Die Plattform gegen Menschenhandel «Plateforme Traite» hat besseren Schutz für Opfer von Menschenhandel zum Zweck der Ausbeutung der Arbeitskraft gefordert.
Menschenhandel
Gründungsanlass Netzwerk Schweizer Plattform gegen Menschenhandel, am Mittwoch, 14. Oktober 2020, im Proger in Bern. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die «Plateforme Traite» fordert mehr Aufmerksamkeit für Menschenhandel aller Art.
  • 2020 sollen rund 50 Personen Opfer als Arbeitskraft ausgebeutet worden sein.

Am Europäischen Tag gegen Menschenhandel hat die Schweizer Plattform gegen Menschenhandel «Plateforme Traite» besseren Schutz für Opfer von Menschenhandel zum Zweck der Ausbeutung der Arbeitskraft gefordert. Noch immer verbinde man Menschenhandel vor allem mit Prostitution, hiess es in einer Mitteilung.

Die Mitglieder der Plattform beraten jedoch auch Menschen, die in anderen Branchen ausgebeutet würden – etwa in Privathaushalten, Nagelstudios, auf Baustellen, in der Bettelei oder in Gastroküchen. «Sie wurden Opfer von Menschenhandel zwecks Ausbeutung der Arbeitskraft», schreibt die Plattform.

Diese Form von Menschenhandel ist in der Schweiz seit 2006 verboten. Bis 2018 gab es gemäss der Plattform zehn Gerichtsurteile zu diesem Straftatbestand. Die vier spezialisierten Opferberatungsstellen der «Plateforme Traite» hätten aber nur schon im Jahr 2020 rund fünfzig Personen identifiziert, die Opfer von «Menschenhandel zwecks Ausbeutung der Arbeitskraft» wurden.

Schutz-Organisationen sollen anerkannt und finanziert werden

Man stelle fest, dass es in der Schweiz noch wenig Wissen über diese Art des Menschenhandels gebe. Daher würden Betroffene von den Behörden oftmals gar nicht als Opfer erkannt, heisst es in der Mitteilung weiter. Die Plattform fordert daher, dass die auf den Schutz von Opfern von Menschenhandel spezialisierten Organisationen offiziell anerkannt und angemessen finanziert werden.

«Opfer von Menschenhandel zwecks Ausbeutung der Arbeitskraft müssen in allen Kantonen Zugang zu einer spezialisierten Beratung sowie einer sicheren und angemessenen Unterbringung erhalten», wird Angela Oriti von der Waadtländer Beratungsstelle Astrée zitiert.

Zwei Beispiele

Zur Illustration führt die Plattform das Beispiel einer aus Südosteuropa stammenden Frau an, die von einem Privathaushalt im Kanton Zürich als Haushaltshilfe ausgebeutet wurde. Maria, so wird sie hier genannt, hatte sich von ihrem gewalttätigen Ehemann getrennt und war daher auf eine Stelle angewiesen. «Maria musste putzen, waschen, kochen, Kinder betreuen und das bis zu 17 Stunden am Tag.»

Ausserdem habe sie nie einen freien Tag gehabt, sei beschimpft, erniedrigt, geschlagen, bedroht und zu sexuellen Handlungen genötigt worden, schreibt die Plattform. Lohn habe sie nur wenig erhalten. Maria floh nach ein paar Monaten und suchte sich Hilfe. Die Ausbeuter seien schliesslich wegen Menschenhandels verurteilt worden.

Auch ein junger Mann aus Afrika – hier Josh genannt – wurde Opfer von Menschenhändlern. Josh wurde von einem Bekannten in den Kanton Waadt gelockt, um in einer Fabrik zu arbeiten. Dort wurde er jedoch nicht bezahlt, sondern beschimpft, geschlagen und mit dem Tod bedroht.

Ausserdem habe er im Keller der Fabrik auf dem Boden schlafen müssen und habe nur wenig Essen erhalten, heisst es in der Mitteilung. Nach ein paar Monaten hätten Nachbarn seine Schreie gehört und die Polizei informiert. Josh zeigte seinen Bekannten an.

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