Britischer Premierministerin May läuft in Brexit-Krise die Zeit davon
Auf der Suche nach einem Weg zu einem geordneten Brexit wird für Theresa May die Zeit knapp.

Das Wichtigste in Kürze
- Gespräche mit Merkel und Macron am Dienstag vor EU-Sondergipfel.
Vor dem EU-Sondergipfel setzt die britische Premierministerin am Montag zunächst ihre Verhandlungen mit der Opposition fort. Am Dienstag stehen für May dann Gespräche in Berlin bei Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und in Paris an. Das britische Parlament arbeitet unterdessen daran, einen No-Deal-Brexit zu verhindern.
May muss der EU bis zum Sondergipfel am Mittwoch mitteilen, wie Grossbritannien beim Brexit weiter vorgehen will, nachdem das Parlament ihr Brexit-Abkommen bereits drei Mal abgelehnt hat. Sie hofft darauf, dass die übrigen EU-Staats- und Regierungschef einem weiteren Aufschub des Austrittstermins zustimmen. May wollte eine Verlängerung bis zum 30. Juni beantragen.
Am Dienstagmittag wird May sich daher in Berlin zu Brexit-Gesprächen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) treffen. Anschliessend reist die Premierministerin weiter nach Paris, um dort mit Präsident Emmanuel Macron zu beraten. Ohne einer einstimmigen Zustimmung des EU-Gipfels zu einem erneuten Aufschub würde schon am Freitag ein No-Deal-Brexit drohen.
Parallel zu ihren Terminen in Deutschland und Frankreich muss May am Dienstag ausserdem möglicherweise einen neuen Brexit-Antrag im Parlament einbringen. Ob es dazu kommt, hängt davon ab, ob das britische Oberhaus sich am Montag dem Unterhaus anschliesst und ein Gesetz verabschiedet, das einen No-Deal-Brexit ausschliesst. Es würde May dazu verpflichten, bei der EU um eine Fristverlängerung zu bitten. Gleichzeitig müsste sie in ihrem neuen Antrag die Länge der geplanten Frist benennen.
In der Hoffnung auf Fortschritt nach einer monatelangen Hängepartie war May in der vergangenen Woche auf Labour-Chef Jeremy Corbyn zugegangen und hatte Verhandlungen mit ihm aufgenommen - ein Schritt, der ihr viel Kritik von den Brexit-Hardlinern in ihrer konservativen Partei einbrachte.
Der frühere Aussenminister Boris Johnson, einer von Mays stärksten parteiinternen Rivalen, schrieb in einer Kolumne für den «Daily Telegraph», Mays Verhandlungsangebot an Corbyn sei «so entmutigend, dass man es kaum glauben kann». Dennoch wollte May die Gespräche am Montag fortsetzen. Ein Regierungssprecher sagte, das Ziel sei, den Tag über mit der Opposition im Kontakt zu bleiben - in der Hoffnung, dass das später am Tag zu offiziellen, persönlichen Gesprächen führe.
Corbyn fordert unter anderem, dass das Vereinigte Königreich in einer Zollunion mit der EU bleibt. Gleichzeitig bekommt auch er Gegenwind in seiner Partei: Achtzig Abgeordnete unterzeichneten einen Brief an den Parteichef, in dem sie ihn auffordern, in den Gesprächen eine Garantie für ein zweites Brexit-Referendum über ein etwaiges Abkommen auszuhandeln.
May hatte zuletzt am Freitag um eine Fristverlängerung bis Ende Juni gebeten. EU-Ratspräsident Donald Tusk hatte seinerseits einen «flexiblen» Brexit-Aufschub von zwölf Monaten ins Spiel gebracht. In diesem Fall müsste Grossbritannien an der Europawahl teilnehmen, die vom 23. bis zum 26. Mai stattfindet.
Der britische Aussenminister Jeremy Hunt versprach seinen EU-Kollegen bei einem Treffen in Luxemburg, May werde «nichts unversucht lassen», um den Brexit zum Erfolg zu führen. Die Gespräche mit der Labour-Opposition bezeichnete er als «sehr, sehr schwierig».
Falls Grossbritannien eine weitere Verschiebung des Brexit-Datums brauche, sollte diese gewährt werden, sagte Finnlands Aussenminister Timo Soini. Er hoffe, dass Grossbritannien in einem geordneten Verfahren austreten könne. Zu Forderungen nach einem zweiten Brexit-Referendum sagte Soini: «Ich denke, dass die britische Bevölkerung zu Wort gekommen ist.» Der spanische Aussenminister Josep Borrell sagte, ein chaotischer Austritt Grossbritanniens ohne Vertrag sei im Interesse von niemandem.