Nach dem Aus für die umstrittene Agrarreform von Indiens Ministerpräsident Narendra Modi haben die Bauern ihre monatelangen Massenproteste offiziell beendet.
Provisorisches Lager der Bauern
Provisorisches Lager der Bauern - AFP
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Das Wichtigste in Kürze

  • Landwirte bauen ihre Lager vor den Toren Neu Delhis ab.

«Die Einigkeit, die Friedlichkeit und die Geduld der Landwirte waren der Schlüssel zum Sieg, und wir werden unter keinen Umständen zulassen, dass diese Einigkeit verloren geht», erklärte Samyukta Kisan Morcha, eine Koalition aus mehreren Bauernverbänden, am Donnerstag.

Tausende Landwirte hatten seit dem vergangenen Jahr aus Protest gegen die Reform vor den Toren der Hauptstadt Neu-Delhi kampiert. Die Proteste in der Landwirtschaft waren eine der grössten Herausforderungen für den seit 2014 regierenden Modi. Am Donnerstag begannen die Bauern damit, ihre behelfsmässigen Lager abzubauen.

Die im September 2020 verabschiedeten Agrarreformen zielten auf die Deregulierung der Märkte für landwirtschaftliche Erzeugnisse ab. Dort setzen staatliche Stellen seit Jahrzehnten garantierte Mindestpreise für die Ernte fest, die den häufig verarmten Landwirten das Überleben sichern sollen. Rund zwei Drittel der 1,3 Milliarden Einwohner des Landes sind von der Landwirtschaft abhängig.

Die Regierung hatte angegeben, durch die Reformen die Agrarwirtschaft effizienter machen zu wollen, da viele Produkte verrotten, bevor sie auf de Markt kommen. Die Demonstranten sagten hingegen, die Änderungen, die wegen der Proteste nie umgesetzt wurden, würden es Grosskonzernen erlauben, den kleinbäuerlich geprägten Agrarsektor komplett zu übernehmen.

Im November kippte das indische Parlament die umstrittene Reform schliesslich. Modi hatte die Reformpläne zuvor bereits zurückgezogen. Die Kehrtwende erfolgte im Vorfeld wichtiger Wahlen in Bundesstaaten wie Punjab - wo viele der Bauern herkommen - und Uttar Pradesh, dem bevölkerungsreichsten Bundesstaat Indiens mit 220 Millionen Einwohnern.

Nach der Aufhebung gingen die Proteste in einem kleineren Ausmass weiter, die Landwirte forderten weitere Zugeständnisse. Die Regierung stimmte unter anderem zu, eine Entschädigung für die Familien von rund 700 Bauern zu zahlen, die den Angaben der Landwirte zufolge bei den Protesten ums Leben gekommen waren.

Neu Delhi verpflichtete sich ausserdem, Landwirte, die zu Beginn des Winters Erntereste auf ihren Felder abbrennen, nicht strafrechtlich zu verfolgen. Die Bauern tragen damit zur starken Luftverschmutzung bei, über Neu Delhi hängt häufig dichter Smog.

Wirtschaftsexperten gehen davon aus, dass die Entscheidung, die Reform aufzuheben, jede Aussicht auf eine Lösung der Probleme in der Agrarindustrie zunichte macht. «Die Regierung wird politische Erwägungen wie Wahlen in den Bundesstaaten immer über vernünftige wirtschaftspolitische oder umweltpolitische Überlegungen stellen», sagte Mihir Swarup Sharma von der Denkfabrik Observer Research Foundation der Nachrichtenagentur AFP.

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