So gehen Käse-Shops mit «Schnäfeli-Verbot» um

Benedikt Theiler
Benedikt Theiler

Zürich,

Wer freut sich nicht über ein «Müsterli» im Käse-Laden. Doch das berühmte «Schnäfeli» oder «Probiererli» ist mit den neuen Massnahmen quasi ein Tabu.

käse viadukt zürich
Käse in der Markthalle im Viadukt Zürich. (Archivbild) - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Eine Nau.ch-Leserin wird in Zürich zum Käse-Kosten nach draussen geschickt.
  • Das «Schnäfeli» gibts nur noch unter strengen Hygiene-Massnahmen oder gar nicht mehr.
  • Die Käse-Spezialisten ziehen aber auch Positives aus dem «Schnäfeli-Verbot».

Als Nau.ch-Leserin A. H.* im Käseladen Tritt im Viadukt Zürich ein «Schnäfeli» probieren wollte, staunte sie nicht schlecht. Zwar erhielt die Käse-Liebhaberin ein «Müsterli», doch im Laden selbst durfte sie es nicht kosten. «Das Probiererli soll jetzt gefährlich sein», habe die Verkäuferin ihr erklärt.

Die Kundin ging darum mit dem kleinen Käsestück, eingewickelt in ein Lebensmittelpapier, aus dem Laden und verkostete das Stückchen draussen.

schnäfeli käse
Die Nau.ch-Leserin erhielt dieses «Schnäfeli» Käse der «Tritt-Käse»-Crew im Vidadukt Zürich zum Probieren. - zVg

Das Coronavirus hat also auch dem Degustations-Happen den Garaus gemacht. Für Delikatessen-Shops, aber auch etwa für Weinhandlungen, ist dies ein Schock. Für ihr Geschäft ist das Anbieten von kleinen Happen oder Schlücken elementar.

«Ohne Probieren gehen Kunden auf Nummer sicher»

«Das Degustieren von Produkten ist für uns ein wichtiges Verkaufsinstrument und die Kunden schätzen es sehr.» Dies erklärt Joëlle Estermann vom Käse-Laden «Chäsbueb» gleich beim Zytglogge in Bern. Es sei sicher mit ein Grund, weshalb Kunden den Käse im «Chäsbueb» kaufen und nicht abgepackt in der Migros.

Gerade die Käsebranche sei in den letzten Jahren sehr innovativ gewesen und es gäbe viel Neues zu entdecken. «Das Probieren motiviert die Kunden natürlich dazu, diese unbekannten und teilweise verrückten Spezialitäten auszuprobieren.» Doch: «Ohne Probieren gehen Kunden lieber auf Nummer sicher und kaufen Altbewährtes.»

Käse
Eine grosse Käse-Auswahl. (Symbolbild) - Keystone

Für die Käse-Kennerin ist klar, dass beim Degustieren leicht Produkte kontaminiert werden könnten. Auch müssten die Schutzmasken für das Degustieren ausgezogen werden, «was in oder vor Läden aktuell nicht gemacht werden sollte». Deshalb sei es eine «berechtigte Konsequenz der Massnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie, aktuell auf Degustationen zu verzichten».

Estermann zieht aber auch Positives aus dem «Schnäfeli»-Verbot: Natürlich sei es einfacher und leckerer, einen Käse zum Probieren anzubieten, anstatt ihn zu beschreiben. «Unser Verkaufspersonal ist aber darauf geschult, die Käse genau zu beschreiben und ihre Vorzüge und Unterschiede in Worten auszudrücken.»

käse
Mit dem «Schnäfeli»-Verbot ist Know-How gefragt. (Symbolbild) - Keystone

Dass dies im Verkauf nun aktiv angewendet werden müsse, tue «ganz gut». «Es ist nämlich nicht ganz einfach, kleine Geschmacksnuancen mit Worten zu umschreiben.» Die Kunden hätten aber auch grosses Verständnis: «Wir stecken ja alle gemeinsam in dieser Situation».

Stärkt das Know-How

Auch Tobias Eggimann von der Chäs-Laube in Zürich zieht Positives aus dem Ganzen. Er und sein Team müssen nun mehr erklären und den Käse viel mehr umschreiben. Was zwar nicht immer einfach sei, aber «unser Know-How auch stärkt». So werde auch das Verkaufstalent gefördert, glaubt er.

Zwar sei das «Probiererli» für die Entscheidfindung des Kunden eher wichtig. Aber jetzt würden die Kunden dafür regelmässiger in den Laden kommen und würden so mehr ausprobieren, ohne vorab zu testen. Das zeige auch das Vertrauen in sie als Spezialitätenverkäufer. «Für uns ist das Schnäfeli nicht überlebenswichtig», schliesst Eggimann.

Ganz auf das «Müsterli» verzichtet die «Chäs-Laube» dann aber doch nicht. Dieses Privileg haben aber nur die ganz kleinen Kunden. «Da geht es schliesslich um Tradition und Emotion».

Im Chäs-Chäller individuell machbar

Weiterhin degustiert werden kann im Chäs-Chäller im Zürcher Niederdörfli. Das Degustieren sei individuell machbar, erklärt Danièle Michaels gegenüber Nau.ch.

Emmentaler Käse
Käse wird mit einem Käse-Messer halbiert. - Keystone

Vor der Krise seien immer zwei Glocken mit Käse und Schokolade zum Probieren auf der Theke gestanden. Nun werde im Gespräch mit dem Kunden klar, ob er etwas degustieren möchte.

Dann werde unter Einhaltung der Hygiene-Massnahmen ein Stückchen abgeschnitten. Mit einem Zahnstocher auf dem Käsemesser werde es dann zum Probieren dem Kunden angeboten. «Alles wird daraufhin sofort gewaschen und desinfiziert», versichert Michaels.

Sein Laden sei sehr klein, weshalb nur zwei Kunden gleichzeitig im Shop sein dürfen. «Das hat auch den Vorteil, dass ich mir mehr Zeit für die Kunden nehmen kann», so Michaels.

im viadukt
Markthalle im Viadukt Zürich. - Keystone

Nicht alle Shops halten sich an Schutzmassnahmen

Dass es nicht ganz alle Shops so ernst nehmen mit dem Shutzkonzept, hat Nau.ch-Leserin A.H. gleich nach dem Einkauf im Käse-Laden erfahren. Der Pasta-Shop nebenan hatte Hirschsalami und Trüffel-Pecorino auf Zahnstochern aufgespiesst – bereit als «Müsterli» für die Kunden.

*Name der Redaktion bekannt,

Kommentare

Weiterlesen

4 Interaktionen
Zürich
Emmentaler Käse
23 Interaktionen
«Swiss Cheese»
Weihanchten
54 Interaktionen
Festtags-Lockdown
SWAROVSKI OPTIK
Klarer Blick

MEHR CORONAVIRUS

Corona
4 Interaktionen
Corona
a
Seit Corona
Impfungen
19 Interaktionen
Studie
basel covid mutter
10 Interaktionen
Basel

MEHR AUS STADT ZüRICH

planted chicken
«No chicken, no cry»
a
Ponte-Kolumne
Entsorgungs-Coupons Zürich
«Ist eskaliert»
FCZ
5 Interaktionen
Ziel verfehlt