Das CO2-Gesetz ist versenkt. Doch mit der Gletscher-Initiative soll eine Art Ersatzlösung vors Volk kommen. Für die FDP ist das nach dem Gössi-Knall delikat.
Petra Gössi CO2 Gletscher
FDP-Chefin Petra Gössi tritt nach dem CO2-Debakel ab. Doch rund um die Gletscher-Initiative müssen die Freisinnigen Farbe bekennen. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Nach dem Absturz des CO2-Gesetzes stellt sich die Frage: Wie weiter in der Klimapolitik?
  • Eine Möglichkeit stellt der Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative dar.
  • Einmal mehr in den Fokus rückt dabei die FDP, welche in grünen Fragen tief gespalten ist.
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Das Verdikt war am Ende nicht mehr ganz so knapp: 51,6 Prozent des Stimmvolks sagten gestern Nein zum CO2-Gesetz. Jetzt brauche es halt andere Lösungen, sagten Befürworter und Gegner. Und FDP-Chefin Petra Gössi tritt am Tag nach der Abstimmung Knall auf Fall zurück.

Für breite Kreise ist indes bereits klar, wie es stattdessen dem CO2 in der Schweiz an den Kragen gehen soll. Der Bundesrat müsse möglichst bald einen Gegenvorschlag zur bereits eingereichten Gletscher-Initiative präsentieren.

Radikaler als das CO2-Gesetz

Die im November 2019 eingereichte Volksinitiative heisst mit vollem Titel «Für ein gesundes Klima (Gletscher-Initiative)». Unterschriften gesammelt hatte der Verein Klimaschutz Schweiz, welcher wiederum Mitglied in der «Klima-Allianz» ist. Zu dieser gehören über 100 Organisationen, von kirchlichen Stiftungen über Gewerkschaften bis zu den Umweltschützern von Greenpeace oder Pro Natura.

Klimawandel
Der Aletschgletscher verschwindet bis 2100 fast vollständig, wenn der Klimawandel ungebremst fortschreitet.
Pizol Gletscher
Vom Pizolgletscher im Kanton Graubünden ist nicht mehr viel übrig (Archiv).
Auf der Zunge des Findelengletschers schmolzen acht Meter Eis im letzten Jahr, illustriert durch die Höhe der Pegelstange.
Auf der Zunge des Findelengletschers schmolzen acht Meter Eis im letzten Jahr, illustriert durch die Höhe der Pegelstange.

Entsprechend gehen die Forderungen auch weiter als das, was im CO2-Gesetz dringestanden hätte. Dieses empfanden die Initianten als ungenügend, um die Klimaziele im Sinne des Pariser Abkommens zu erfüllen. Der Bundesrat hat bereits einen Gegenvorschlag in die Vernehmlassung geschickt. Wie Umweltministerin Simonetta Sommaruga gestern ausführte, werde sie demnächst dem Parlament eine Vorlage unterbreiten.

FDPler erneut im Clinch – und der SVP-Präsident?

Der Gegenvorschlag wäre naturgemäss zahmer als die Initiative. Allerdings steht im jetzigen Entwurf doch auch ein Netto-Null-Ziel ab 2050 drin. Andere Formulierungen sind eher schwammige Absichtserklärungen, konkrete Massnahmen fehlen gänzlich. Um so leichter fällt es dann, die Verfassungsänderung gutzuheissen.

So fordert nicht nur Grünen-Präsident Balthasar Glättli, der Bundesrat solle bei der Gletscher-Initiative möglichst schnell vorwärtsmachen. Auch Ständerat Ruedi Noser, der sich bei seiner FDP schon fürs CO2-Gesetz stark machte, setzt auf diesen Weg.

Selbst der Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen fordert nach dem Nein zum CO2-Gesetz «sofort alternative Massnahmen»: in Form der Gletscher-Initiative und einem Gegenvorschlag.

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Nach der Niederlage beim CO2-Gesetz muss der Bundesrat um Simonetta Sommaruga neue Vorschläge für die künftige Klimapolitik liefern. - keystone

Zu den Unterstützern ebendieser Initiative zählte auch ein gewisser Tessiner Ständerat namens Marco Chiesa. Jedenfalls bis er letzten Sommer SVP-Präsident wurde.

Sehen Sie einen Gegenvorschlag als mögliche Lösung für die künftige Klimapolitik?

Allein dem Namen nach müsste ja auch aus den ländlichen Gebieten und Bergkantonen, anders als beim CO2-Gesetz, Unterstützung kommen. FDP, SVP und Bauern werden erneut beim Thema Klimaschutz Farbe bekennen müssen.

Vor allem für die FDP wird die kommende Klima-Debatte zu einer Zerreiss-Probe. Daran ändert auch der rasche Rücktritt von Präsidentin Gössi nichts. Die «Abweichler» des grünen FDP-Kurses um Christian Wasserfallen haben das Terrain bereits markiert.

Öko-Gruppe der FDP mit Initiative

Gleichzeitig reichen heute «ein Dutzend liberal-ökologische Kräfte aus der FDP–Fraktion» eine parlamentarische Initiative ein, teilt Nationalrat Hans-Peter Portmann mit. Diese soll «den Grundsatz von Anreizsystemen beim Umweltschutz verfassungsrechtlich verankern», schreibt er.

portmann FDP CO2
Hans-Peter Portmann, FDP-Nationalrat und Mitglied der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrats. - Keystone

Neue Gesetzes-Änderungen hätten vor dem Volk kaum eine Chance mehr, glaubt Portmann. Der Status Quo reiche aber nicht zur Erreichung der hochgesteckten Klima-Ziele. Die Öko-Gruppe der FDP will wegkommen von «Bestrafungs-Mechanismen», sondern das Volk über einen «liberalen Ansatz» abstimmen lassen.

Welche Fraktion setzt sich in der FDP durch? Wer wir neuer Präsident? Die Antworten auf diese beiden Fragen dürften auch die Schweizer Klimapolitik mittelfristig stark prägen.

Der Bundesrat seinerseits ist gefordert, einen mehrheitsfähigen Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative zu präsentieren.

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