Parteivertreter diskutierten in der «Arena» am Mittwochabend über die Entscheidung des Bundesrates, die Verhandlungen über ein EU-Rahmenabkommen zu beenden.
«Arena» Rahmenabkommen
In einer Spezial-Ausgabe der «Arena» wurde am Donnerstagabend über das gescheiterte EU-Rahmenabkommen diskutiert. - SRF/Screenshot
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die Schweizer Regierung hat gestern die Verhandlungen zum EU-Rahmenabkommen abgebrochen.
  • In einer Spezial-Ausgabe der «Arena» kamen deshalb spontan Parteivertreter zusammen.
  • Fazit: SVP-Aeschi will sich von der EU loslösen, SP-Wermuth schlägt einen Beitritt vor.

Nach sieben Jahren hat der Bundesrat die Verhandlungen zum Rahmenabkommen mit der Europäischen Union abgebrochen. Die Reaktionen liessen am gestrigen Mittwoch nicht lange auf sich warten.

Die Medienmitteilungen der Schweizer Parteien waren schnell verschickt, der Inhalt erwartungsgemäss: Während die SVP den Entscheid begrüsste, kritisierten die anderen Parteien den Abbruch stark. Die EU nahm die Entscheidung zur Kenntnis und drückte ihr Bedauern aus. «Die bestehenden bilateralen Abkommen werden zwangsläufig veralten», so die Behörde.

Rahmenabkommen
Bundesrätin Karin Keller Sutter, Bundespräsident Guy Parmelin und Bundesrat Ignazio Cassis, von links, verlassen eine Medienkonferenz über das Rahmenabkommen mit der EU am Mittwoch, 26. Mai. - Keystone

Welche Folgen hat die Entscheidung des Bundesrates für die Schweiz? Wie soll es jetzt weitergehen? Um diese und weitere Fragen zu beantworten, lud das SRF am gestrigen Abend spontan Vertreter der sechs grössten Parteien im Land zur Diskussion in eine Spezial-Ausgabe der «Arena» ein.

SVP-Aeschi will sich mehr auf Asien konzentrieren

In der «Arena» zeigte sich, was bereits zuvor in den Medienmitteilungen angesagt wurde. So feierte SVP-Fraktionspräsident Thomas Aeschi die Entscheidung als «Sieg für die Freiheit und die Schweiz», während die anderen Parteienvertreter von einem «Scherbenhaufen» sprachen und eine rasche Schadensbegrenzung forderten.

Aeschi gab sich gelassen und meinte, die Lage sei «nicht ganz so dramatisch», wie sie jetzt dargestellt werde. «1992 nach dem EWR-Nein, wurde auch von einem schwarzen Tag gesprochen, schliesslich ist aber alles besser gekommen, als sich das viele vorstellen konnten.» Der Zuger sagte auch, dass das nun gescheiterte Rahmenabkommen «eine Neuauflage des EWR» gewesen sei.

Thomas Aeschi «Arena»
SVP-Fraktionspräsident Thomas Aeschi will, dass sich die Schweizer vermehrt an den asiatischen Märkten orientiert. - SRF/Screenshot

Er meinte zudem, man dürfe nicht vergessen, dass die schnell wachsenden Märkte in Asien seien. «Der Markt in Asien ist inzwischen viermal so gross wie noch 2020. Vielleicht sollten wir unsere Regulierung auch auf diese Wachstumswerte ausrichten und nicht nur einseitig auf die europäische Union, die prozentual an Anteil verliert.»

Schliesslich gehe es darum sich zu überlegen, wie man sich am besten positionieren könne – auch losgelöst von der EU. «Wir müssen sicher dort zusammenarbeiten wo es Sinn macht, aber nicht immer nur nach Brüssel schauen. Wir sind in einem globalen Markt und haben super Produkte», so Aeschi in der «Arena».

Grossen und Glättli kontern Aeschis Asien-Pläne in der «Arena»

Der Präsident der Grünliberalen, Jürg Grossen meinte daraufhin, dass man sich natürlich mit der ganzen Welt vernetze, es aber doch Sinn mache, mit dem engsten Verbündeten stabile Verbindungen haben zu wollen.

