Mehrere junge Frauen sollen in der Moschee im Haus der Religionen in Bern gegen ihren Willen verheiratet worden sein. Das zeigen Recherchen des SRF.
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Das Haus der Religionen in Bern. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Auch in der Schweiz kommt es in gewissen religiösen Gemeinschaften zu Zwangsheiraten.
  • Auch in der Moschee im Berner Haus der Religionen gab es mehrere Fälle.
  • Diese hat nun eine Recherche von «SRF Investigativ» aufgedeckt.
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Mit knapp 18 Jahren wurde eine junge Frau in einer Berner Moschee verheiratet – gegen ihren Willen. Und das zudem illegalerweise ohne vorherige Ziviltrauung. Eine Zwangsheirat.

Damit ist sie nicht die einzige, wie eine Recherche von «SRF Investigativ» aufgedeckt hat. So sei im Berner Haus der Religionen mindestens einem halben Dutzend Frauen dasselbe geschehen.

Zwangsehen oft sozial bindend

Solche Vermählungen kommen in der Schweiz immer wieder vor, auch wenn das Gesetz sie eigentlich verbietet. Denn obwohl die Ehen gesetzlich ungültig sind, sind sie für die Betroffenen in ihren religiösen Gemeinschaften oft bindend. Anu Sivaganesan, die Präsidentin der Fachstelle Zwangsheirat, erklärt gegenüber dem SRF: «Aus Sicht der Familie und der Gemeinschaft gilt die religiöse Eheschliessung als die richtige Heiratsform».

Haus der Religionen
Muslime beten in der Moschee im Haus der Religionen in Bern. (Archivbild) - sda - KEYSTONE/PETER KLAUNZER

So auch für die junge Frau, die in der TV-Sendung unter dem Pseudonym «Laura» vorgestellt wird. Sie war als Kind mit ihrer Familie in die Schweiz geflüchtet. Mit 18 wurde sie in der Moschee im Haus der Religionen mit einem Verwandten verheiratet. Einige Monate später brach sie mit ihrem Umfeld und floh aus der Zwangsehe.

Die Enthüllungen des SRF sorgen bei Regula Mader, der Präsidentin des Vereins Haus der Religionen für Empörung. Sie sei «entsetzt, dass das in unserem Haus passiert sein soll». Die Institution vereint acht Glaubensgemeinschaften unter einem Dach, darunter eben auch die Moschee.

Sind Sie religiös?

Auch der muslimische Verein zeigt sich fassungslos darüber, dass die Moschee für solche Zwecke «missbraucht» worden sei. Der Vorstehende Mustafa Memeti erklärt, wie die geheime Trauung zustande gekommen sein könnte: «Unsere Moschee steht den ganzen Tag offen – es gibt auch keine Kameras.»

Jährlich 350 Betroffene

Gemäss der Fachstelle Zwangsheirat gibt es in der Schweiz jährlich etwa 350 Betroffene. Diese stammen etwa aus christlich eritreischen, hinduistischen oder muslimischen Gemeinschaften. Die meisten Hilfesuchenden stammten aus Afghanistan, dem Kosovo, Nordmazedonien, den Kurdengebieten der Türkei, Irak oder Syrien.

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