Der Nahostkonflikt ist erneut zu brutalen Ausschreitungen eskaliert. Parlamentsmitglieder haben trotz heiklem Terrain klare Forderungen an den Bundesrat.
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Wie soll die Schweiz mit dem Nahostkonflikt umgehen? Nationalrätin Marianne Binder (Mitte/AG) und Ständerat Carlo Sommaruga (SP/GE) haben unterschiedliche Ideen. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Im Nahen Osten sorgt ein jahrhundertalter Konflikt erneut für Tod und Zerstörung.
  • Der Bund kommuniziert neutral und ruft zur Deeskalation auf.
  • Parlamentsmitglieder wünschen sich aber klarere Aussagen – für beide Konfliktparteien.

Der Nahostkonflikt ist seit Tagen wieder zu einer blutigen Auseinandersetzung geworden. Mehrere Leben wurden schon verloren. Sowohl Israel als auch Palästina greifen die andere Seite regelmässig mit Raketen an.

Österreich Israel Kurz Flagge
Der Österreicher Kanzler Sebastian Kurz hat die israelische Flagge als Zeichen der Solidarität am Bundeskanzleramt neben derjenigen Österreichs hissen lassen. - Keystone

Das Eidgenössische Departement für Auswärtige Angelegenheiten (EDA) ruft zu einer «sofortigen Deeskalation» auf. Auf eine klare Seite wie Österreich, welches die israelische Flagge symbolisch hisste, stellt sich die Schweiz jedoch nicht. Im Parlament hingegen lassen sich sehr differenzierte Meinungen finden.

«Hamas ist nicht gleich Palästina»

Marianna Binder, Nationalrätin (Mitte), ist Mitglied der parlamentarischen Gruppe Schweiz-Israel. Auf Anfrage von Nau.ch erklärt die Aargauerin, was sie vom Bundesrat erwartet: «Der Bundesrat soll die Hamas als terroristische Gruppe endlich auf die Liste setzen und sie offiziell verurteilen. Mit Terroristen kann man nicht verhandeln.»

Marianne Binder Mitte Nationalrat
Nationalrätin Marianne Binder (Mitte/AG). - Keystone

Sie warnt zugleich davor, Palästinenser und Hamas gleichzusetzen. «Es geht bei dieser Auseinandersetzung nicht um Palästina gegen Israel, sondern um Hamas und andere Terrorgruppierungen gegen Palästina und Israel.» Immer, wenn sich eine Entspannung abzeichne, greife die Hamas ein: «Es folgen Raketen gegen den Frieden, die Zweistaatenlösung und das Existenzrecht Israels.»

Raketen Israel Gaza Palästina
Raketen, die von Israels Abwehrsystem «Iron Dome» gefeuert wurden, fangen Raketen von Hamas aus dem Gazastreifen ab, in Israel, 13. Mai 2021. - Keystone

Die Mitteilung des EDA sei ihr «schon etwas zu neutral»: «Es sind die Hamas, die angreifen und auf Zivilisten Raketen schiessen. Andere Länder sind klipp und klar, verurteilen die Angriffe und unterstützen Israel in seinem Selbstverteidigungsrecht.»

Auch wünsche sich die Christdemokratin mehr historisches Bewusstsein bei Antisemitismus. Dass Parolen wie «Scheissjuden» ausgerufen würden, davon bekäme sie Hühnerhaut: «Zuzusehen, wie der Antisemitismus aus den Löchern kriecht, macht mir Angst. Und er kommt eben längst nicht mehr nur von rechts.» In diesem Bereich bedürfe es mehr Forschung und Aufklärung.

«Die Schweiz muss Zweistaatenlösung aktiv implementieren»

Ständerat Carlo Sommaruga (SP/GE) ist Mitglied der Gruppe Schweiz-Palästina. Und hat dementsprechend einen anderen Blick auf die Situation. Ihm sei etwas beim Lesen der Mitteilung des EDA aufgefallen: Der Bundesrat «verurteile» die Gewalt vonseiten der Palästinenser, «bedaure» aber die Angriffe von israelischer Seite.

Carlo Sommaruga SP Ständerat
Ständerat Carlo Sommaruga (SP/GE) spricht während der Wintersession 2020 in der kleinen Kammer. - Keystone

«Die Schweiz muss die Gewalt auf beiden Seiten entschlossener verurteilen. Vor allem aber möchte man mehr Verurteilung der Angriffe Israels auf Palästina und andere Gebiete sehen», sagt Sommaruga. Schon seit Jahrzehnten betreibe Israel eine «kolonialistische Politik», der Gazastreifen sei nichts mehr als «ein Gefängnis unter freiem Himmel».

Eine Lösung schlägt Sommaruga dennoch vor: «Die Schweiz mit anderen, vor allem europäischen Ländern und den USA, kann nicht mehr nur zu einer Zweistaatenlösung aufrufen. Sondern sie muss anfangen, diese zu implementieren.» Israel habe kein Interesse daran, eine faire Lösung auszuhandeln, so der Genfer.

Denn der israelische Premier Netanjahu nutze den Konflikt für sein «politisches Überleben» aus. Und die politische Leere in Palästina sei «leider» durch die Hamas besetzt worden.

Netanjahu Israel Palästina
Der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu spricht am 13. Mai 2021 mit der israelischen Polizei in Tel Aviv nach einer gewaltvoller Nacht. - Keystone

«Die Schweiz muss aktiv werden, um die Besetzung Palästinas zu beenden und eine Zweistaatenlösung konkret umzusetzen. Sonst werden wir immer Gewalt und neue Kriege erleben», warnt Sommaruga.

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