschutz sowie Fortschritte bei der Digitalisierung und deren sozialer Gestaltung.
Dies seien neue Handlungsfelder, sagte Walter-Borjans mit Blick auf die zwischen Union und SPD vereinbarte Revisionsklausel im Koalitionsvertrag zur Arbeit der Regierung. Auch er äusserte sich verhalten zur Zusammenarbeit mit CDU und CSU: «Wir glauben, dass diese Konstellation uns hindert», den neuen Herausforderungen gerecht zu werden. Die Formulierungen in dem Antrag wertete er als Kompromiss, den «wir in der SPD zusammen wirklich gut hingekriegt haben».
Mehrere SPD-Minister warben eindringlich für den Verbleib der SPD in der Regierung. «Ich spreche mich ganz klar dafür aus, dass wir weitermachen», sagte Familienministerin Franziska Giffey vor den Delegierten. «Keiner wählt eine Partei, die gar nicht regieren will». Schon das ständige Überlegen, ob die SPD noch in der Koalition mitmachen wolle oder nicht, verspiele Vertrauen bei den Bürgern.
Finanzminister Olaf Scholz hob hervor, es sei in der Regierung «Grosses geleistet worden von der SPD». Arbeitsminister Hubertus Heil mahnte: «Es wäre falsch, jetzt aus der Koalition rauszugehen, ohne die Grundrente umgesetzt zu haben.» Als «längerfristige Perspektive» warb er für eine sozialdemokratische Regierungsverantwortung nach der nächsten Wahl ohne CDU und CSU.
Juso-Chef Kevin Kühnert, der bisher als Kritiker der GroKo aufgetreten war, stellte sich hinter den Leitantrag. Er sprach sich dafür aus, Gespräche mit der Union «tatsächlich offen» und ohne «Vorfestlegungen» zu führen.
Schärfere Töne kamen von der früheren Juso-Vorsitzenden Franziska Drohsel. Sie verlangte einen «inhaltlichen Neuanfang», verbunden mit dem Abschied von der GroKo. «Wir müssen raus aus dieser grossen Koalition», forderte auch die Parteilinke Hilde Mattheis. Die Bundestagsabgeordnete Nina Scheer und weitere Delegierte verlangten ehrgeizigere Positionierungen um Klimaschutz. Ein Antrag von Parteilinken, sofort über ein Ende der Koalition zu entscheiden und den Leitantrag inhaltlich nachzuschärfen, fand aber keine Mehrheit.