Der Nationalrat will das öffentliche Beschaffungswesen bereits wieder revidieren, namentlich zur Vorbeugung von sexueller Belästigung.
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Die Wirtschaftskommission des Nationalrats (WAK-N) will mit dem Vorschlag eine Gesetzeslücke schliessen. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die erste Motion hiess der Nationalrat mit 103 zu 78 Stimmen gut; mit Nein stimmten SVP und FDP.

Die erste Motion hiess der Nationalrat mit 103 zu 78 Stimmen gut; mit Nein stimmten SVP und FDP. Die zweite nahm die grosse Kammer mit 93 zu 86 Stimmen an; neben SVP und FDP sagten auch Mitglieder der Mitte-Fraktion Nein dazu. Beide Motionen gehen an den Ständerat.

Mit der ersten Motion sollen Lücken bezüglich sozialer Mindestnormen geschlossen werden. Fehlender Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz, fehlender Schutz vor Mobbing und sexueller Belästigung, exzessive Arbeitszeiten, informelle Arbeitsbeziehungen oder ausbeuterische Löhne sollen als Ausschlusskriterien angewendet werden können.

Mit der zweiten Motion soll garantiert werden, dass Aufträge nur an Unternehmen vergeben werden, die für ihre Angestellten einen wirksamen Schutz vor Mobbing und sexueller Belästigung vorsehen. Dies soll mit Blick auf Vergaben ebenso kontrolliert werden wie die Lohngleichheit für Frau und Mann.

Verfasst hat beide Motionen die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates (WAK-N). Sprecher Martin Landolt (Mitte/GL) sagte, die Verordnung setze das Gesetz über öffentliche Beschaffungen nicht durchwegs um, wie es das Parlament gewünscht habe. Deshalb beantrage die Kommission nun Präzisierungen.

Bürgerliche Minderheiten und der Bundesrat stellten sich gegen die Motionen, unter anderem, weil sie ihnen zu früh kommen. Mit dem neuen Beschaffungsrecht werde erst seit gut einem Jahr gearbeitet, argumentierte Thomas Burgherr (SVP/AG). Das Niveau der sozialen Normen der Schweiz sei bereits hoch.

Für den Schutz vor Mobbing und sexueller Belästigung gebe es bereits Bestimmungen, ergänzte Esther Friedli (SVP/SG). Die Gegner beider Motionen argumentierten zudem mit den immer höheren Hürden für Betriebe in Beschaffungsprozessen.

Finanzminister Ueli Maurer erinnerte an die langwierige Arbeit bei Bund, Kantonen und Gemeinden am neuen Beschaffungsrecht. Dessen Anwendung müsse sich erst einmal einpendeln. Das Gesetz bringe zudem sehr viel «neue Bürokratie». Der Schutz der Gesundheit der Arbeitnehmenden sei bereits eine Auflage bei Vergabungen.

Das totalrevidierte Bundesgesetz über das öffentliche Beschaffungswesen, das unter anderem der Nachhaltigkeit in der Beschaffung mehr Gewicht beimessen wollte, trat erst am 1. Januar 2021 in Kraft.

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