Der Poker um das milliardenschwere staatliche Rettungspaket für die Lufthansa geht weiter: Aufsichtsräte der Airline brachten eine Insolvenz des Konzerns ins Spiel.
Lufthansa-Maschinen in München
Lufthansa-Maschinen in München - AFP/Archiv
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Das Wichtigste in Kürze

  • EU-Kommission verteidigt umstrittene Auflagen.

Eine Insolvenz in Eigenverwaltung habe durchaus Vorteile gegenüber den Staatshilfen, zitierte das Magazin «Focus» am Freitag Mitglieder des Aufsichtsgremiums. Die EU-Kommission verteidigte ihre umstrittenen Auflagen für die Lufthansa-Staatshilfen.

Bei einer Insolvenz der Airline könnte etwa die Rückerstattung von Flugtickets, die mit bis zu 1,8 Milliarden Euro veranschlagt wird, ausgesetzt werden, berichtete «Focus». Ausserdem wären Entlassungen und die Schliessung unrentabler Tochterfirmen einfacher möglich. Dadurch könnten weit mehr als die bislang anvisierten rund 10.000 Jobs wegfallen. «Die Ablehnung des Rettungspakets ist ein Signal an die Bundesregierung, noch einmal mit Brüssel zu verhandeln», zitierte das Magazin ein Aufsichtsratsmitglied.

Lufthansa und Bundesregierung hatten sich angesichts der wirtschaftlich dramatischen Lage infolge der Corona-Krise auf ein neun Milliarden Euro schweres Stützungsprogramm geeinigt, das mit einem Einstieg des Staates verbunden ist. Dafür braucht es allerdings das grüne Licht der Wettbewerbshüter in Brüssel. Medienberichten zufolge will die EU-Kommission ihre Genehmigung an die Abgabe von Start- und Landerechten an Wettbewerber zu knüpfen. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte am Freitag, «wir sind in intensiven Gesprächen mit der EU-Kommission, und die dauern an».

Die EU-Kommission verteidigte ihren in Deutschland scharf kritisierte Kurs. Ihre Behörde schaffe hier «keine zusätzlichen Hindernisse», sondern stelle lediglich sicher, «dass Wettbewerbsverzerrungen behoben werden», sagte EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager in Brüssel.

Die Bundesregierung hat die geplante Staatshilfe für Lufthansa bislang nicht offiziell in Brüssel angemeldet. Die EU-Kommission nahm zu dem Fall deshalb auch noch nicht offiziell Stellung. Dass Lufthansa ein «beeindruckendes Unternehmen mit Marktmacht» sei, stehe aber ausser Frage, sagte Wettbewerbskommissarin Vestager. Und die Frage der Start- und Landerechte stehe in derartigen Fällen «häufig im Zentrum der Debatte».

Die Dänin betonte zudem den «wesentlichen Unterschied» zwischen Hilfen in Form von Darlehen und in Form staatlicher Beteiligungen an Unternehmen. Anders als etwa bei der bereits genehmigten Milliardenhilfe Frankreichs für Air France will die Bundesregierung die Lufthansa mit einer Anteilsübernahme von 20 bis 25 Prozent unterstützen. Eine staatliche Beteiligung stärke die Marktposition eines Unternehmens ungemein, sagte Vestager.

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) appellierte an die EU-Kommission, die «Einschränkungen» für die Lufthansa zu verwerfen und «genauso unkompliziert» zu handeln wie bei den Rettungspaketen für Air France oder Alitalia. «In dieser Situation darf die Kommission nicht mit zweierlei Mass messen», sagte der Minister den Zeitungen der Funke Mediengruppe. «Es wäre fatal, die Lufthansa jetzt durch die Abgabe von attraktiven Start- und Landezeiten an Mitbewerber zu schwächen, die die hohen Standards der Lufthansa nicht erfüllen.»

Lufthansa-Mitarbeiter machten unterdessen ihrem Unmut in einem Brief an EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und Vestager Luft. «Die Bedingungen, die Sie an die Rettung unseres Unternehmens knüpfen, sind für uns erschütternd», heisst es in dem Schreiben, aus dem die «Bild»-Zeitung berichtete. «Wir verschliessen uns keinem fairen Wettbewerb, allerdings kann an dieser Stelle nicht mehr von Fairness gesprochen werden.»

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