Die Omikron-Variante des Coronavirus führt zu einer Explosion der Fallzahlen, doch die Spitaleinweisungen gehen zurück. Die Fachleute ordnen die Lage ein.
Point de Presse des BAG vom 1. Februar 2022.
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Das Wichtigste in Kürze

  • Trotz hoher Fallzahlen befinden sich immer weniger Covid-Patienten auf Intensivstationen.
  • Der Bundesrat will am Mittwoch über die nächsten Lockerungen diskutieren.
  • Fachleute des BAG, der Kantone und von Swissmedic gaben Auskunft über die aktuelle Lage.

Seit zwei Monaten das gleiche Bild: Es stecken sich immer mehr Personen mit dem Coronavirus an, gleichzeitig erkranken immer weniger schwer daran. Dies hat zu einer deutlichen Entlastung auf den Intensivstationen geführt, wo es nun mehr freie Betten als Covid-Patienten hat.

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Bundesrat Alain Berset, rechts, spricht während einer Besichtigung des Medizinlabors im KSA Kantonsspital Aarau, am 28. Januar 2022 in Aarau. Foto: Anthony Anex - Keystone

Deswegen hat Gesundheitsminister Alain Berset den nächsten Öffnungsschritt in Aussicht gestellt. «Die Schweiz wird in den nächsten Tagen viel Bewegung erleben», so der Bundesrat nach einem Spital Besuch in Aarau. Man können nun über das Ende der Quarantäne und der Homeoffice-Pflicht diskutieren.

Die Fachleute von BAG, Kantone und Swissmedic informieren am wöchentlichen Point de Presse über die neusten Entwicklungen.

Dies sind die wichtigsten Punkte:

- Laut Patrick Mathys vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) dürften die Intensivstationen von der Omikron-Welle weiterhin verschont bleiben. Deshalb dürfe man zuversichtlich nach vorne schauen. Trotzdem sei aber noch eine «gewisse Vorsicht» angebracht. «Die Omikron-Welle ist stark und wuchtig, zu einem Tsunami, der uns überrollt hätte, ist es aber glücklicherweise nicht gekommen.»

- Auch der Zuger Kantonsarzt zeigte sich zuversichtlich. Es könne davon ausgegangen werden, dass die Auslastung der Spitäler überschaubar bleibe. Aufgeschobene Eingriffe könnten nun nachgeholt werden.

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Christoph Küng, Leiter Abteilung Arzneimittelsicherheit, Swissmedic, links, spricht an der Seite von Rudolf Hauri, Kantonsarzt Zug, Mitte, und Patrick Mathys, Leiter Sektion Krisenbewältigung BAG, rechts. - Keystone

- Bei einer Aufhebung der Massnahmen sei mit einer Zunahme des Infektionsgeschehens zu rechnen, sagte Mathys. Deswegen sollten wir es «trotz der guten Lage nicht allzu eilig haben». Eine schrittweise Aufhebung der Massnahmen sei angebracht.

- Christoph Küng, Leiter Abteilung Arzneimittelsicherheit der Swissmedic, informiert über die Sicherheit der Impfstoffe. Anlass ist die Entzündung der Herz-Membran bei Sprinterin Sarah Atcho nach einer Covid-Impfung. Bei 15 Millionen verabreichten Dosen habe Swissmedic 7200 Meldungen, die als nicht schwerwiegend eingestuft wurden und 4300 schwerwiegende erhalten. Die in der Schweiz zugelassenen Impfstoffe dürften damit als sicher und effizient gelten.

- Im Schweizer Spontanmeldesystem entscheiden die Meldenden nun selber, wie sie die Nebenwirkungen einschätzen. Individuelle Einschätzungen können demnach von den internationalen Kriterien abweichen. So sind Fieber, Schüttelfrost oder Kopfschmerzen individuell unangenehm, gemäss den internationalen Kriterien aber nicht schwerwiegend, erklärte Küng.

Hier finden Sie das Protokoll der Medienkonferenz:

14.50: Mathys geht davon aus, dass Omikron über den Sommer kaum zirkulieren werde. Auf den Herbst müsse man wieder diskutieren, wer wie geimpft werden soll.

14.47: Ein Bundesrat – gemeint ist Ueli Maurer – wolle keine Meinung mehr der Experten hören. Wie reagiert man darauf, besorgt oder amüsiert? «Ich muss da eher lachen», so Mathys. Woher nehme er dann die Entscheidgrundlagen? Das gelte auch für andere Fragen als zur Pandemie. «Ich habe grosses Vertrauen, dass sich der Bundesrat durch Fakten lenken lässt und nicht durch Vermutungen.»

14.43: Kann es zu Reinfektionen mit Omikron kommen? Für Omikron sei der Ofen noch nicht aus, so Mathys. Ein grosser Anteil der Bevölkerung habe sich noch nicht infiziert.

