Diese Frage wird den politischen Diskurs noch lange dominieren und ist das Tabuthema überhaupt: Soll die Schweiz der EU beitreten?
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In der «Arena» wurde wieder einmal über einen EU-Beitritt diskutiert. - SRF/Screenshot
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Das Wichtigste in Kürze

  • Seit dem Scheitern des Rahmenabkommens sucht die Politik nach Lösungen.
  • Auch die Zivilbevölkerung macht Vorschläge: Autor Lukas Bärfuss will der EU beitreten.

Die Frage des EU-Beitritts wird in der Schweiz nicht gerne gestellt. Und doch flammt die Debatte derzeit wieder auf. Ohne Rahmenabkommen drohen nämlich die bilateralen Verträge zu verfallen.

Verschiedene Möglichkeiten stehen im Raum: Eben dieser EU-Beitritt oder «nur» ein EWR-Beitritt – oder einfach «nichts machen», wie Christoph Blocher vorschlägt. Schriftsteller Lukas Bärfuss, der schon einmal in der «Arena» über die EU diskutierte, ist ein Befürworter der ersten Möglichkeit.

Möchten Sie der EU beitreten?

Bärfuss steht nicht alleine: Eric Nussbaumer, SP-Nationalrat aus dem Baselbiet, ist ebenfalls ein sogenannter «Euroturbo». Den beiden EU-Freunden steht in der «Arena» ein SVP-Mitglieder gegenüber: Thomas Matter, Zürcher Banker will auf keinen Fall der EU beitreten.

Mittendrin, weder als EU-Gegnerin noch als Euroturbo, befindet sich FDP-Nationalrätin Regine Sauter (ZH). Sie will vor allem die wirtschaftliche Seite des Problems behandeln. Die Nationalratsmitglieder vertreten hier mehr oder weniger treu ihre Parteimeinung zum Thema.

Schriftsteller Bärfuss will eine Grundsatzdiskussion

«Befreien wir uns von unseren Ängsten und werden wir Mitglied der EU.» Diese Zeilen schrieb der Schweizer Schriftsteller Lukas Bärfuss am 6. Juni im «SonntagsBlick». In der «Arena» darauf angesprochen meinte er, das sei doch eine «vernünftige Idee». «In den letzten Jahren haben wir keine Grundsatzdiskussion über die Folgen eines Beitritts geführt und nur Ideologien ausgetauscht – und wenn wir die jetzige Situation nüchtern anschauen, scheint es mir eigentlich die beste Möglichkeit zu sein», so der Thuner.

Angst vor der EU habe er keineswegs, meint Thomas Matter, als er auf das Zitat von Bärfuss angesprochen wird. «Ich glaube eher, er hat Angst, deshalb will er in die Arme der EU rennen.» Verständnis über die Diskussion eines EU-Beitritts zeigt der SVP-Nationalrat erwartungsgemäss wenig. 90 Prozent der Bevölkerung würden diese Lösung schliesslich ablehnen, so Matter.

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Thomas Matter machte in der «Arena» klar, dass er nicht gerade viel von Schrifsteller Lukas Bärfuss hält. - SRF/Screenshot

Straff nach Parteiprogramm fügt er zudem an: «Die EU und die Schweiz könnten nicht unterschiedlicher sein. Die EU wird von oben nach unten regiert und die Schweiz von unten nach oben. Der Chef in unserem ist das Volk – und das wäre mit der EU nie kompatibel.»

Eric Nussbaumer hält natürlich nicht viel von den Worten seines Parlamentskollegen. Er hat nämlich genug davon, von aussen zusehen zu müssen. «Nur wenn wir am Tisch sitzen, können wir mitentscheiden, mitgestalten und die Interessen der Schweiz vertreten», so der SP-Nationalrat.

SVP-Matter in der «Arena» in seiner Ehre verletzt?

Für Regine Sauter ist klar: Ein EU-Beitritt kommt auch für die Wirtschaft nicht in Frage und wäre auch nicht realistisch. Die FDP-Nationalrätin schwört auf die bilateralen Verträge und betont, wie wichtig der Weg eines Rahmenabkommens wäre. «Die Rahmenbedingungen, die wir in der Schweiz haben sind für die Unternehmen um ein vielfaches besser als in der EU.» Sie setzt auf den bilateralen Weg, den sie als «den Fünfer und das Weggli» bezeichnet.

FDP Regine Sauter
FDP-Nationalrätin Regine Sauter will weiterhin auf den bilateralen Weg setzen. - SRF/Screenshot

Bärfuss meint mit ruhiger Stimme an Sauter gewandt: «Ich fände es auch ganz vernünftig, wenn wir jetzt die Uhr zurückdrehen könnten, aber es gibt leider keinen bilateralen Weg mehr. Das sagt die EU sehr deutlich.» An Matter gerichtet sagt er: «Ich finde es schon sehr merkwürdig, dass von ihnen immer noch das Getöse aus den 90er-Jahren zu hören ist. Das ständige reproduzieren von diesen Feindbildern, das ist ein Problem für unsere Zukunft und für unsere Jugend. Wir sollten langsam etwas perspektivisch in die Zukunft schauen.»

Matter, wohl etwas in seiner Ehre verletzt, gab daraufhin vor, dass er nicht wisse, was Bärfuss genau mache. «Ich glaube sie sind Schriftsteller oder so – also ich bin Wirtschaftspraktiker», erwähnt der SVPler und glaubt offenbar, er müsse den Zuschauern klar machen, dass aus seiner Sicht ein Autor bei der Debatte zu einem EU-Beitritt nichts verloren hat.

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Schrifsteller Lukas Bärfuss möchte eine Grundsatzdiskussion über den EU-Beitritt führen. - SRF/Screenshot

Bärfuss meint daraufhin, er finde den «Minderwertigkeitskomplex», den Matter heraufschwöre ein Problem. «Die kleine Schweiz gegen die bösen grossen...», sagt der Autor als ihm Matter ins Wort fällt und fast schon schreit: «Den Minderwertigkeitskomplex haben sie doch, sie wollen in die grosse EU, weil sie nicht glauben, dass die kleine Schweiz selbstständig bleiben kann.»

Nussbaumer: «Wir sind bereits drin und wollen es uns nicht eingestehen»

Die Diskussion in der «Arena» drehte sich ständig um die Wirtschaft. Das nervte Bärfuss, der meint, er verstehe, dass die ökonomische Diskussion ganz wichtig sei, aber rein darüber zu debattieren sei veraltet.

«Die Wettbewerbsfähigkeit und die Wachstumsneurose gefährden die Zukunft des Landes und die Zukunft der kommenden Generationen», so der Schriftsteller. Die grossen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts könne man nur international angehen. «Von der SVP und der FDP ist nichts anderes zu erwarten, aber ich glaube, dass die Schweiz nicht nur eine Geschäftsidee ist».

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SP-Nationalrat Eric Nussbaumer will nicht mehr von der Seitenlinie aus zuschauen, sondern in der EU mitentscheiden. - SRF/Screenshot

Nussbaumer nimmt den Ball auf und sagt: «In der EU wird nicht nur über die Wirtschaft entschieden, sondern über viele Dinge, die unser Leben direkt betreffen.» Als Beispiel nennt er den Umgang mit den Daten in den Sozialen Medien. «Das wird in der EU diskutiert und entschieden und am Schluss übernehmen wir dieses Gesetz. Deshalb sage ich es ja stets, wir sind drin und wollen es uns einfach nicht eingestehen.»

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