«Wir lassen diese Beziehung nun aber erodieren. Nach dem EWR-Nein kam zuerst eine schwierige Zeit und erst mit den Bilateralen wurde die Situation besser und genau diese gefährdet man mit dieser Entscheidung.»

Jürg Grossen «Arena»
GLP-Präsident Jürg Grossen ist der Meinung, der Bundesrat habe mit dem Abbruch der Verhandlungen zum EU-Rahmenabkommen einen «sehr schweren Fehler» begangen. - SRF/Screenshot

Grünen-Präsident Balthasar Glättli meinte, der Bundesrat sei in den letzten Jahren für die Wirtschaftsförderung häufiger in «der grössten Diktatur der Welt» unterwegs gewesen, als in Brüssel – und dies habe durchaus eine politische Entscheidungskraft.

«Suchen wir den Weg in die Zukunft der Wirtschaft, Forschung, Bildung und dem politischen Zusammenhalt dort, wo auch unsere Werte übereinstimmen – oder suchen wir das in China?» Er konterte Aeschis Asien-Plan in der «Arena» mit den Worten: «Das Model hat mit Souveränität und Respekt vor Grund- und Menschenrechten sowie Demokratie sehr wenig zu tun.»

Wermuth bringt wieder EU-Beitritt auf den Tisch

Der Co-Präsident der SP, Cédric Wermuth, hatte das Rahmenabkommen zusammen mit den Gewerkschaften wegen des Lohnschutzes blockiert. In der «Arena» wurde ihm deshalb Mitverantwortung für das Scheitern nachgesagt.

«Wenn sie mir vorwerfen, dass ich den Lohnschutz bis zum Schluss verteidigt habe, dann nehme ich das als Kompliment. In unserem Land lebt schliesslich immer noch eine grosse Mehrheit der Menschen von Lohn und Rente.» Gescheitert sei das Abkommen aber nicht wegen dem Lohnschutz, sondern an «mangelndem politischen Willen des Bundesrates», fuhr Wermuth vor.

Cédric Wermuth «Arena»
Der Co-Präsident der SP, Cédric Wermuth, bringt wieder den EU-Beitritt auf den Tisch. - SRF/Screenshot

Der bilaterale Weg sei nun an einem Scheideweg, man müsse jetzt alle Optionen auf den Tisch legen. «Diese Zeit, in der die Schweiz versucht immer nur kleine Schritte nach vorne zu machen, ist vorbei.» Der Co-Präsident der SP brachte schliesslich auch einmal mehr die Wiederaufnahme der Beitrittsverhandlungen mit der EU ins Gespräch.

Das sei sicher eine der möglichen Perspektiven, so Wermuth. Die jetzige Kriegsrethorik werde sich nämlich legen, anschliessend müsse sich die Schweiz mit der Frage auseinandersetzen, was sie wolle. «Dann gibt es drei Optionen: Nur noch Kooperation ohne Marktzugang, EWR- oder EU-Beitritt. Das ist die Realität.»

Wermuths Worte kamen bei den anderen Partei-Vertretern gar nicht gut an. Jürg Grossen meinte: «Erst bekämpft die SP das Rahmenabkommen wegen dem Lohnschutz und sagt anschliessend, ein EU-Beitritt wäre der richtige Weg. Dabei könnte man genau solche Dinge wie etwa Lohnschutz bei einem Beitritt nicht mehr diskutieren.»

«Arena»
Elisabeth Schneider-Schneiter von der Parteileitung «Die Mitte» ist der Meinung, dass sich jetzt alle Parteien zusammenraufen müssen. - SRF/Screenshot

Auch von der «Mitte» gab es keinen Applaus für die Worte des früheren Juso-Chefs. Elisabeth Schneider-Schneiter, Mitglied des Parteipräsidiums sagte: «Immer wieder bringt die SP den EU-Beitritt auf den Tisch... das bringt nur Pulver für die SVP, bei denen es dann wieder heisst: ‹es wollen alle in die EU›» – doch das stimmt nicht».

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