Der Schweizer Islamwissenschaftler Tariq Ramadan wurde vom Genfer Strafgericht der Vergewaltigung freigesprochen. Doch wer steckt hinter dem Mann?
Tariq Ramadan
Ein Porträt des Islamwissenschaftlers Tariq Ramadan. - keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Tariq Ramadan wurde vom Genfer Strafgericht der Vergewaltigung freigesprochen.
  • Der Islamwissenschaftler gilt als Sprachrohr zwischen Westen und dem Nahen Osten.
  • Doch viele betrachten seine Arbeit und seine Einstellungen auch kritisch.

Er war der Held der jungen, gebildeten Muslime: Tariq Ramadan setzte sich für den «Euro-Islam» ein und kämpfte gegen Rassismus an Muslimen. Doch im Jahr 2018 folgte sein Fall. Er wurde der Vergewaltigung bezichtigt und vorübergehend in Untersuchungshaft gesperrt – er stritt alles ab.

Das Genfer Strafgericht sprach ihn nun frei. Es gab keine stichfesten Beweise, dass er im Oktober 2008 eine Frau vergewaltigt haben solle, wie Keystone-SDA berichtete. Ramadan selbst sprach laut SRF von einem «Komplott». Doch wer ist der Mann – und warum hat er sich in seinem Leben nicht nur Freunde gemacht?

Sprachrohr zwischen Westen und Muslimen

Der Islamwissenschaftler kam im Jahr 1962 in Genf zur Welt, sein Vater war Ägypter. Nachdem er die Schule abgeschlossen hatte, studierte er in Genf Philosophie, Sozialwissenschaften und französische Literatur. Schon mit 20 Jahren war er verheiratet und hatte Kinder. Seine Frau, eine Französin, war laut «Emma» nie ohne Schleier zu sehen.

tariq ramadan freispruch
Tariq Ramadan nach seinem Freispruch in Genf. - keystone

Spätestens nach dem 9/11-Terroranschlägen wurde Tariq Ramadan bekannt und tauchte häufig im Fernsehen auf. In dieser Zeit versuchte er sich als Sprachrohr zwischen dem Westen und den Muslimen: Ein «Euro-Islam» – also ein friedliches Zusammenleben zwischen Europäern und Muslimen – sei laut ihm möglich, schreibt die Presse.

Professur in Oxford

Sein Einsatz zeigte nicht nur bei europäischen Arabern Früchte. Auch viele muslimisch geprägte Länder lobten Ramadan. Im Jahr 2009 erhielt er aufgrund seiner Bemühung sogar eine Professur für Islamwissenschaften an der Oxford University. Allerdings nur aufgrund einer Finanzierung des Lehrstuhls durch Katar.

Kritik an Tariq Ramadan: Islamisierung Europas

Ramadan stand jedoch auch immer wieder in Kritik. So stehe er in Wirklichkeit nicht für den «Euro-Islam» ein, sondern wolle Europa «islamisieren». Sein Ziel sei die kulturelle Übernahme von Europa durch den Islam, wie «Emma» berichtet.

Tariq Ramadan Freispruch
Tariq Ramadan im Jahr 2004. - keystone

So sympathisierte er angeblich in jungen Jahren mit dem «Islamischen Staat». Ausserdem wird ihm immer wieder Antisemitismus vorgeworfen.

Friedensstifter oder Wolf im Schafspelz?

Bis zum Jahr 2018 war Ramadan Professor an der britischen Oxford University. Seitdem er der Vergewaltigung bezichtigt wurde, ist seine Tätigkeit ruhend.

Eines scheint klar: Tariq Ramadan ist eine zwiespältige Figur. Viele sehen ihn als Friedensstifter, andere halten ihn für einen Wolf im Schafspelz. Mit Sicherheit scheint er jedoch ein erzkonservativer Muslim zu sein.

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