SP-Ständerat Hans Stöckli will sich nicht dafür rechtfertigen, dass er ein Mann ist. Im Interview wird es ihm bei der x-ten Frage zum Thema zu viel.
Hans Stöckli
SP-Ständerat Hans Stöckli greift sich an den Kopf ob der Frage eines «Bund»-Journalisten. - Screenshot Tamedia
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Das Wichtigste in Kürze

  • SP-Ständerat Hans Stöckli ist im zweiten Wahlgang mit Bestresultat wiedergewählt.
  • Allerdings werden so zwei Männer den Kanton Bern vertreten.
  • Die Frage, ob er zugunsten von Regula Rytz verzichten sollte, versetzt Stöckli in Rage.

«Diese Wahlen werden als Frauen- und Klimawahl in die Geschichte eingehen. Trotzdem haben Sie es mit grossem Vorsprung auf Regula Rytz geschafft. Wie erklären Sie sich das?»

Bei dieser Frage war für Hans Stöckli, 67, SP-Ständerat des Kantons Bern, die Welt noch in Ordnung. Schliesslich hatte er soeben die Wiederwahl geschafft, wie schon 2015 aber erst im zweiten Wahlgang. Doch der «Bund»-Videojournalist beharrt darauf, dass doch Stöckli eigentlich fehl am Platz sei. Da wird es dem Roten auf dem rot-grünen Ticket zu bunt.

Regula Rytz
Regula Rytz, Präsidentin Grüne, steht (etwas) im Regen auf dem Weg zum Rathaus, während dem 2. Wahlgang der Ständeratswahlen des Kantons Bern, am Sonntag, 17. November 2019. - Keystone

Kein Frauenexperte, weil Mann

Stöckli erklärt zunächst geduldig, wohl nicht zum ersten Mal an diesem Sonntag, dass zweite Wahlgänge eigene Gesetze hätten. Dass er von den Stimmen der Frauen und Grünen profitiert habe, die ihn zusammen mit Grünen-Präsidentin Regula Rytz wählten. «Ich möchte ihr recht herzlich danken – es ist schade, hat es für sie nicht gereicht!»

Rytz sei wohl etwas ausgebremst worden nach dem ersten Wahlgang, durch Themen wie Bundesratsbeteiligung und ihre Funktion als Parteipräsidentin. Doch der Journalist setzt nach: Hat Hans Stöckli nicht die Klimabewegung, die Frauenstreik-Anliegen durch seine eigene Kandidatur ausgebremst? Überhaupt nicht, findet Stöckli: Klimamässig sei er vorne mit dabei. Nur frauenmässig nicht so: «Weil ich ja ein Mann bin…».

«Das ist eine diskriminierende Aussage!»

Stöckli zeigt Bedauern darüber, dass nun – mit ihm und Werner Salzmann (SVP) – zwei Männer den Kanton Bern vertreten. «Hätten Sie nicht zur Seite treten können, Regula Rytz den Vortritt lassen in dieser Frauenwahl?» Das Nachhaken des Journalisten irritiert und verärgert Hans Stöckli. Die Frage sei sehr kurios, insbesondere weil er rund 15'000 Stimmen mehr gemacht habe als Regula Rytz.

Hans Stöckli Simonetta Sommaruga
SP-Bundesrätin Simonetta Sommaruga gratuliert Hans Stöckli zur Wiederwahl in den Ständerat. - sda - Key-sda/Christian Zingg

Jetzt kehrt Stöckli den Spiess um: Jetzt stellt er die Fragen. Warum er, als vom Volk mit Bestresultat Gewählter, zuerst vom Chefredaktor und dann vom Videojournalist zum Verzicht aufgefordert werde?

Weil doch das Jahr der Frauenwahl sei. Weil doch Frau Rytz ohne die Kandidatur Stöckli eine bessere Chance gehabt hätte, tönt es im Video-Interview aus dem Off. Jetzt platzt Stöckli der Kragen: «Okay, und ich hätte bessere Chancen gehabt, wenn Frau Rytz nicht angetreten wäre! Das ist eine sehr heikle, sogar eine diskriminierende Aussage von Ihnen!»

Hans Stöckli versteht die Welt nicht mehr

Blankes Unverständnis bei Hans Stöckli: «Das Volk hat zweimal entschieden, dass der Mann an erster Stelle liegt. Und der ‹Bund› wirft mir vor, ich hätte verzichten sollen – da verstehe ich die Welt nicht mehr! Dann machen wir noch einen dritten Wahlgang, bis eine Frau gewählt ist?»

Regula Rytz Hans Stöckli
Regula Rytz (Grüne) und Hans Stöckli (SP) informieren über ihre gemeinsame Kandidatur für den Ständerat im 2. Wahlgang. - Keystone

Ein Rücktritt unmittelbar nach einer Wahl wäre in der Tat, um Stöckli zu zitieren, «kurios». Vor der Wahl zugunsten der Kandidatin einer anderen Partei zu verzichten, weil, Zitat «Bund», «wir gerne mehr Frauen sehen möchten»: Ebenfalls kurios.

Wegen kuriosen Fragen aufzubrausen, Mahnfinger zu zeigen und Leviten zu lesen: Nicht sehr professionell. Gerade für einen 67-jährigen ex-Stadtpräsidenten, ex-Grossrat, ex-Nationalrat und nach-wie-vor-Ständerat. Immerhin fängt sich Stöckli gegen Ende des Interviews: «Das ist ja, also… okay, ich sag jetzt nichts mehr.» Nur um noch anzuhängen: «Ich nehme an, es ist Ihnen nicht ernst mit dieser Frage.»

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