Nach neuen Festnahmen: Protest der Opposition in der Westtürkei
In Aydin haben Tausende CHP-Anhänger gegen die Abwerbung ihrer Bürgermeisterin zur AKP und gegen neue Razzien gegen Oppositionsstadtverwaltungen protestiert.

Im westtürkischen Aydin haben Tausende Anhänger der grössten Oppositionspartei CHP demonstriert. Die Proteste folgen auf neue Razzien gegen von der Opposition geführte Stadtverwaltungen. Sie richteten sich aber auch gegen die Bürgermeisterin der Stadt, Özlem Cercioglu, die überraschend vergangene Woche von der CHP zur Regierungspartei AKP übergelaufen war.
Aydin gilt als CHP-Hochburg. Bei den Kommunalwahlen im vergangenen Jahr war Cercioglu mit rund 51 Prozent als Bürgermeisterin wiedergewählt worden. In Sprechchören forderten die Demonstranten die Bürgermeisterin zum Rücktritt auf.
Kontroverse Diskussion um Parteiwechsel
Die Gründe für den plötzlichen Wechsel werden in der Türkei kontrovers diskutiert. Gegen die Bürgermeisterin laufen Medienberichten zufolge zahlreiche Korruptionsverfahren. CHP-Chef Özgür Özel wirft Präsident Recep Tayyip Erdogan vor, die Justiz für seine Zwecke zu nutzen und Cercioglu erpresst zu haben.
Die Bürgermeisterin selbst gibt dagegen Probleme mit ihrer Partei als Grund an. Die CHP, der bei den landesweiten Kommunalwahlen im vergangenen Jahr ein Überraschungserfolg gelungen war, steht seit Monaten unter Druck.
Landesweite Proteste und Razzien
Im März hatte die Festnahme und Absetzung des Istanbuler Bürgermeisters, Ekrem Imamoglu, landesweite Proteste ausgelöst. Imamoglu gilt als vielversprechender Herausforderer Erdogans bei einer künftigen Präsidentschaftswahl.
Es folgten zahlreiche Razzien gegen von der Opposition geführte Stadtverwaltungen, unter anderem wegen Korruptionsvorwürfen – erst am Freitag war der Bezirksbürgermeister des Istanbuler Touristenzentrums Beyoglu festgenommen worden. CHP-Chef Özel warf Erdogan auf dem Protest in Aydin vor, sich Gemeinden, die er nicht durch Wahlen gewinnen konnte, auf anderem Wege zurückzuholen zu wollen.
16 Bürgermeister der CHP sitzen inzwischen in Untersuchungshaft. Die Opposition wertet das Vorgehen als politisch motiviert. Die Regierung weist jegliche Einflussnahme auf die Justiz zurück.