Krieg in Europa und der Kampfjet F-35 auf Seiten der Nato im Einsatz: Der Ukraine-Krieg gibt neuen Diskussionsstoff für die Schweizer Kampfjet-Beschaffung.
F-35
Die F-35 des US-Herstellers Lockheed Martin während der Evaluation in der Schweiz auf dem Flughafen Payerne. - Nau.ch
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die USA setzen im Rahmen des Ukraine-Konflikts insbesondere auch auf F-35-Kampfjets.
  • Die Schweiz will diesen Typ ebenfalls beschaffen.
  • Befürworter und Gegner des F-35 sehen sich aufgrund der aktuellen Ereignisse bestätigt.

Der Ukraine-Krieg ist zum Krieg eskaliert. Damit fühlen sich diejenigen Kreise bestätigt, die schon seit Jahren warnen, ein bewaffneter Schlagabtausch sei auch in Europa nicht ausgeschlossen. So betont auch Bundesrat Ueli Maurer noch am Donnerstagabend, wie wichtig die Schweizer Luftwaffe und deren Erneuerung sei.

Ueli Maurer Wladimir Putin
Der damalige Bundespräsident Ueli Maurer bei einem Arbeitsbesuch beim russischen Präsidenten Wladimir Putin, am 21. November 2019 in Moskau. - Keystone

Damit erhält die Debatte um die Kampfjet-Beschaffung und den Entscheid zugunsten des F-35 eine neue Dimension. Denn zur Unterstützung der Nato-Partner an der Ostgrenze des Militärbündnisses schickt die USA ihre Hightech-Flieger vor.

F-35 Ukraine-Konflikt Deutschland
Ein US-Kampfflugzeug vom Typ F-35 fliegt über der Eifel bei Spangdahlem. Bereits vor einigen Tagen wurden wegen dem Ukraine-Konflikt Tarnkappenjets auf den Luftwaffenstützpunkt Spangdahlem v - Keystone

F-35 sollen vorerst die Nato-Ostflanke schützen, zum Beispiel im Baltikum, dessen Staaten keine eigene Luftwaffe haben. Die Schweiz beabsichtigt, drei Dutzend dieser Tarnkappen-Kampfjets vom US-Hersteller Lockheed Martin kaufen.

F-35: Befürworter und Gegner sehen sich durch Ukraine-Krieg bestätigt

Der gleiche Kampfjet, den auch die Schweiz bestellen will, wird also in einem realen Szenario wie dem Ukraine-Krieg eingesetzt. Befürworter und Kritiker des F-35 im Parlament sehen sich gleichermassen bestätigt.

STOP F35
Nationalrätin Marionna Schlatter, Grüne ZH, Jonas Kampus, GSoA und Nationalrätin Priska Seiler Graf, SP-ZH, von links, äussern sich bei der Lancierung der Stop F-35 Initiative. - Keystone

Für SP-Nationalrätin Priska Seiler Graf hinkt der Vergleich, doch dies sei genau der entscheidende Punkt. Denn: «Die USA würde den F-35 als Angriffsmittel und nicht zur Verteidigung einsetzen.» Deshalb sei der F-35 nicht der geeignete Kampfjet-Typ für die Schweiz, «Ukraine-Krieg hin oder her».

Thierry Burkart Stop F-35
FDP-Präsident Thierry Burkart an der Delegiertenversammlung der FDP in Montreux, am 12. Februar 2022. Via Twitter fordert er nichts weniger als den Stopp der Stop-F-35-Kampagne. - Keystone / Screenshot Twitter

Dem widerspricht FDP-Präsident Thierry Burkart, der die Eskalation in der Ukraine-Krise sehr wohl als relevant für die Schweiz betrachtet. «Der aktuelle Konflikt zeigt, dass die Behauptungen der GSoA, SP und Grünen falsch sind», sagt Burkart zu Nau.ch. Die Gegner des F-35 hätten verschiedene Behauptungen aufgestellt, von denen sie aufgrund der aktuellen Entwicklung eingeholt würden.

FDP: «Bedroht wie seit Jahrzehnten nicht mehr»

Burkart verweist dazu auf die Aussage, eine Bedrohung der Sicherheit in Europa wie im Kalten Krieg könne nicht mehr vorkommen. «Derzeit ist die Sicherheit in Europa so bedroht wie seit Jahrzehnten nicht mehr.» Ganz offensichtlich handle es sich auch nicht nur um Cyber-Angriffe, sondern Kampfführung mit konventionellen Mitteln. «Die russischen Truppenaufmärsche zeigen, dass sich die Schweiz in allen Ebenen gegen Bedrohungen verteidigen können muss.»

Ukraine Konflikt Kiew Explosion
Trümmer nach einer Explosion in Kiew, Ukraine, 24. Februar 2022. - EPA

Diametral anders sieht dies Sicherheitspolitikerin Marionna Schlatter (Nationalrätin Grüne). Die Ukraine-Krise zeige vor allem, dass die Antwort auf einen Krieg nicht Kampfjets sein könne. Der gravierenden Verletzung internationalen Rechts müsse mit Stärkung der supranationalen Diplomatie und der Rechtsstaatlichkeit begegnet werden. «Wenn wirklich ein Krieg die Schweiz/Europa bedrohen würde, so würden auch 36 F-35 nichts nützen.»

Abhängigkeit oder Kooperation mit Nato?

Nicht nur die Ukraine, auch die Nato steht aktuell im Fokus. Das Verhältnis zum westlichen Bündnis im Zusammenhang mit der Beschaffung des F-35 interpretieren beide Lager jedoch wiederum konträr.

Beeinflusst die Ukraine-Krise ihre Haltung gegenüber dem Kauf von F-35-Kampfjets?

«Was soll denn das realistische Szenario sein, in welchem die neutrale Schweiz einen Tarnkappenbomber braucht?», fragt Priska Seiler Graf. Die SP wolle einen Kampfjet, aber einen mit möglichst kleiner Abhängigkeit zur USA und zur Nato.

Für Thierry Burkart ist aber europäische Zusammenarbeit beim Schutz des Luftraums eine Selbstverständlichkeit. Der F-35 sei das am weitesten verbreitete Kampfflugzeug, da acht europäische Staaten in- und ausserhalb der Nato auf ihn setzten. Deshalb tue die Schweiz gut daran, diesen Typ zu beschaffen.

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Die Fahnen der Nato. - Keystone

Während Burkart klare Vorteile für das Pro-Lager sieht, ist sich Seiler Graf unschlüssig. Zum jetzigen Zeitpunkt lasse sich unmöglich vorhersehen, ob der Ukraine-Krieg den Gegnern oder Befürwortern des F-35 nützen werde. Sie bleibe dabei: Die Schweiz brauche keinen Tarnkappenbomber mit Gefahr von überbordenden Kosten, sondern einen wendigen Jäger mit guter Steigleistung. «Auf diese Argumente hat der Ukraine-Krieg keinen Einfluss.»

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