Schweizer Technologie: Software erkennt Desinformation
Mit einem neuen Tool wollen EPFL-Forscher Propaganda-Accounts auf Telegram stoppen.

Das Wichtigste in Kürze
- Forscher analysierten über 13 Millionen Kommentare in politischen Telegram-Kanälen.
- Ein neuer Algorithmus erkennt Propaganda-Accounts mit über 97 Prozent Trefferquote.
- Damit könnten Moderatoren Propaganda effizienter und mit weniger Aufwand bekämpfen.
Ein Team der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne Epfl hat zusammen mit deutschen Kollegen einen Algorithmus entwickelt, der Propaganda auf Telegram automatisch erkennt. Damit könnten Moderatoren Desinformation künftig viel schneller stoppen.
Telegram ist in vielen Ländern, etwa in Russland und der Ukraine, eine der wichtigsten Informationsplattformen. Anders als bei Facebook oder X gibt es dort keine unabhängige Kontrolle: Jede Gruppe oder jeder Kanal wird von den Betreibern selbst moderiert. Unerwünschte Inhalte werden oft mühsam von Hand gelöscht – oder mit sehr einfachen Tools, die kaum wirksam sind.
Die Forscherinnen und Forscher werteten 13,7 Millionen Kommentare aus 13 politischen Telegram-Kanälen aus. Rund 1,8 Prozent der Beiträge waren Propaganda. Der grösste Teil stammte aus einem pro-russischen Netzwerk, das in einzelnen Kanälen bis zu 5 Prozent aller Nachrichten ausmachte. Auch ein kleineres pro-ukrainisches Netzwerk wurde entdeckt.
Auffällig ist, dass Propaganda-Accounts nie eigene Diskussionen starten. Sie antworten gezielt auf Nachrichten mit bestimmten Schlüsselwörtern wie «Putin» oder «Selenski». Zudem verbreiten sie identische Texte in verschiedenen Kanälen. Genau dieses Muster nutzte das Forschungsteam, um den Algorithmus zu trainieren. Das System erkannte Propaganda-Beiträge mit einer Trefferquote von 97,6 Prozent – schon anhand eines einzigen Kommentars.
Besser als menschliche Moderatoren
Die Studie zeigte auch, dass menschliche Moderatoren sehr unterschiedlich erfolgreich sind. Manche Kanäle konnten fast 95 Prozent der Propaganda entfernen, andere nur etwa 20 Prozent. Ein grosser Aufwand bleibt es in jedem Fall. Das neue Tool könnte diese Arbeit stark erleichtern – und die Belastung der Moderatoren reduzieren.
«Content-Moderatoren stehen nicht rund um die Uhr zur Verfügung, und wenn man ständig Propaganda ausgesetzt ist, kann das auch die psychische Gesundheit der Menschen beeinträchtigen. Deshalb hoffen wir, dass unser Algorithmus in Zukunft bei der Moderation auf Telegram helfen wird», sagt Epfl-Doktorand Klim Kireev.