Oppositionsfraktionen dringen auf offene Abstimmung über Wahlrechtsreform
Im anhaltenden Streit um die Wahlrechtsreform wollen FDP, Grüne und Linke die Koalition zu einer Entscheidung zwingen.

Das Wichtigste in Kürze
- Entwurf von FDP, Grünen und Linken soll nächste Woche final behandelt werden.
Die drei Fraktionen beantragten nach Angaben vom Mittwoch, ihren Gesetzentwurf für eine Reform für Freitag kommender Woche zur Abstimmung auf die Tagesordnung des Bundestags zu setzen. Sie appellierten zugleich an die Koalitionsfraktionen, «möglichst den sogenannten Fraktionszwang aufzumachen und die Abstimmung freizugeben», wie der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Marco Buschmann, sagte.
Der gemeinsame Gesetzentwurf der drei Fraktionen liegt bereits seit Monaten vor. Gesetzentwürfe von der Koalition gibt es hingegen nicht. Bisher konnten sich SPD, CDU und CSU auch auf kein gemeinsames Konzept für die Wahlrechtsreform einigen, die eine weitere Vergrösserung des Bundestags verhindern soll.
Die nächste Woche ist die letzte Bundestagssitzungswoche vor der parlamentarischen Sommerpause. Während der Sommerpause könnten bereits erste Listenaufstellungen für die Bundestagswahl im Herbst 2021 beginnen, warnte Buschmann. Er wies zudem darauf hin, dass Deutschland im Falle einer Wahlrechtsreform erst im Herbst «internationale Standards reissen» würde, denn es werde empfohlen, «dass ein Jahr vor der Wahl die Spielregeln klar sein» sollten. «Deswegen schliesst sich das Zeitfenster» für die Reform.
«Die Zeit drängt», betonte auch die parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Britta Hasselmann. «Wir dürfen nichts unversucht lassen, um zu einem Ergebnis zu kommen.» Hasselmann wies der CSU die Hauptschuld an den stockenden Reformbemühungen zu. «Wir können uns als Parlament nicht der Blockade der CSU hingeben und einfach weiter zuwarten.»
Sie appellierte daher an die Abgeordneten der Koalitionsfraktionen, «sich einen Ruck zu geben» und für den Oppositionsentwurf zu stimmen. Buschmann verwies auf die Möglichkeit einer namentlichen Abstimmung. Danach müsse sich jeder Abgeordnete, der den Reformvorschlag ablehnt, «im Wahlkreis auf interessante Debatten gefasst machen».
Ob der Oppositionsvorschlag tatsächlich kommende Woche abgestimmt wird, ist noch offen. Die Koalitionsfraktionen können das mit ihrer Mehrheit verhindern. Für diesen Fall wollen FDP, Grüne und Linke zumindest eine Debatte im Plenum zu der Wahlrechtsreform erzwingen. «Die Koalition hat keine Chance, das Thema zu blockieren», sagte Buschmann.
Hasselmann wies darauf hin, dass der Innenausschuss des Bundestags den Entwurf kommende Woche Mittwoch abschliessend diskutieren soll. Auch hier könnten die Koalitionsfraktionen aber eine erneute Vertagung durchsetzen.
Der Gesetzentwurf sieht im Kern vor, die Zahl der Wahlkreise zu senken. Diese müssten somit neu eingeteilt werden. FDP, Grüne und Linke räumten am Mittwoch ein, dass dies weitere Zeit in Anspruch nehmen würde. Der Linken-Wahlrechtsexperte Friedrich Straetmanns zeigte sich dennoch zuversichtlich: Es sei zwar zeitlich «ausserordentlich eng», aber «technisch ginge es noch».