In der Schweiz geraten junge Frauen der vermeintlichen Liebe wegen in die Prostitution – unfreiwillig. Betroffene sind häufig noch minderjährig.
Loverboy
Mia* wurde Opfer der Loverboy-Masche. - Screenshot SRF

Das Wichtigste in Kürze

  • In der Schweiz wurden mehrere Fälle der Loverboy-Masche publik.
  • Loverboys nutzen Manipulation, Isolation, falsche Versprechen und täuschen Liebe vor.
  • Nun packen Betroffene über ihre Horror-Erfahrungen aus.
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«Er war die Liebe meines Lebens», sagt die Solothurnerin Mia*. Doch die vermeintliche Romanze entwickelte sich für die damals erst 16-Jährige rasch zu einem Albtraum.

Mit falschen Versprechen und Manipulation drängte ihr Freund die Minderjährige in die Prostitution. Während zweieinhalb Jahren presste er über eine Million Franken (!) aus ihr, wie die SRF-«Rundschau» berichtet.

Kennen Sie die sogenannte Loverboy-Masche?

Mia wurde Opfer der sogenannten Loverboy-Masche. Zuhälter gaukeln dabei jungen Frauen eine Liebesbeziehung vor und versprechen ihnen das Blaue vom Himmel. Begleitet wird dies dadurch, dass sie die jungen und zum Teil minderjährigen Frauen von sich abhängig machen und isolieren.

Dann schnappt die perfide Falle zu. Die Loverboys erwähnen angebliche finanzielle Schwierigkeiten. Angeblich einziger Ausweg: Das Mädchen müsse anschaffen gehen.

Loverboys liefern Mädchen den Freiern aus

Im Fall von Mia bediente sie die Freier neben einer Feuerstelle mitten im Wald oder auf einem Parkplatz. «Zu jeder Jahreszeit und bei jedem Wetter war ich hier. Die Umstände waren egal», sagt sie im SRF-Beitrag.

Mias Loverboy pries ihre Dienste für 300 Franken im Netz an – ein im Milieu hoher Preis. «Dass ich echte Schweizerin sei. Dass ich ein junges Mädchen sei, das dies aus eigenem Interesse mache. All dies seien Faktoren, die für den Preiszuschlag Begründung genug wären», erinnert sie sich.

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Mia* musste für die finanziellen Probleme ihres Loverboys anschaffen gehen.
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Wegen ihrer Schweizer Herkunft presste ihr Zuhälter mehr Geld aus ihr.
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Mia kämpfte erfolgreich vor Gericht.
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Ana* stammt ursprünglich aus Ungarn.
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Ihr Zuhälter entgeht einer Strafe.

Mia fiel immer weiter in die Prostitutionsspirale. Der Loverboy forderte immer mehr Geld, sie liess immer mehr über sich ergehen. Egal, ob ungeschützter Verkehr oder Analverkehr. Die Manipulationsformen beschreibt sie als «Gaslighting» und «Zuckerrohr und Peitsche».

Hilfe suchen können sich Betroffene beim Verein Act212. Die Geschäftsführerin Irene Hirzel sagt gegenüber SRF: «Es kann alle treffen.» Häufig spielten familiäre Probleme und Schicksalsschläge bei den Mädchen den Zuhältern in die Hände.

Was die Betroffenen zudem nicht wissen: Oftmals nutzen Loverboys verschiedene Mädchen und Frauen gleichzeitig aus.

Schweizerinnen und Ausländerinnen gleichermassen von Masche betroffen

Auch Mädchen mit Migrationshintergrund werden immer wieder Opfer, wie Vorfälle aus dem Genfer Prostitutionsgewerbe zeigen. Anas* Loverboy verdiente mit ihr 1000 Franken pro Nacht, wie die «Rundschau» weiter berichtet.

Bis zu 20 Freier pro Nacht nahmen ihre Dienste in Anspruch. Die gebürtige Ungarin sagt: «Ich dachte, je mehr ich arbeite, je mehr Geld ich mache, desto mehr Liebe gibt er mir.»

Statt der versprochenen Hochzeitsreise und eines gemeinsamen Hauses in Ungarn musste Ana sich jahrelang prostituieren.

Schwierigkeiten vor Gericht

Die Beziehung mit dem Loverboy hinterlässt bei ihr auch nach dem Ausweg Spuren. Gerechtigkeit vor Gericht kann sie sich jedoch nicht mehr erhoffen. Ihr Verfahren wurde mangels Beweisen in Ungarn eingestellt.

Auch Mia aus dem Kanton Solothurn schaffte schliesslich irgendwann den Ausweg. Auch sie kämpfte vor Gericht – im Gegensatz zu Ana aber mit Erfolg.

Ihr Zuhälter muss wegen Menschenhandels und Förderung der Prostitution für zehn Jahre ins Gefängnis und erhielt einen Landesverweis. Das Urteil ist aber noch nicht rechtskräftig – Mias Loverboy hat Berufung eingelegt.

* Namen geändert

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