Kirchen, Politiker und Sozialverbände haben sich für die Aufnahme von Flüchtlingskindern aus überfüllten Lagern in Griechenland ausgesprochen.
Flüchtlingslager auf Lesbos
Flüchtlingslager auf Lesbos - AFP/Archiv
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Das Wichtigste in Kürze

  • Kirchen, Verbände und Politiker fordern humanitäre Geste.

Dies hatte am Wochenende Grünen-Chef Robert Habeck gefordert. Die Bundesregierung lehnt eine einseitige humanitäre Geste aber ab: Für das Problem müsse eine europäische Lösung gefunden werden, sagte Vizeregierungssprecherin Ulrike Demmer am Montag in Berlin.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) warnte in der «Süddeutschen Zeitung» (Dienstagsausgabe) vor einem «Sogeffekt», wenn Deutschland zusätzlich Flüchtlinge aus Griechenland aufnehme, und verwies auf geleistete humanitäre Hilfe. «Wir haben gehandelt», sagte er der «SZ». Weiter warnte er vor einem neuen Ansturm von «womöglich Hunderttausenden» Flüchtlingen.

Das Bundesinnenministerium verwies darauf, dass für die Kinder - anders als etwa bei der Seenotrettung - «keine unmittelbare Lebensgefahr» bestehe. Ein Sprecher räumte ein, dass die Lage der Flüchtlinge in Griechenland «nicht tragbar» sei, pochte aber auf eine europäische Entscheidung. Die EU ist jedoch in der Flüchtlingsfrage tief gespalten.

Der Ratspräsident der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm, forderte im Bayerischen Rundfunk wie Habeck von Deutschland ein «humanitäres Zeichen». Diakonie-Präsident Ulrich Lilie bezeichnete die Aufnahme der Flüchtlingskinder als machbar: «Die Aufnahme von 4000 Kindern und Jugendlichen würde weder die deutschen und erst recht nicht die europäischen Möglichkeiten überfordern.»

Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, rief in der «Passauer Neuen Presse» dazu auf, die «europäische Gleichgültigkeit in der Flüchtlingsfrage» zu überwinden. Caritas-Präsident Peter Eher verwies auf die «hoffnungslose» Lage in den griechischen Lagern. Auch er warb für ein «mutiges Zeichen der Solidarität» durch eine Flüchtlingsaufnahme in Deutschland.

«Zeigen wir endlich mehr Humanität und Solidarität, nicht nur zur Weihnachtszeit», sagte Aussen-Staatsminister Michael Roth (SPD) dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Dienstagsausgaben). Dabei könne es auch ein Vorangehen durch aufnahmewillige Gemeinden geben, wenn die EU nicht zu einer gemeinsamen Linie finde.

Politiker von CDU und CSU sprachen sich gegen eine Flüchtlingsaufnahme aus. Den Kindern «kann und muss am wirksamsten vor Ort geholfen werden», sagte Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) der «Passauer Neuen Presse». CDU-Vizechef Thomas Strobl sagte den Funke-Zeitungen vom Dienstag: «Das ist eine europäische Herausforderung.» Ein «deutscher Sonderweg» sei keine Lösung.

Mehrere Bundesländer wie etwa Thüringen und Berlin haben sich bereits zur Aufnahme einer begrenzten Zahl von Flüchtlingskindern bereit erklärt. «Diese Bereitschaft sollte man annehmen», forderte Bedford-Strohm. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann sagte der «Stuttgarter Zeitung» und den «Stuttgarter Nachrichten» (Dienstagsausgaben), auch sein Land sei zur Aufnahme eines Sonderkontingents von Flüchtlingen bereit.

Rechtliche Voraussetzung wäre allerdings die Zustimmung der Bundesregierung. «Das Bundesinnenministerium darf die Bundesländer nicht daran hindern, unbegleitete minderjährige Schutzsuchende aufzunehmen», forderte daher Linken-Parteichef Bernd Riexinger. Den Einwand einer fehlenden europäische Lösung kritisierte er als «vorgeschoben».

Habeck hatte sich am Wochenende dafür ausgesprochen, aus humanitären Gründen mehrere tausend Kinder, von denen viele als unbegleitete Flüchtlinge in den Lagern in Griechenland festsitzen, nach Deutschland zu holen. Für eine begrenzte Aufnahme von Flüchtlingskindern hatte zuvor auch Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) geworben.

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