Im Nationalrat wird heute das Budget für das Jahr 2024 debattiert. Die Parteien sind sich einig: Es muss etwas passieren.
Finanzministerin Karin Keller-Sutter warnte in der Debatte vergeblich vor Mehrausgaben.
Finanzministerin Karin Keller-Sutter warnte in der Debatte vergeblich vor Mehrausgaben. - sda - KEYSTONE/PETER KLAUNZER

Das Wichtigste in Kürze

  • Im Nationalrat wird derzeit der Budgetvoranschlag für 2024 debattiert.
  • Es gilt, den Bundeshaushalt nach Corona wieder ins Gleichgewicht zu bringen.
  • Bürgerliche kritisieren zu hohe Pandemie-Ausgaben, SP die Armee, Grüne die Schuldenbremse.
Ad

Der Nationalrat beginnt am Donnerstag mit der Debatte über das Budget 2024: Der Ständerat hatte am Dienstag gegenüber dem Vorschlag des Bundesrates erhebliche Mehrhausgaben für Landwirtschaft, den öffentlichen Verkehr und die Regionalpolitik beschlossen – trotz angespannter Finanzlage.

Die Parteien haben zu dem Thema einiges zu sagen – niemand ist mit dem Voranschlag für 2024 so ganz zufrieden. Vor verschiedenen Seiten gibt es harsche Kritik an der bisherigen Ausgabenpolitik.

SVP-Guggisberg wirft anderen Parteien «verantwortungslose Ausgabenpolitik» vor

Gleich zu Beginn der Debatte warf SVP-Fraktionssprecher Lars Guggisberg den anderen Parteien eine «hemmungslose und verantwortungslose» Ausgabenpolitik vor. «Wir befinden uns finanzpolitisch im Dauerregen», sagte der Berner Nationalrat. Die Aussichten seien düster.

Bei sozialer Wohlfahrt und Entwicklungspolitik habe das Parlament mit immer grösserer Kelle angerichtet, so Guggisberg. Dagegen seien Landwirtschaft und Landesverteidigung vernachlässigt worden.

lars Guggisberg
Lars Guggisberg vertritt die SVP seit Dezember 2019 im Nationalrat. (Archivbild) - keystone

Guggisberg forderte, auf Experimente zur Umgehung der Schuldenbremse zu verzichten. Er forderte insbesondere mehr Ausgabendisziplin, was die Personalkosten des Bundes angehe, und eine Entflechtung der Aufgaben von Bund und Kantonen.

SP gibt Armeeausgaben die Schuld

Nach Auffassung der SP-Fraktion ist die «einseitige Ad-hoc-Erhöhung der Armeeausgaben» schuld an der schwierigen Haushaltslage des Bundes. Statt der Armee gelte es andere Bereiche finanziell zu stützen.

SP-Sprecherin Laurence Fehlmann Rielle (GE) erwähnte als Beispiele die Entwicklungshilfe, die Bildung und den Personenverkehr, die nicht vernachlässigt werden dürften. Ihre Basler Parteigenossin Sarah Wyss ergänzte weitere Prioritäten: den Erhalt der Kaufkraft und den Service public, den Klimawandel und die Gleichstellung.

Wyss plädierte weiter dafür, «Sorge zu tragen zu wichtigen Einnahmequellen». Steuerreformen müssten künftig kostenneutral umgesetzt werden. Ansonsten werde der finanzielle Handlungsspielraum des Bundes immer kleiner. «Das ist unverantwortlich.»

Mitte mahnt zu Disziplin

Auch Mitte-Nationalrat Markus Ritter (SG) mahnt das Parlament zu Ausgabendisziplin. «Es gibt viel zu tun.» Es gelte, den Bundeshaushalt wieder in Ordnung und ins Gleichgewicht zu bringen. Die strukturellen Defizite seien das Resultat einer ausufernden Politik der vergangenen Jahre.

«Während Corona war Klotzen angesagt, es gab eine Nonchalance», sagte Ritter als Sprecher der Mitte-Fraktion. Die parlamentarischen Kommissionen stellten immer mehr Aufgaben an den Bund. Das sei, wie wenn bei einer guten Milchkuh immer mehr Melker die Hand anlegen würden. «Es wäre nun wichtig, den Tierarzt zu rufen.»

