Angelo Barrile, schwuler SP-Nationalrat, wirbt für ein Ja zur Erweiterung der Anti-Rassismus-Strafnorm. Wer Ja stimmt, bekommt vom Zürcher einen Kuss zum Dank.
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Niemand dürfe wegen seiner sexuellen Orientierung diskriminiert werden. Bundesrat und Parlament empfehlen, am 9. Februar 2020 Ja zu stimmen. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Angelo Barrile will mit einem Kuss beschenken, wer zur Anti-Rassismus-Strafnorm Ja sagt.
  • Der SP-Nationalrat fürchtet nicht, dass die Abstimmung am 9. Februar verloren geht.
  • Vielmehr will er auf den Umgang mit Homosexuellen und Klischees aufmerksam machen.

Hass und Hetze ist strafbar: Wer öffentlich gegen eine Person oder eine Gruppe von Personen wegen ihrer «Rasse», Ethnie oder Religion zu Hass oder Diskriminierung aufruft, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. Am 9. Februar stimmt die Schweiz darüber ab, ob das Gesetz auch auf Diskriminierung wegen sexueller Orientierung anwendbar sein soll.

Die Chancen für ein Ja stehen gut. Im Dezember waren 69 Prozent für die Erweiterung. Doch die Gegner legten jüngst zu. Nicht zuletzt, weil sich auch Homosexuelle gegen das «Zensurgesetz» stellten, wie Kritiker das Würde-Schutz-Gesetz gerne nennen.

Angelo Barrile: Liebe ist stärker als Hass

Angelo Barrile zündet darum die Schluss-Offensive. Unter dem Motto «One Vote, One Kiss» lanciert er seine Aktion, um Wähler in zwei Wochen zu einem Ja zu bewegen. Dafür verspricht er eine ungewöhnliche Belohnung.

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Angelo Barrile (SP) spricht im Nationalrat. - Keystone

Wer den Stimmzettel mit einem Ja ausfüllt, soll diesen fotografieren und im Internet posten. «Dann kriegst du von mir – falls du es wünschst – einen Kuss auf die Wange, wenn wir uns das nächste Mal sehen. Denn Liebe ist stärker als Hass», erklärt der SP-Nationalrat.

«Die Idee kam mir spontan in den Sinn», erklärt der Zürcher auf Anfrage. «Ich höre oft: ‹Wir akzeptieren euch Schwule schon, aber küsst euch nicht in der Öffentlichkeit›. Mit der Aktion will ich mich bewusst bei meinen Unterstützern bedanken, weil sie das eben nicht stört.»

«Tu' nicht so schwul, dann nimmt man dich auch ernst»

Doch bedient Barrile mit der Aktion nicht gerade ein Schwulen-Klischee? «Natürlich kokettiere ich auch mit diesen Klischees. Die Aktion ist deshalb auch mit einem Augenzwinkern gedacht.»

Er erfahre selbst oft, dass er als Homosexueller in Klischees gedrückt werde. «Gleichzeitig heisst es: ‹Tu' nicht so schwul, dann kommst du besser an und man hört dir zu›. Aber ich habe mich zu lange verstellt und versteckt. Ich will so sein dürfen, wie ich eben bin.» Denn das sehe er auch als Teil seiner Aufgabe als Politiker: «Als Vorbild hinstehen und keine Angst vor negativen Reaktionen haben. Das ist ein wichtiges Zeichen für andere.»

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Angelo Barrile, Nationalrat SP aus dem Kanton Zürich. - Keystone

Wie die Aktion ankommen wird, kann Angelo Barrile nicht sagen. «Ich weiss nicht, wie viele Küsse ich werde verteilen müssen – vielleicht muss ich dann eine Veranstaltung machen. Aber ich bin bereit – es kann ja dann auch eine Umarmung oder ein Handschlag sein. Auf jeden Fall kann ich die Gelegenheit nutzen für ein Gespräch.»

Allerdings: Angst, dass das Stimmvolk bei der Abstimmung Nein sagt, hat er nicht. «Ich bin überzeugt, dass die Mehrheit ein Zeichen setzen wird.» Die meisten Schweizer seien nicht homophob – obwohl es noch immer viel Schwulenfeindlichkeit gebe in Kreisen, in denen es nicht erwartet wird.

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