14.41: Was bei einem grossen Anstieg der Fallzahlen bei der älteren Bevölkerung passiere, könne man noch nicht sagen, so Mathys. Bisher sei die ältere Bevölkerung weniger stark betroffen von der Omikron-Welle.

Auch die Auswirkungen auf die Arbeitswelt könnten beträchtlich sein. Deswegen mache es laut Mathys Sinn, noch nicht alle Massnahmen abzuschaffen.

14.38: Ohne Quarantäne habe die Swiss-Covid-App keine zentrale Bedeutung mehr. Doch die Applikationen würden nicht auf dem elektronischen Müll landen, um sie bei Bedarf wieder aktivieren zu können.

Corona Warn App
Die SwissCovid-App gilt als Ergänzung zum herkömmlichen Contact Tracing des Coronavirus der Kantone. - Keystone

14.35: Was müssen wir vermeiden, damit es im Herbst nicht wieder kritisch wird? Es gebe zwei Varianten, so Hauri. Man könnte es mit einer bedeutenden Mutante zu tun bekommen. «Wir sollten nicht zu locker in den Herbst gehen, da es noch andere Infektionskrankheiten gebe.» Es könnte zu einer kombinierten Belastung führen.

Es könne durchaus zu Problemen kommen, falls man auf alle Massnahmen wie die Maskenpflicht verzichte. Man baue nun nicht alle Strukturen wieder komplett ab, um vorbereitet zu sein.

14.33: Warum steht die Schweiz in der Omikron-Welle so gut da? Es gebe verschiedene Ansätze, so Mathys. Die Immunitätslage in der Schweiz sei inzwischen hoch. Die Zählweise sei nicht in allen Ländern gleich, was die Hospitalisationen angehe.

Ausserdem sei die Booster-Impfung vielleicht genau zum richtigen Zeitpunkt gekommen. Und die Menschen hätten sich vielleicht einfach gut geschützt, so Mathys.

14.31: Bringt das Zertifikat bei dieser hohen Inzidenzrate noch etwas? Ja, man verhindere schwere Fälle und verringere den Druck auf die Spitäler. Auf die Fallzahlen mache es aber keinen Unterschied, genauso wenig wie die Quarantäne, so Mathys.

14.29: Gibt es noch Gründe für die 2G-Pflicht? Die Aufhebung von Massnahmen sei grundsätzlich mit Vorsicht möglich. Entscheiden müsse der Bundesrat, so Mathys. Eine Aufhebung der Massnahmen führe zu einer Zunahme der Infektionen, in welchem Umfang genau könne nicht beziffert werden.

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Die Covid-Zertifikat-App des Bundes. - Keystone

14.27: Die Fragerunde beginnt. Wann kann eine Freigabe für Paxlovid erwartet werden? Küng verweist auf die bereits publizierte Information und gibt sonst keine weitere Auskunft.

14.25: Das Spontan-Meldesystem sei eine der wichtigsten Säulen der Arzneimittelsicherheit. Fachleute seien verpflichtet, unerwünschte Wirkungen zu melden. Privatpersonen können freiwillig Reaktionen melden.

Häufig würden Ereignisse gemeldet, bei denen kein Zusammenhang mit der Impfung entstehe. Diese Ereignisse hätte es oft bereits vor der Covid-Impfung gegeben. Swissmedic prüfe jedoch jede Verdachtsmeldung.

Sarah Atcho
Leichtathletin Sarah Atcho in «Der Traum». - MySports

Bei 15 Millionen verabreichten Dosen erhielt Swissmedic 7200 Meldungen, die als nicht schwerwiegend eingestuft wurden. 4300 Nebenwirkungen galten als schwerwiegend.

Aus den Verdachtsmeldungen lasse sich kein komplettes Bild erstellen. Die internationale Arbeit sei so eng wie nie. Die in der Schweiz eingesetzten Impfstoffe seien sicher, schliesst Küng ab.

14.22: Die offiziellen Kriterien einer schwerwiegenden Nebenwirkung sei klar definiert: Lebensbedrohend oder Tod, Hospitalisation, bleibende Schäden oder Behinderung, Schädigung eines Neugeborenen oder medizinisch wichtig übergehend beeinträchtigt.

Doch Betroffene würden die Nebenwirkungen Swissmedic selbst melden und die Einteilung selber vornehmen. Betroffene würden häufig schwere Nebenwirkung als schwerwiegend einteilen. Mehrtägiges Fieber sei etwa nicht schwerwiegend. Swissmedic behalte diese Einteilung der Meldenden bei.

Dies könne zu einem Übergewicht an gemeldeten schwerwiegenden Reaktionen führen. Das ergebe häufig ein verzerrtes Bild.