Grüne kritisieren Budgetvoranschlag

Gemäss dem Solothurner Grünen-Nationalrat Felix Wettstein muss hingegen das Instrument der Schuldenbremse überdacht werden. Künftig solle die Schuldenquote zum Massstab genommen werden. Im internationalen Vergleich habe die Schweiz eine extrem tiefe Verschuldung.

Mit dem vorliegenden Voranschlag 2024 zeigte sich Wettstein in der Budgetdebatte des Nationalrates am Donnerstag unzufrieden. Die Nationalratskommission habe die Vorlage des Bundesrats sogar noch verschlechtert: «Aufrüsten der Armee, Zufüttern der Landwirtschaft, Kürzen bei der Sozialhilfe: Was ist das für ein Signal? Was ist das für ein Land? Ich finde, wir müssen uns schämen.»

Wettstein Grüne Nationalrat
Felix Wettstein (Grüne/SO) spricht im Nationalratssaal. - Keystone

Ob die Grünen dem Budget am Schluss der Debatte zustimmen werden, ist laut Wettstein offen. «Bisher ist es nicht unser Budget.»

Schuldenbremse für FDP nicht verhandelbar

Aus Sicht der FDP muss die Schweizer Finanzpolitik zu einer «gewissen Normalität» zurückkehren. Die letzten Jahre mit hohen ausserordentlichen Ausgaben hätten die verfassungsrechtlichen Limiten in der Finanzpolitik vergessen lassen.

Es sei klar, dass es so nicht weitergehen könne, sagte FDP-Fraktionssprecher Alex Farinelli (TI) am Donnerstagmorgen in der Budgetdebatte im Nationalrat. Aus Sicht der FDP sei die Schuldenbremse nicht verhandelbar, betonte Farinelli. Das Prinzip müsse sein, dass jede neue Ausgabe kompensiert oder gegenfinanziert werden müsse. Der Tessiner Nationalrat wandte sich dagegen, dass der Bund immer mehr Aufgaben der Kantone mitfinanziere.

GLP will Prioritäten setzen

Die Grünliberalen sehen die Bundesfinanzen derzeit noch im Lot. Dies habe aber auch die Begehrlichkeiten auf allen Seiten wachsen lassen. Und die Zukunft werde herausfordernd. «Wir haben gute Jahre mit guten Erträgen hinter uns», sagte GLP-Fraktionssprecher Martin Bäumle (ZH) am Donnerstag in der Budgetdebatte im Nationalrat. Die Zukunft werde aber schwierig werden.

Die Schweiz habe vor der Pandemie eine sehr gute Ausgangslage gehabt, so Bäumle. Und noch heute sei die Lage der Bundesfinanzen vertretbar. Die Schuldenbremse sei dazu ein Schlüssel. Das Parlament solle sich hüten, sie allzu sehr anzutasten.

Martin Bäumle
Martin Bäumle (GLP) im Interview mit Nau.ch. - Nau.ch

Als Bereiche, in denen Investitionen nötig sein würden, nannte Bäumle unter anderem die Bewältigung des Klimawandels, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie und den Wiederaufbau der Ukraine.

Das Parlament müsse lernen, beim Budget Prioritäten zu setzen, sagte der Zürcher Nationalrat. Dabei gehe es primär nicht um Kürzungen, sondern darum, das Ausgabenwachstum stärker zu dämpfen.

Ständerat will Kreditsperre

Auch die Finanzkommission des Nationalrats unterstützt Aufstockungen bei der Landwirtschaft, ist bei Regionalverkehr und Regionalpolitik aber weniger ausgabefreudig.

Sollte der Bund beim Budget 2024 stärkere Einsparungen planen?

Alles in allem resultierte aus den Beschlüssen des Ständerats ein strukturelles Defizit von gut 66 Millionen Franken – was die Schuldenbremse eigentlich nicht zulässt.

Damit die rechtlichen Vorgaben dennoch eingehalten werden können, entschied sich die kleine Kammer in der Folge für eine Kreditsperre – eine Anweisung an den Bundesrat, bei nicht gebundenen Ausgaben die bewilligten Kredite nicht auszuschöpfen.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

EntwicklungshilfeGleichstellungFinanzpolitikMarkus RitterKlimawandelGrüneBundesratParlamentStänderatFrankenCoronavirusSchweizer ArmeeGLPSVPFDPSPNationalrat