Frauen fordern: Krankenkasse soll Pille bei Mens-Beschwerden zahlen
Die Anti-Baby-Pille kann Schmerzen bei starken Menstruationsbeschwerden lindern. Künftig sollen das die Krankenkassen bezahlen. Doch diese winken ab.

Das Wichtigste in Kürze
- Eine Petition fordert Gratis-Verhütung bei Menstruationsbeschwerden.
- Endometriose und PCOS verursachen starke Schmerzen bei Frauen.
- Die Kampagne setzt sich für die Kostenübernahme von Verhütung ein.
Künftig soll die Krankenkasse die Kosten für hormonelle Verhütungsmittel von Frauen übernehmen. Und zwar dann, wenn sie medizinisch oder therapeutisch eingesetzt werden. Zur Behandlung von unerträglichen Menstruationsbeschwerden.
Das fordert eine Petition mit über 20'000 Unterschriften, die am Montag beim Bundeshaus eingereicht wurde. Dahinter stecken die Kampagnenorganisation «Campax» sowie verschiedene Patientenorganisationen.
Endometriose und Co. verursachen Höllenschmerzen
Zwischen rund sechs bis zehn Prozent aller Frauen im gebärfähigen Alter leiden an Endometriose – viele Jahre lang unerkannt. Vereinfacht gesagt: Bei Endometriose wächst Gewebe dort, wo es nicht hingehört. Und das verursacht Höllenschmerzen.
Zudem leben Hunderttausende Frauen mit dem polyzystischen Ovarialsyndrom (PCOS). Das ist eine Hormonstörung, die viele kleine Zysten in den Eierstöcken auslöst. Sie führt zu unregelmässigen oder ausbleibenden Perioden, Kinderwunschproblemen, starkem Haarwachstum, Pickeln sowie einem langfristig höheren Diabetes-Risiko.
Die beiden Krankheitsbilder sind bislang kaum erforscht. In beiden Fällen verschreiben Ärztinnen und Ärzte häufig die Pille zur Linderung der Menstruationsbeschwerden.
Für Jen Buchli, Campaignerin bei «Campax», ist klar: «Viele sind davon betroffen. Gesundheit darf nicht vom Portemonnaie abhängen.»
Denn die Waadtländer SP-Nationalrätin Brigitte Crottaz reichte im vergangenen Jahr einen Vorstoss mit derselben Forderung ein. Diese wird voraussichtlich nächstes Jahr behandelt werden – der Bundesrat empfiehlt allerdings die Ablehnung.
Buchli betont, dass die Petition den Betroffenen eine Stimme gebe. Sie zeige, «dass die Zivilgesellschaft hinter dieser Forderung steht». Gleichzeitig verspricht sie sich dadurch mehr Aufmerksamkeit für das Thema.
«Nicht auf Kosten der Frauen sparen»
Droht durch eine Kostenübernahme der Krankenkasse eine weitere Prämien-Explosion? Die Folgen für die Prämienentwicklung seien schwer abzuschätzen, sagt Buchli.
«Dass die steigenden Prämien eine Belastung sind, ist unbestritten. Aber wenn gespart wird, darf dies nicht zulasten der Frauen gehen.»
Zudem würden unbehandelte Erkrankungen langfristig ebenfalls Kosten verursachen. «Es wird teurer, wenn wir diese chronischen Beschwerden nicht ernst nehmen», ergänzt sie.
Der Bundesrat erkennt in seiner Stellungnahme an, dass hormonelle Verhütungsmittel auch zur Behandlung bestimmter Erkrankungen eingesetzt werden.
Verhütungsmittel nur für Verhütung zugelassen
Die Präparate seien jedoch nur für Empfängnisverhütung zugelassen. Eine pauschale Kostenübernahme würde eine Gesetzesänderung erfordern und einen Präzedenzfall schaffen.
Der Krankenkassenverband «Prio Swiss» teilt auf Anfrage von Nau.ch mit, dass er sich der Position des Bundesrates anschliesse. Es bestehe derzeit kein Handlungsbedarf.

Und: «Derzeit ist es bereits möglich, dass Verhütungsmittel zur Behandlung bestimmter Krankheiten übernommen werden, sofern klar definierte Kriterien erfüllt sind.»
Die Praxis zeigt aber: Das ist bislang nur in Ausnahmefällen möglich.
Jen Buchli von «Campax» unterstreicht: «Viele Betroffene machen seit Jahrzehnten positive Erfahrungen mit der Pille zur Linderung der Symptome. Klar ist aber, dass künftig klinische Studien nötig sind.»
Sie wünscht sich zudem, «dass die Forschung Behandlungsmethoden entwickelt, die die Erkrankungen an der Wurzel packen und weniger Nebenwirkungen haben».
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Im Mai sprach Nau.ch mit zwei von Endometriose betroffenen Frauen. Sie berichteten: Viele Ärztinnen und Ärzte nähmen Endometriose nicht ernst. Und sie würden mit der Pille abgespeist.
Eine Betroffene sagte damals: «Da wird man auch ein bisschen sauer. Ich habe mich ja bewusst gegen die Pille entschieden und wünsche mir einen Fortschritt.»
Und: «Die Pille unterdrückt bloss die Symptome und packt das Problem nicht an der Wurzel.»