14.18: Christoph Küng, Leiter Abteilung Arzneimittelsicherheit der Swissmedic, informiert über die Sicherheit der Impfstoffe. Anlass ist die Nebenwirkung bei Sprinterin Sarah Atcho. Diese litt nach der Impfung an einer Entzündung der Herz-Membran.

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Christoph Küng von der Arzneimittelbehörde Swissmedic. - Youtube BAG

Küng will nun Fakten rund um die Impfung erläutern. Diese würden eine gute Informationsbasis gegenüber Falschaussagen bilden, die in den digitalen Kanälen herumgeschickt würden.

14.15: Die Impfkapazitäten werden von den Kantonen aufrechterhalten, selbst wenn sie nicht ausgelastet seine, so Hauri. Für die Kantone stelle sich aber die Frage, welche Infrastrukturen nun angepasst, weitergeführt oder abgebaut werden sollen. Das Ziel sei, die Reaktionsfähigkeit beizubehalten, falls sich eine neue Welle anbahnen sollte.

14.11: Kantonsarzt Rudolf Hauri schliesst sich Mathys, dass die Belastung für die stationäre Gesundheitsversorgung insgesamt überschaubar bleibe. Aufgeschobene Eingriffe könnten nun nachgeholt werden.

oberster kantonsarzt
Rudolf Hauri ist Oberster Kantonsarzt von Zug und Präsident der Kantonsärzte-Vereinigung. - Keystone

Nicht alle Massnahmen hätten inzwischen den gleichen kollektiven Nutzen. Mittels Contact Tracing lasse sich beispielsweise kaum mehr relevant Einfluss nehmen.

Hauri betonte, dass der Nutzen von Massnahmen sich ändern könne. Wie die Pandemie müssten sich auch die Massnahmen bewegen. Schulen und Kitas stünden nach wie vor einer sehr hohen Virusaktivität gegenüber. Teilschliessungen und Quarantäne kämen aber inzwischen nicht mehr die gleiche Bedeutung zu wie noch vor einigen Wochen.

Die Omikron-Variante habe wesentlich weniger akute Verläufe zur Folge. Für den individuellen Schutz hätten jedoch Fitness, gute Ernährung, Vorsicht, Hygienemassnahmen, Maskentragen und besonders der Impfung jetzt eine noch höhere Bedeutung.

14.08: Im Grossen und Ganzen sei es wegen der Personalausfälle nicht zu schwierigen Situation gekommen.

Bei einem Abbau der Massnahmen sei davon auszugehen, dass die Fallzahlen erneut ansteigen könnten. Man könne aber davon ausgehen, dass die Intensivstationen von der Omikron-Welle verschont blieben. Auch Versorgungsengpässe seien nicht zu befürchten. Mathys betont, für das Pflegepersonal sei trotzdem von einer hohen Belastung auszugehen.

In der Arbeitswelt könnten noch höhere Zahlen jedoch tatsächlich zu schwierigen Situationen kommen, so Mathys.

14.05: «Die Nachfrage nach Impfungen nimmt ab. Es werden täglich weiterhin rund 25'000 Impfungen vorgenommen. Dies führt zu einem Stand, dass mittlerweile 70 Prozent der Bevölkerung mindestens einmal geimpft ist. 68 Prozent sind vollständig geimpft», so Mathys.

14.00: Patrick Mathys, Leiter Sektion Krisenbewältigung beim BAG, präsentiert den Überblick der aktuellen Lage. Die Omikron-Welle sei klar und heftig, glücklicherweise jedoch keine Tsunami, der uns überrolle. Der Höhepunkt dürfte noch nicht ganz erreicht sein, so Matyhs.

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Patrick Mathys, Leiter Sektion Krisenbewältigung und internationale Zusammenarbeit, Bundesamt fuer Gesundheit BAG, spricht an einem Point de Presse zur Covid 19 Situation, am 26. Oktober 2021, in Bern. - Keystone

Die Auslastung der Intensivstation nehme kontinuierlich ab. Derzeit würden rund 200 Personen wegen Covid-19 auf der IPS behandelt. Fast alle Patienten hätten sich mit der Delta-Variante infiziert.

Die geschätzte Dunkelziffer der Ansteckungen mit dem Coronavirus bleibe weiterhin bei rund 100'000 pro Tag. Zwischen 5 und 10 Prozent der Bevölkerung sei weiterhin ansteckend.

Folgende Fachleute nehmen teil:

- Patrick Mathys, Leiter Sektion Krisenbewältigung und internationale Zusammenarbeit, Bundesamt für Gesundheit BAG

- Christoph Küng, Leiter Abteilung Arzneimittelsicherheit, Swissmedic

- Rudolf Hauri, Kantonsarzt Zug, Präsident der Vereinigung der Kantonsärztinnen und Kantonsärzte VKS

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