Kinderschutz: SP-Funiciello fordert Verantwortung des Staats
Statt Schutzkonzepten gegen Missbrauch in Kirchen und Vereinen soll der Bundesrat einen Prüfbericht machen. SP-Nationalrätin Tamara Funiciello ist enttäuscht.
00:00 / 00:00
Das Wichtigste in Kürze
- Der Bundesrat muss einen Prüfbericht für den Schutz von Kinder vor Missbrauch erstellen.
- Ursprünglich gefordert waren aber eine Pflicht zu Schutzkonzepten in Kirchen und Vereinen.
- Im Interview fordert Motionärin Tamara Funiciello (SP/BE) mehr Verantwortung der Behörden.
Es braucht Schutzkonzepte zur Prävention von Missbrauch bei Organisationen, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten. So lautet die Forderung, die gleichlautend von allen Parteien ausser der SVP eingereicht wurde.
Der Bundesrat solle die nötigen gesetzlichen Grundlagen sowie einen Massnahmenplan vorlegen. Dem hat der Nationalrat vor einem Jahr zugestimmt.
Nur: Der Bundesrat war schon damals aus formellen Gründen dagegen, denn es brauche dazu eine Verfassungsänderung. Aber man sei einverstanden, einen entsprechenden Prüfbericht zu verfassen. Der Ständerat änderte die Vorstösse entsprechend ab.
Gestern war nun wieder der Nationalrat an der Reihe. Zur Auswahl standen nur noch die abgeänderten Vorstösse oder der Rückweisungsantrag der SVP, die dies als Sache der Kantone betrachtet.
Mit 125 zu 66 sprach sich der Rat für den Prüfbericht aus. Die Berner SP-Nationalrätin Tamara Funiciello, eine der Urheberinnen des Vorstosses, hat indes für beide Varianten wenig Verständnis.

BärnerBär: Es braucht für Organisationen wie Kirchen, Schulen oder Vereine ein Schutzkonzept für Kinder und Jugendliche. Was ist der Grundgedanke hinter dieser überparteilichen Forderung?
Tamara Funiciello: Hinter dieser Forderung steht der Wille, dass man verhindert, dass Kinder an Orten, wo sie ihre Freizeit verbringen – aber auch zu Beispiel in der Schule – geschützt sind vor sexualisierten Übergriffen.
Wir haben in der Vergangenheit gesehen, dass es zu häufig zu Übergriffen kommt gegen Kinder. Und diese Organisationen haben kein Schutzkonzept, um das irgendwie zu verhindern. Das hat man mit dieser Motion ändern wollen.

BärnerBär: Jetzt sagt der Bundesrat: Gute Idee, aber wir können das rechtlich nicht. Es braucht eine Verfassungs-Grundlage. Der Ständerat ist dem gefolgt, hat den Vorstoss entsprechend abgeändert. Ist das nun besser als gar nichts?
Funiciello: Dann soll der Bundesrat doch bitte diese Verfassungs-Grundlage liefern, zum Beispiel. Denn es kann einfach nicht sein, dass wir dieses Problem von einem Ort zum andern verschieben. Irgendjemand muss Verantwortung übernehmen.
Wir haben ganz offensichtlich ein Problem: Das Problem, dass die Kinder Gewalt erleben. Zum Beispiel in der Kirche, wir haben es gerade letzte Woche erneut lesen können, mit dem Fall, der im Tessin publik wurde.
Das geht einfach nicht! Wir müssen garantieren können, dass dort, wo unsere Kinder hingehen, es ein Schutzkonzept gibt. Dass es dort Massnahmen gibt, die versuchen zu verhindern, dass die Kinder Gewalt erleben.
Ob nun der Bund, die Kantone oder die Gemeinden zuständig sind, ist mir am Ende des Tages eher egal. Aber irgendjemand muss die Verantwortung übernehmen.

BärnerBär: Was heisst das jetzt, wenn man nun «nur» einen Bericht macht und dann weiterschaut?
Funiciello: Es ist etwas auf die lange Bank geschoben. Man kann diesen Bericht schon machen. Danach kann man schauen, welches die Massnahmen sind, die der Bund ergreifen kann.
Aber ich erhoffe mir schon stark, dass das Resultat von diesem Bericht auch ist: Wir müssen etwas tun – irgendjemand muss etwas tun.
Wenn das nicht so sein sollte, müssen wir halt schauen, ob wir hier im Parlament halt die Verfassungs-Grundlage liefern. Damit es diese Massnahmen gibt.