Das Schweizer Verhältnis zur EU ist nach dem Rahmenabkommen-Aus auf dem Tiefpunkt. Die SP will über einen Beitritt diskutieren – und erhält Support aus der GLP.
EU Beitritt GLP Fischer
Soll die Schweiz der Europäischen Union beitreten? Nach der Beendigung der Verhandlungen rund um das Rahmenabkommen wird diskutiert, wie die Beziehung zur EU weitergeführt werden soll. Roland Fischer (GLP/LU) wäre für einen Beitritt. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Das Rahmenabkommen mit der EU ist gescheitert, die Zukunft der Bilateralen ungewiss.
  • Die SP will den EU-Beitritt wieder aufs Parkett bringen, doch die Idee ist unbeliebt.
  • Die GLP kritisiert den Vorschlag, doch einer ihrer Nationalräte unterstützt den Beitritt.

Der Bundesrat hat gestern das Rahmenabkommen beerdigt. Jetzt ist unklar, wie es weitergehen soll. Die SP und ihr Co-Präsident Cédric Wermuth ihrerseits wollen nun über einen Beitritt zur Europäischen Union sprechen. Diese Lösung dürfe kein Tabu sein, so Wermuth in der Spezial-Arena vom Mittwochabend.

Die Linkspartei sitzt mit dieser Position aber ziemlich alleine da. Sogar die Grünliberalen, welche das Rahmenabkommen voll unterstützten, halten dagegen.

SP-Co-Präsident Cédric Wermuth will einen Beitritt nicht tabuisieren. Jürg Grossen, Parteipräsident der GLP, hält den EU-Beitritt jedoch nicht für die richtig Lösung, nachdem das Rahmenabkommen gescheitert ist. - SRF

Präsident Jürg Grossen hielt in der Sendung fest: Wenn die Schweiz der EU beitreten wolle, müsse sie alle daraus folgenden Bedingungen akzeptieren. Ein Rahmenabkommen, welches «sehr austariert» verhandelt worden sei, wäre die passendere Lösung gewesen.

Roland Fischer (GLP):«Der EU-Beitritt ist langfristig die einzige Lösung»

Aber innerhalb der GLP gibt es sehr wohl Euroturbos, die in die EU wollen. Einer davon ist Nationalrat Roland Fischer. Der Luzerner ist einer von sechs Vize-Präsidenten der «Neuen Europäischen Bewegung Schweiz» NEBS.

Auf Anfrage erklärt Fischer unmissverständlich: «Meiner persönlichen Meinung nach ist ein EU-Beitritt langfristig die beste Lösung, die uns eine stabile Situation garantiert.»

Roland Fischer GLP
Der Luzerner Nationalrat Roland Fischer (GLP) spricht während der Wintersession 2020 im Bundeshaus. - Keystone

Ein Beitritt würde zudem der Schweizer Souveränität «am meisten Rechnung tragen» argumentiert Fischer. «Denn dann hätten wir ein Mitentscheidungsrecht.»

Eine Ratifizierung des EWR-Abkommens wäre zwar auch eine Option, so der Ökonom. Doch dann könnte «die Schweiz wie beim Rahmenabkommen nur begrenzt mitreden». Aber sie wäre immerhin in die «bewährten Mitwirkungsstrukturen» des EWR und der EFTA (Europäische Freihandelsassoziation) eingebunden.

Blocher EWR EU
Für SVP-Übervater Christoph Blocher war die Niederlage des EWR-Beitritts 1992 sein grösster Erfolg. 2017 feierte die SVP das 25-jährige Jubiläum des Volksentscheids. - Keystone

Demokratisch wäre der Beitritt zum Europäischen Wirtschaftsraum aber schwer legitimierbar: 1992 hat das Stimmvolk gegen den EWR-Beitritt gestimmt.

Innerhalb der GLP ist also noch nicht klar, wie die Lösung zum EU-Problem aussehen soll. «Ich glaube, wir müssen das Ganze mal verdauen», lacht Fischer. «Wir machen uns aber auch Gedanken darüber, welche Position wir als Alternative zum Rahmenabkommen einnehmen.»

SP wegen Beitrittsvorschlag in der Kritik

Dass die SP für einen EU-Beitritt weibelt, kommt bei Christa Markwalder (FDP/BE) nicht gut an. Die Nationalrätin war lange Präsidentin der NEBS und gilt als grosse Freundin Europas. Im Gespräch mit Nau.ch wirkt Markwalder der Situation entsprechend aufgebracht und enttäuscht.

«Ausgerechnet die SP, für die eine Flexibilisierung der flankierenden Massnahmen immer ein No-Go war», zaubere den EU-Betritt aus dem Hut. «Ich bin erstaunt», so Markwalder. Es mache die Sozialdemokraten und Co-Präsident Cédric Wermuth «maximal unglaubwürdig».

Christa Markwalder Cédric Wermuth
Die beiden Nationalratsmitglieder Christa Markwalder (FDP/BE) und Cédric Wermuth (SP/AG) unterhalten sich während der Sommersession 2019. - Keystone

Die FDP-Politikerin will sich auf Anfrage aber nicht auf einen weiterführenden Weg festlegen: «Die beste Lösung wäre natürlich gewesen, beim Rahmenabkommen einen Abschluss zu finden, denn Kompromisse wären möglich gewesen. Jetzt muss der Bundesrat, der den Willen der APKs und der Kantonsregierungen übergangen hat, politisch Rechenschaft ablegen.»

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