Die EU-Staaten suchen weiterhin nach einer Lösung für die Seenotrettung. Dazu müsse zuerst eine Einigung über die geplante Asylreform erzielt werden.
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Retter von der «Ocean Viking» nähern sich vor Libyen einem Boot in Seenot mit 30 Menschen an Bord. - dpa
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die EU-Staaten suchen weiterhin nach einer Lösung für die Seenotrettung.
  • Gemäss Bundesinnenminister Seehofer sind alle 27 Länder an einer Regelung interessiert.
  • Doch zuerst müsse eine Einigung über die geplante Asylreform erzielt werden.

Auf der Suche nach einer Lösung für die Seenotrettung kommen die EU-Staaten nicht voran. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) betonte zwar am Dienstag nach Beratungen, alle 27 Länder seien an einer nachhaltigen Regelung interessiert.

Bei der Videokonferenz mit seinen EU-Amtskollegen wurde aber auch klar: Eine dauerhafte Lösung für den Umgang mit den Bootsmigranten wird es erst dann geben wird, wenn eine Einigung über die geplante gemeinsame Asylreform erzielt wird. Bei diesem Vorhaben kommt die Staatengemeinschaft allerdings seit Jahren kaum voran. Im September will die EU-Kommission neue Vorschläge vorlegen.

Bis zu einem Abschluss der Reform – frühestens im nächsten Jahr – ist in Sachen Seenotrettung also weiterhin Krisendiplomatie gefragt. Seehofer sagte zu, dass Deutschland sich bei übermässiger Belastung Italiens und Maltas weiter an der Aufnahme von Bootsmigranten beteiligen werde. Zugleich gab er sich mit Blick auf die Asylreform optimistisch. Er sei zuversichtlich, dass unter deutscher EU-Ratspräsidentschaft einiges erreicht werde könne.

Fast alle EU-Mitgliedsstaaten zu Solidarität bereit

Noch bis Ende des Jahres leitet Seehofer die Treffen mit seinen Amtskollegen und will alles daran setzen, die Reform voranzubringen. Seine Staatssekretäre sollten das Alltagsgeschäft verstärkt selbst in die Hand nehmen, damit er sich diesem Thema voll zuwenden könne. «Bei mir ist nochmal ein richtiges Feuer heute entzündet worden.»

Mit Blick auf die Seenotrettung sagte Seehofer grundsätzlich: «Fast alle Mitgliedstaaten, in unterschiedlicher Form, sind da zur Solidarität bereit.» Einige Minister hätten erklärt, ihr Land könne Kontrollschiffe, Personal oder Geld zur Verfügung stellen. Die Bereitschaft mitzumachen sei auch von Staaten gekommen, «von denen man das bisher nicht gehört hat», sagte Seehofer. «Es ist ein sehr, sehr dickes Brett, das wir hier zu bohren haben.»

Horst Seehofer
Auch Horst Seehofer war für die Veröffentlichung AfD-kritischer Äusserungen vom Bundesverfassungsgericht gerügt worden. - dpa

Bis es eine Dauerlösung gebe, seien zwölf Länder «prinzipiell» bereit, unverhältnismässig belasteten Ländern zu helfen. «Wenn klar ist, es gibt eine Dauerlösung».

Im September hatte Seehofer sich mit seinen Kollegen aus Malta, Italien und Frankreich auf eine Übergangsregelung für die Seenotrettung geeinigt. Darauf wollte er bei der Videokonferenz am Dienstag eigentlich aufbauen. Auf 12 bis 14 EU-Staaten, die sich beteiligen, hoffte Seehofer damals. Sein maltesischer Kollege Michael Farrugia sagte gar: «Wir haben begonnen, Geschichte zu schreiben.»

Tatsächlich wurde diese Geschichte seitdem allerdings kaum fortgeschrieben. Denn neben Deutschland und Frankreich beteiligen sich meist nur wenige Länder wie Luxemburg und Irland an der Aufnahme von Bootsmigranten.

Humanitäre Notlagen auf Rettungsschiffen

Zwar gab es zunächst eine deutliche Verbesserung. Die Migranten sassen nicht mehr wochenlang im Mittelmeer auf Rettungsschiffen fest, weil Italien und Malta die Einfahrt in Häfen verwehrten. Dann aber kam die Corona-Krise; das von der Pandemie besonders betroffene Italien und Malta erklärten, den Schiffen keine sicheren Häfen mehr bieten zu können. Im März lief die Malta-Einigung ohnehin aus.

Ocean Viking
Das private Rettungsschiff «Ocean Viking» der Seenotrettungsorganisation SOS Méditerranée auf dem Mittelmeer. - dpa

Die Situation für die Migranten ist heute wieder wie vor der Malta-Einigung. Immer wieder entstehen humanitäre Notlagen auf den Schiffen. Von Hungerstreik und Suizidversuchen berichtete der Betreiber der «Ocean Viking», die 180 Menschen im Mittelmeer gerettet hatte, zuletzt.

Auf einem anderen Schiff müssen Medienberichten zufolge mehr als 50 Gerettete seit dem Wochenende in dreckigen Tierställen schlafen. Bei jedem dieser Fälle muss kurzfristig geklärt werden, ob EU-Länder zur Aufnahme der Menschen bereit sind.

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