FDP-Portmann zu Merz-Pleite: Volk wollte Koalition aus Union und AfD
Friedrich Merz wird überraschend nicht im ersten Wahlgang Kanzler. In der FDP befürchtet man eine instabile Regierung – links reagiert man gelassener.
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Das Wichtigste in Kürze
- In Deutschland ist Friedrich Merz im ersten Kanzlerwahlgang überraschend gescheitert.
- Schweizer FDP-Politiker sehen dies als schlechtes Omen für die Stabilität der Regierung.
- SP-Nationalrat Eric Nussbaumer ist derweil überrascht, aber zweifelt nicht an Schwarz-Rot.
Paukenschlag in der deutschen Politik: Friedrich Merz wird nicht wie erwartet im ersten Wahlgang zum Kanzler erkoren. Die 310 erhaltenen Stimmen aus dem Bundestag reichten nicht – 316 wären nötig gewesen.

Am Dienstagnachmittag gibt es nun einen zweiten Wahlgang. Allerdings bleibt das Ereignis vom Vormittag historisch: Noch nie ist ein designierter Kanzler nach erfolgreichen Koalitionsverhandlungen bei der Wahl gescheitert.
Auch während der Sondersession im Bundeshaus beobachtet man interessiert, was im Nachbarland politisch passiert. Wie erklärt man sich die Niederlage des CDU-Chefs?
FDP-Portmann: Unfälle passieren, wenn man den Volkswillen missachtet
FDP-Nationalrat Hans-Peter Portmann betont gegenüber Nau.ch, dass er nicht in die Ecke der AfD-Sympathisanten gestellt werden wolle. «Aber ich glaube halt: Die Wahlen in Deutschland haben klar gezeigt, was eine Mehrheit der Bevölkerung will.» Und das sei eben eine konservative Mitte-Rechts-Regierung aus CDU, CSU und AfD.
Für den Zürcher ist entsprechend klar: «Wenn man den Volkswillen so missachtet, dann können solche Unfälle passieren, wie es jetzt passiert ist.»
Solche Ereignisse wie bei der Kanzlerwahl würden einer Demokratie und auch ganz Europa schaden, so Portmann. «Wir brauchen ein starkes Deutschland und nicht ein geschwächtes Deutschland, so wie es jetzt dasteht.»
Egal, ob es irgendwann doch noch reiche, die Regierung starte jetzt bereits geschwächt, ist Portmann überzeugt. «So kann man ein Land fast nicht regieren.»
FDP-Burkart: Wahl ist kein Aufbruch
FDP-Präsident Thierry Burkart sieht das Problem innerhalb der designierten Koalition aus Union und SPD: «Offenbar hat es innerhalb der Koalition Gegnerinnen und Gegner, die dem zukünftigen Bundeskanzler Merz einen Denkzettel verpassen wollen.»
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Das führe allerdings dazu, dass die Stabilität der Regierung bereits vor dem Amtsantritt untergraben sei. Auch der Aargauer Ständerat befürchtet, dass dies schlecht für die Stabilität in Europa und damit für die Schweiz sein könne.
Das Zeichen, dass diese (Nicht-)Wahl aussendet, ist aus Sicht von Burkart nicht der benötigte Aufbruch. «Es ist angesagt, was man bereits in der letzten Legislatur gemacht hat: nämlich weiterwursteln.»
SP-Nussbaumer: «Ein kleiner Umfaller»
Gelassener sieht es SP-Nationalrat Eric Nussbaumer. Er spricht zunächst auch von einer «Überraschung».
«An was es liegt, ist aus der Distanz schwierig zu sagen. Es kann in der Koalition von beiden Seiten Unsicherheiten gegeben haben», führt der Baselbieter aus.
Auch Abwesenheiten könnten eine Rolle gespielt haben. Es sei in jedem Fall eine «historische Überraschung».
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Gleichzeitig betont Nussbaumer: Es sei zwar unüblich für Deutschland, dass man in eine zweite Runde gehen müsse. Aber: «Ich bin immer noch zuversichtlich, dass Deutschland eine stabile Regierung zustande bringen wird. Ich würde sagen, es war ein kleiner Umfaller, der nicht hätte passieren sollen.»
Nussbaumer glaubt entsprechend nicht, dass die Regierung nun auf wackligen Beinen steht. «Man hat ja gewusst, dass es eine kleine Reserve war, die sie gehabt hätten.» Er glaubt, dass sich die Beteiligten letztlich finden werden. «Es wird dann schon noch einen Kanzler Merz geben.»
Zum Zeitpunkt der Interviews war noch nicht klar, ob es noch am Dienstag einen zweiten Wahlgang geben würde. Mittlerweile ist dieser aber für 15.15 Uhr angesetzt. Dabei erhält Merz eine schnelle zweite Chance.