Erstmals ist die SVP auch in der Westschweiz stark. Politologe Nenand Stojanovic spricht von einer neuerlichen Balance zwischen Osten und Westen.
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Bei der Nationalratswahl legt die SVP deutlich zu - und beweist sich dadurch erstmals in der Westschweiz. - keystone

Der starke Zuwachs der SVP in der Westschweiz hat laut dem Genfer Politologen Nenad Stojanović in der «Röstigraben»-Diskussion eine «beruhigende» Seite. Die beiden Landesteile Deutschschweiz und Romandie würden sich angleichen, die Diskussion um Unterschiede «verblasst».

Die SVP legte am Sonntag in den sechs Westschweizer Kantonen insgesamt um vier auf zwölf Sitze zu. Damit hat die Partei in der Romandie erstmals die FDP überholt, die noch auf neun Sitze (-1) kommt. Mit Ausnahme des Waadtlandes sei die SVP lange Zeit hauptsächlich eine Deutschschweizer Partei gewesen, hielt Stojanović am Montag im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA fest.

Rechtsruck der SVP kam nur langsam an

In den 1990er-Jahren habe Christoph Blocher die Partei nach rechts gerückt, insbesondere nach der EWR-Abstimmung im Jahr 1992. Die SVP sei zur eigentlichen Anti-Europa-Partei geworden und es sei befürchtet worden, dass es zu einer Spaltung entlang der Sprachgrenzen komme.

Vor allem die Westschweizer Presse habe den Eindruck vermittelt, alle Romands seien proeuropäisch. Dabei habe es in der Westschweiz schon immer eine potenzielle Wählerschaft gegeben, die «rechtskonservativ tickt», so Stojanović. Nur sei dieses Potenzial nicht abgeholt worden.

SVP rückt nach rechts

In den 2000er-Jahren hat die SVP laut Stojanović auch in der Westschweiz systematisch damit begonnen, lokale und kantonale Sektionen zu gründen und Sitze zu gewinnen. Spätestens mit der Abstimmung über die «Ja zu Europa»-Initiative 2001, die in der ganzen Schweiz inklusive der Romandie abgelehnt wurde, habe eine breitere Öffentlichkeit wahrgenommen, dass es auch in der Westschweiz Europa-kritische Stimmen und einen Teil der Stimmberechtigten gebe, welche die SVP gut finde.

Aus dieser Perspektive habe es eine Art Normalisierung gegeben und die Angst vor einer Spaltung der Schweiz habe sich gelegt, so Stojanović.

Die Spaltung der Schweiz sei «verblasst»

Der Mythos der gespaltenen Schweiz sei aber auch noch aus einem zweiten Grund «verblasst», sagte der Genfer Politologe weiter. Neben der Europa-Skepsis sei auch die Frage, wie man mit der Zuwanderung umgehe, ein Grund SVP zu wählen. Die Frage der Einwanderung dürfte bei diesen Wahlen die SVP-Wählerschaft in allen Landesteilen motiviert haben, zur Urne zu gehen.

Im Tessin und im Kanton Genf kommt laut dem Politologen spezifisch noch die Grenzgänger-Frage hinzu. Dies zeige die SVP-Lega-Allianz im Tessin mit zusammen drei und die MCG-SVP-Allianz im Kanton Genf mit insgesamt vier Sitzen. Im Kanton Genf bilden das Mouvement citoyens genevois (MCG) und die SVP mit insgesamt 27,6 Prozent Wähleranteil gar die stärkste Allianz.

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