Coronavirus: Gemischte Reaktionen auf erste Lockerungen
Das Wichtigste in Kürze
- Der Bundesrat schlägt wegen den sinkenden Fallzahlen erste Lockerungen der Massnahmen vor.
- Von SVP und Gastrosuisse gibts Kritik für die «zögerliche, mutlose» Politik des Bundes.
- Die Kantone sprechen sich für das zurückhaltende Vorgehen aus.
Wegen den sinkenden Fallzahlen im Zusammenhang mit dem Coronavirus schlägt der Bundesrat erste Lockerungen der Massnahmen vor. Als Erstes will die Landesregierung Aktivitäten mit geringem Infektionsrisiko wieder zulassen.
Bei günstiger epidemiologischer Entwicklung und höherer Durchimpfungsrate sollen jeweils per Anfang Monat weitere Lockerungen in Kraft treten. Die Wiederöffnung erfolgt also vorsichtig und schrittweise, was bei Politik und Wirtschaft unterschiedliche Reaktionen auslöst.
Kritik von Gastrosuisse, dem Gewerbeverband und der SVP
Beim Schweizerischen Gewerbeverband (SGV) kommt die vorgelegene Strategie der Landesregierung nicht gut an. Der Verband kritisiert die «zögerliche, mutlose und nicht auf Evidenz basierte Politik des Bundesrats».
Trotz sinkender Zahlen und unbelegtem Ansteckungsrisiko würden unverhältnismässige Massnahmen aufrechterhalten werden. Deshalb fordert der Verband eine Ausweitung von Tests, Intensivierung der Impfkampagne und des Contact-Tracings.
Auch Gastrosuisse sieht den geplanten Lockerungen kritisch entgegen. Der Gastronomieverband habe kein Verständnis für den Entscheid der Landesregierung, die Home-Office-Pflicht nicht in eine Empfehlung umzuwandeln. «Ebenso besteht kein Grund, Restaurants im Aussenbereich nicht vor dem 1. April zu öffnen», schreibt Gastrosuisse in einer Mitteilung.
In der Politik werden die Vorschläge des Bundesrats vor allem von der SVP kritisiert. Dass die Beizen bis Mindestens Anfangs April geschlossen bleiben müssen, ist für die grösste Partei der Schweiz unverständlich.
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Fraktionspräsident Thomas Aeschi fordert deshalb die umgehende Öffnung der Restaurants unter Einhaltung der Schutzkonzepte. «Eine richtiggehende Schikanierung der Gastwirte ist, dass Terrassen im Freien nicht sicher sein sollen. Das ist Willkür pur», ärgert sich Aeschi auf Twitter.
Die FDP sieht bei den geplanten Lockerungen eine Mischung aus Hoffnung und Enttäuschung. Die Ankündigungen würde den Menschen zwar eine erste Perspektive bieten, blieben aber noch recht vage. Zudem würden sie keine langfristige Planungssicherheit bieten.
Ganz anders sieht es das linke Lager des Parlaments. «Wir sollten nicht möglichst schnell, sondern möglichst sicher öffnen», meint Balthasar Glättli, Präsident der Grünen. Ein Jojo-Effekt müsse vermieden werden.
Ähnlich sieht es die SP, welche die vorsichtigen Öffnungspläne des Bundesrats ebenfalls begrüsst. Die von den bürgerlichen Parteien geforderte komplette Öffnung wäre jedoch verantwortungslos und würde die Fortschritte der letzten Wochen zunichtemachen, teilte die SP mit.
Mitte sieht Lockerungen des Bundesrats als Diskussionsgrundlage
Die Mitte betrachtet die Öffnungsstrategie des Bundesrats als eine erste Diskussionsgrundlage. Nun sei es an den Kantonen, die geplanten Schritte zu beurteilen und eine geeinte Haltung dazu zu präsentieren.
«Damit die Bevölkerung die Massnahmen weiterhin mitträgt, muss der Bundesrat nächste Woche eine kohärente, gut nachvollziehbare Öffnungsstrategie unter Einbezug der Test- und Impfstrategie beschliessen», erklärte Die-Mitte-Präsident Gerhard Pfister.
Kantone sprechen sich für zurückhaltendes Vorgehen aus
Auch die Kantone scheinen die Bundesratspläne zu begrüssen. Zumindest haben sich die Kantonalen Gesundheitsdirektoren (GDK) für ein zurückhaltendes Vorgehen bei den Lockerungen ausgesprochen.
Angezeigt sei ein etappenweises Vorgehen mit mehreren kleinen Öffnungsschritten, um einen «Jo-Jo-Effekt» zu verhindern. Aus der Sicht der GDK bestehe bei einer Stabilisierung der Zahlen auf aktuellem Niveau ein gewisser Spielraum für vorsichtige Lockerungen.